EZB: Leitzins auf 2,5 % gesunken

06.03.2025

Foto: © ehk-pictures - stock.adobe.com

Wie erwartet hat die Europäische Zentralbank (EZB) zum sechsten Mal seit Sommer 2024 den Leitzins gesenkt. Der Einlagenzins wird um 0,25 Prozentpunkte auf 2,5 Prozent verringert, teilte die Notenbank am 6. März in Frankfurt mit.

Die meisten Analysten gehen davon aus, dass demnächst der Tiefsstand im Zinsgefüge erreicht ist. Notenbankdirektorin Isabel Schnabel hatte bereits dafür plädiert, über eine Pause oder einen Stopp des Zinssenkungskurses nachzudenken.

finanzwelt stellt die ersten Reaktionen und Stellungnahmen zusammen:

„Die EZB sollte sich durch eine zunehmende Abkopplung von der Geldpolitik der US-Notenbank Fed nicht von ihrem Zinssenkungspfad abbringen lassen, kommentiert  die heutige Zinsentscheidung. Erst mit einem Leitzins von 2 Prozent sei der neutrale Satz für die Eurozone erreicht. Auch eine aus dem aktuellen Decoupling resultierende Abwertung des Euro hält er für nicht problematisch. Im Gegenteil; das ist eigentlich eine gute Nachricht. Wir müssen zwischen der Inflation bei den Dienstleistungen, die im Wesentlichen inländisch ist und mit der Lohnentwicklung zusammenhängt, und der Inflation bei den Konsumgütern, die größtenteils importiert wird und sehr niedrig ist, unterscheiden. Die Abwertung des Euro könnte in der Tat die Warenpreise in die Höhe treiben, aber ihr Anstieg liegt weitgehend unter 2 %. Sicherlich hat der Euro in den letzten Quartalen an Wert verloren, aber er liegt immer noch 20 % über seinem Stand zu Beginn des Jahrhunderts. Ich glaube, die EZB könnte Argumente dafür finden, dass die Abwertung des Euro, sollte sie sich fortsetzen, ihr mittelfristiges Inflationsszenario nicht in Frage stellt. Wir können uns nicht auf unsere Produktivitätsgewinne verlassen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Eurozone zu verbessern.

Wir erwarten, dass sich das Wachstum der US-Wirtschaft abschwächen werde, und am Ende die Fed ihre Leitzinsen stärker senken wird, als der Markt jetzt erwartet. Schließlich hätten gerade die 16 Millionen Einwanderer in den letzten Jahren die US-Wirtschaft geprägt. Diese Unterstützung werde durch die von US-Präsident Trump verfügte Änderung der Einwanderungspolitik entfallen. Aber das noch größere Wachstumshemmnis sieht der Anleihenexperte in der Trump´schen Zollpolitik.

Das Land, das am meisten von den Zollschranken betroffen sein wird, sind die USA. Denn die Trump´sche Zollpolitik wirkt asymmetrisch: Auf die USA entfallen etwa 20 % des weltweiten BIP. Sie werden unvermeidlich mit Vergeltungsmaßnahmen konfrontiert sein, die von 100 % der Länder, mit denen sie Handel treiben, verhängt werden, während diese Länder nur mit einer Erhöhung der Zollschranken durch einen einzigen Handelspartner konfrontiert sein werden: die USA. Über der amerikanischen Wirtschaft schwebt jetzt ein Damoklesschwert.“

Francois Collet, Deputy CIO und Portfoliomanager bei der Natixis-Tochter DNCA Investment.

„Die EZB setzt mit dieser Zinssenkung ein deutliches Signal: Die Unterstützung des Wirtschaftswachstums in der Eurozone hat für die Euro-Währungshüter Priorität. Die lockere Geldpolitik wird weitergehen: Wir erwarten, dass die EZB den Leitzins bis zum Jahresende auf 1,5 Prozent senken wird.Währenddessen gerät die amerikanische Notenbank unter Druck. Die von US-Präsident Donald Trump verhängten Strafzölle gegen Importe verunsichern die Verbraucher und belasten den Konsum.Zugleich drohen die Strafzölle die Inflation wieder anzuheizen. Im schlimmsten Fall löst Trump mit seinen Strafzöllen einen Wirtschaftsabschwung aus. Derweil ist die Trump-Hausse längst in eine Trump-Baisse umgeschlagen. Die führenden Technologie-Aktien Mag7 haben seit Jahresbeginn mehr als eine Billion Dollar an Wert eingebüßt. Dies entspricht ca. zehn Prozent ihrer Marktkapitalisierung per Ende Dezember 2024. Im US-Markt richten wir unseren Fokus verstärkt auf Small- und Mid-Cap-Werte, die sich in diesem schwierigen makroökonomischen Umfeld robuster behaupten können.Wir sehen auf absehbare Zeit mehr Potenzial in europäischen Aktien.“

Reinhard Pfingsten, Chief Investment Officer (CIO) der apoBank.

„Alles wie erwartet: Auf der heutigen Sitzung hat die Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, eine weitere Zinssenkung um 25 Basispunkte verkündet. Der wichtigste Leitzins – der sogenannte Einlagenzins – sank von 2,75 auf nunmehr  2,50 Prozent. Es war bereits das sechste Mal seit vergangenem Sommer, dass die EZB die Zinsschraube nach unten drehte.

Marktauguren rechnen damit, dass die EZB auch im April und Juni zwei weitere kleine Zinsschritte auf ein Niveau von dann 2,0 Prozent folgen lassen dürfte. Die Erwartung basiert auf der datenabhängigen Strategie der EZB, die von Sitzung zu Sitzung entscheidet, sowie auf der Notwendigkeit, die Wirtschaft weiter zu stimulieren, ohne die Inflation wieder anzuheizen. 

Im Februar legten die Verbraucherpreise zumindest nicht wieder zu. In der Eurozone gab die Inflation sogar marginal auf nunmehr 2,4 Prozent nach, während sie in der Bundesrepublik stabil bei weiter 2,3 Prozent notierte. Die von der EZB immer wieder ausgegebene Zielmarke einer Teuerungsrate von 2 Prozent ist damit weiterhin in Sichtweite. Weiter Sorgen bereitet den Währungshütern dagegen die lahmende Konjunktur. Während die OECD für die Eurozone immerhin einen Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts (BIP) vom 1,3 Prozent prognostiziert, rechnet die Bundesregierung für 2025 lediglich mit einem Zuwachs um 0,3 Prozent, während die Bundesbank gar nur 0,2 Prozent für realistisch hält.

Neue Impulse erhofft sich Europa unterdessen von der kommenden Bundesregierung. Die Erwartungen an den mutmaßlich nächsten Bundeskanzler Friedrich Merz sind groß – nicht zuletzt nach der „Whatever it takes“-Ankündigung zum 900 Milliarden Euro schweren Finanzpaket für Rüstung und Infrastruktur. Auch der Wohnungsmarkt erwartet Rückenwind: Nachdem die abgewählte Ampelregierung das ausgegebene Neubauziel von 400.000 Wohnungen pro Jahr sehr deutlich verfehlt hat, ruhen die Hoffnungen nun auf einer wirtschaftsfreundlicheren Groko, die sofort anpacken muss. Das Baugewerbe ist mit einem Anteil am BIP von 10 Prozent schließlich ähnlich groß wie die Automobilindustrie.

Die Vorzeichen für Bauherren und Immobilienwärter haben sich zumindest in den vergangenen Monaten spürbar verbessert: Der Anstieg der Baukosten hat sich verlangsamt, während die Auftragslage am Bau wieder leicht anzieht. In den vergangenen Monaten bewegten sich die Bauzinsen auf einem Niveau von 3,0 und 3,5 Prozent, könnten sich jedoch bald wieder verteuern, wenn die nächste Bundesregierung das mit Sondervermögen finanzierte Investitionspaket umsetzt. 

Der Bondmarkt hat die Entwicklung in den vergangenen Handelstagen bereits vorweggenommen: Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe zog von 2,4 Prozent am vergangenen Freitag auf gestern bereits 2,8 Prozent an. Auch angesichts moderat steigender Immobilienpreise vor allem in den Metropolen sollten Immobilieninteressenten ihre gute Einstiegschance nicht verpassen: Besser als zurzeit wird’s kaum mehr!“

Oliver Kohnen, Geschäftsführer und Head of Franchise, Baufi24.

(Lesen Sie weiter auf der nächsten Seite)