Finanzielle Not ohne Lohn und Brot
02.05.2023
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Die Sicherheitsnetze der Sozialversicherungsträger für den Arbeitskraftverlust sind weitmaschig. Bürgergeld wäre dann der letzte Schutzwall. Vollzeittätige im Haushalt sowie Gering-, Neben- und Teilzeitverdiener befinden sich in ebenso großer Gefahr. Lebensstandard, Vermögen und Zukunftspläne verschwinden von heute auf morgen. Ein trüber Lichtblick ist der gesetzliche Unfallschutz am Arbeitsplatz, im Ehrenamt, in Schulen oder in Kitas. Komplizierte Leistungskriterien, eingeschränkte Versichertenkreise und Rentenhöhen weit unter dem bisherigen Einkommen bremsen Betroffene lebenslang aus.
Ungeschützt pflegen und versorgen
Etwa jeder Zehnte in Deutschland sorgt bereits für pflegebedürftige Angehörige im privaten Umfeld, denn ca. 80 % der Pflegebedürftigen vermeiden Pflegeeinrichtungen. Angesichts geburtenstarker Jahrgänge im baldigen Pensionsalter und ausuferndem Pflegenotstand setzen Politiker verstärkt auf die häusliche Pflege. Zu einem gesetzlichen Sozialversicherungsschutz konnte man sich jedoch bisher nur im homöopathischen Umfang durchringen. Fatal, denn häusliche Pflege gilt für Gesundheitsexperten als Mehrfachbelastung mit Burnout-Potenzial. Entfallen Arbeitsfähigkeit und Pflegeeinsatz, stehen eventuell gleich zwei Bedürftige vor einem finanziellen Aus.
Zum Leben zu wenig oder zu kompliziert
Den gesetzlich Rentenversicherten bleibt noch eine Erwerbsminderungsrente für schwere Fälle, welche sich ebenfalls auf Bürgergeldniveau bewegt. Verlieren Gutverdiener oder Selbstständige die Arbeitskraft, drohen ohne geeignete Privatvorsorge eine Insolvenz, Vermögensverluste und auf Sicht eben das Bürgergeld. Empfindliche Einkommenseinbußen bei Arbeitskraftverlust avancierten deshalb zu dem Top-Thema in der Versicherungsberatung. Entsprechend vielschichtig lösen private Personenversicherer die Arbeits-, Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrisiken. Begriffe wie beispielsweise Grundfähigkeit, Invalidität, Krankheit oder Kräfteverfall, finden sich in zum Teil sehr umfangreichen Bedingungswerken. Ohne medizinisches und rechtliches Wissen erscheint eine Beratung kaum noch möglich. Ein Beispiel: Bei einem Verlust von Gehör oder Sehkraft bzw. der Sinnesorgane sind Leistungen jeweils aus Krankentagegeldern, Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten, Grundfähigkeitsabsicherungen, Schwere-Krankheiten-Policen sowie, bei Krebs oder Unfall, aus Krebs- oder Invaliditätsabsicherungen möglich. In der Beratung sind hierfür unterschiedliche Leistungsvoraussetzungen und der dazugehörige Ersatz als Tagegeld, Monatsrente oder Kapitalsumme zu erläutern. Brillenträger und Hörgerätenutzer sehen als Vorerkrankte variierenden Leistungskürzungen entgegen. Nicht nur Versicherte können dabei schon mal den Überblick verlieren. Multirisk-Policen, welche Leistungen der Einzellösungen in Schutzpaketen kombinieren, sollen die Beratung erleichtern. Eine Praxis, unliebsame Leistungen in Multirisk-Konzepten zu eliminieren, birgt Fallstricke. Die Absicherungsvielfalt privater Versicherer und die Schutzdetails verlangen nach Fachberatung, damit im Fall des Arbeitskraft- und Einkommensverlustes der Ersatz passend bereitsteht.
Einfach nur das Beste oder doch Reste
Die Berufsunfähigkeitsversicherung gilt als Premium-Lösung für Einkommensersatz nach einem Verlust der Arbeitskraft. Junge und Kerngesunde sollten sich frühzeitig um diesen Schutz bemühen. Eine Hürde bleibt der Beruf: Dachdecker und Sprengmeister arbeiten riskanter als Bäcker und Büroassistenten. Das Alter, die Berufswahl sowie angegriffene Gesundheit treiben die Versicherungsbeiträge hoch und die Kundschaft in andere sogenannte Biometrie-Versicherungen. Die Erwerbsunfähigkeitsversicherung ist für viele eine nahe liegende Wahl für einen monatlichen Einkommensersatz. Die Leistung stellt, anders als die große Schwester Berufsunfähigkeitsversicherung auf Ausbildung und Beruf, nur auf eine Erwerbsfähigkeit der Versicherten ab. Leistungen setzen erst ein, wenn die Gesundheit jede Erwerbsmöglichkeit unterbindet. Das schlägt sich in günstigeren Beiträgen nieder. Ebenso sollen Vorerkrankungen und andere Erschwernisse weniger stark gegen eine Risikoannahme sprechen als auf dem Premium-Weg. Allerdings lehnen Versicherer exponierte Gefahrentätigkeiten oder gravierend auf Ersatzleistungen wirkende Krankheiten, wie beispielsweise Diabetes, bei Biometrie-Absicherungen rundweg ab. Denn im Schutz für Grundfähigkeiten, Schwere-Krankheiten oder Unfälle wollen Versicherer ebenfalls eher gesunde Risiken ohne besondere Gefährdungslage. Kritisch sehen Experten eine Beratungstendenz, die Grundfähigkeits- und Schwere-Krankheiten-Konzepte als günstigere Alternative zur Berufsunfähigkeitsversicherung anzubieten. Etliche Krankheitsbilder, wie z. B. psychische Erkrankungen, münden in eine Berufsunfähigkeit, gelten jedoch nicht als gelistete Schwere-Krankheit oder Grundfähigkeitseinschränkung. Mit Kapitalleistungen versehen, ergänzen diese Lösungen ebenso wie eine Unfall-Police den Berufsunfähigkeits- oder Erwerbsunfähigkeitsschutz im Schadenfall. Neben monatlichem Einkommensersatz können die Kapitalzahlungen notwendige Umbauten, Umzüge oder Neuanschaffungen z. B. finanzieren, denn auf Gesundheitseinschränkungen eingerichtete Fahrzeuge und Wohnungen sind rar und teuer. (gg)
Fazit
Für die meisten Kunden ist Einkommensersatz nach einem Arbeitskraftverlust ein wichtiges Thema. Von der Geburt bis mindestens zum Pensionsalter gehören passende Lösungen zum kleinen Beratungseinmaleins. Mit Hinterbliebenenabsicherung, Pflegeschutz und Altersrente gelangen Kunden schnell an ihre finanziellen Grenzen. Deshalb können Apps, Vergleicher und andere Anbieter fernab die individuelle Kundenberatung vor Ort, welche die persönlichen, beruflichen und steuerlichen Einflussgrößen einbezieht, nicht ersetzen. Wie autonom fahrende Autos bleiben vernünftige Beratungen mittels KI weiterhin eher leise anklingende Zukunftsmusik.