EZB: Leitzins auf 2,5 % gesunken
06.03.2025

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„Die aktuelle Inflationsentwicklung im Euroraum hat gute Argumente für den heutigen Schritt geliefert. Die Inflationsrate nähert sich wieder der 2 Prozent-Marke. Auch die Kerninflation – also die Teuerungsrate ohne die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Nahrungsmittel – geht zurück. Und dennoch: Es gibt gute Gründe, warum die EZB die vor kurzem gestartete Debatte um eine allmähliche Zinspause fortführen sollte. Das Risiko, dass die US-Zollpolitik auch im Euroraum die Inflation wieder steigen lässt, nimmt zu – etwa durch Gegenzölle der Europäischen Union oder durch eine weitere Abwertung des Euro.
Die Annahme, dass die Inflationsrate im Euroraum – ähnlich wie vor der Pandemie – längerfristig unter der Zielmarke der EZB von 2 Prozent verharren wird, ist äußerst fraglich. Die demografische Entwicklung mit einem künftig sinkenden Arbeitskräfteangebot, Rückschritte in der Globalisierung und kräftig steigende Staatsausgaben für die europäische Verteidigung sprechen im längerfristigen Trend für eine Inflationsrate von etwas über 2-Prozent.
Die EZB muss wachsam bleiben. Weit verbreitete Markterwartungen, dass die europäischen Währungshüter den Zinssenkungsprozess in den kommenden Monaten ungebremst fortsetzen, sollte die EZB nicht stützen.
Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes.
„Es ist eine Zinssenkung trotz erhöhter Preisrisiken. Die EZB lässt sich weiterhin von dem Motto leiten: Das Stabilitätsziel ist zwar noch nicht erreicht, aber die Richtung stimmt. Die Notenbank rechnet damit, den Zielwert von 2 % schon am Ende des Jahres zu erreichen, nachdem die Inflationsrate in den vergangenen vier Monaten darüber lag. Risiken für diese Prognose gibt es gleich mehrere: Etwa die bis zuletzt recht stark steigenden Lohn- und Lohnnebenkosten, die mit einer Verzögerung in die Preise überwälzt werden dürften.
Zudem werden die immens großen, schuldenfinanzierten Ausgabenprogramme für die Verteidigung und die Infrastruktur in Deutschland zusammen mit lockereren Verschuldungsregeln EU-weit die Nachfrage in stark ausgelasteten Branchen erhöhen und preissteigernd wirken. Noch kaum abschätzbar ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt, ob und in welchem Umfang die EU preistreibende Zölle auf US-Importe erheben könnte.“
Die Geldpolitik kann bei einem Einlagensatz von 2,5 % allenfalls noch als leicht restriktiv und preisdämpfend angesehen werden. Der Abstand zu einem ‚neutralen‘ Zinsniveau dürfte aber auch nach den Analysen der EZB nicht mehr sehr weit sein. Eine weitere Lockerung der Geldpolitik im April dürfte angesichts der Preisrisiken nicht angemessen sein. Es ist mit einer Zinssenkungspause zu rechnen.
Dr. Michael Heise, Chefökonom von HQ Trust.
„Die EZB sieht die Inflation in der Eurozone auf einem guten Weg in Richtung des Zielwerts von 2 Prozent, trotz der Anhebung ihrer Inflations-Projektion für das laufende Jahr auf 2,3 Prozent. Denn parallel wurde die Wachstumserwartung der Notenbank nach unten adjustiert und die absolute Höhe des Zinsniveaus sorgt weiterhin dafür, dass aktuell zur Verlängerung anstehende Kredite in der Regel mit höheren Konditionen einhergehen. Der jüngst steile Anstieg der Renditen von Staatsanleihen von Euro-Teilnehmerstaaten – nachdem die potenziellen Koalitionspartner deutlich steigende Staatschulden Deutschlands in Aussicht gestellt haben – untermauert diese Einschätzung. Damit kann grundsätzlich von weiter sinkenden Leitzinsen in den kommenden Monaten ausgegangen werden, wenngleich der nächste Zinsschritt nicht im April erfolgen muss. Gerade in Zeiten, die aufgrund politischer Entscheidungen der neuen US-Regierung und/oder der politisch Verantwortlichen europäischer Staaten von hoher Unsicherheit für die Wirtschaft und erhöhter Volatilität an den Kapitalmärkten geprägt sind, tut die EZB gut daran, datenabhängig den weiteren geldpolitischen Kurs festzulegen. An den Börsen spielt damit vorerst weiterhin eher die Fiskal- als die Geldpolitik die entscheidende Rolle.“
Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL.
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