„Ein flexibler, dynamischer Ansatz ist entscheidend“

20.02.2025

Jakob Tanzmeister, Managing Director, Multi-Asset Solutions bei JPMorgan AM / Foto: © Sabrina Henkel / fw

Exklusiv

Gemischte Portfolios hatten es in den vergangenen Jahren nicht einfach. Die Gemengelage war schwierig, der Gegenwind vorhanden. Nun könnte das Thema Multi Asset wieder aufblühen. Zur grundsätzlichen Einordnung der Verhältnisse und den Spezifika sprach die Chefredaktion mit Jakob Tanzmeister, Managing Director, Multi-Asset Solutions bei JPMorgan AM.

finanzwelt: Herr Tanzmeister, das vergangene Jahr ging mit vielen Herausforderungen einher. Das wird wahrscheinlich auch für 2025 gelten. Wie sollten sich Investoren angesichts dieser Gemengelage verhalten?
Jakob Tanzmeister» In der Tat hat das vergangene Jahr einige einschneidende Ereignisse mit sich gebracht. Nach dem rasanten Zinsanhebungszyklus der Vorjahre haben wir den Beginn der Zinssenkungen gesehen. Basis dafür waren die gesunkenen Inflationsraten dies- und jenseits des Atlantiks und auch das Ausbleiben einer Rezession in den USA. Natürlich gab es geopolitische Risiken, deren ökonomische Strahlkraft war aber doch eher begrenzt. So war es trotz dieser ganzen geopolitischen Unwägbarkeiten insbesondere für die Aktienmärkte, aber auch für die Kreditmärkte, ein ausgesprochen gutes Jahr. Mit Blick nach vorne und unter Berücksichtigung der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen in den Vereinigten Staaten wie auch in Europa stehen wir nun erneut an einem Scheideweg. Wieviel Raum gibt es noch für weitere Zinssenkungen und in welcher Höhe? Darauf gilt es, sich einzustellen und die Portfolios rechtzeitig anzupassen.

finanzwelt: Sie haben es bereits anklingen lassen: Die wirtschaftliche Entwicklung in den USA hat viele überrascht. Die „harte Landung“ fiel aus. Kommt 2025 eine Rezession?
Tanzmeister» Nach unserer Einschätzung sind die Vorzeichen so gestellt, dass wir es in Amerika eher mit einer ‚weichen Landung‘ zu tun bekommen sollten. Sprich, dass eine (harte) Rezession auch für das laufende Jahr eher ein Randszenario bleibt. Zwar hat die Inflation in den USA zum Jahresende erwartungsgemäß wieder angezogen. Die Kerninflation hat sich jedoch etwas abgeschwächt. Insgesamt befinden sich die USA in puncto Wirtschaft und Arbeitsmarkt nach wie vor in einer starken, robusten Verfassung. Die Fed sieht sich folglich nicht in Zugzwang, die Zinsen rasch und deutlicher zu senken.

finanzwelt: …dennoch kommt die neue US-Administration mit viel Bohei und teilweise drastischen Plänen daher.
Tanzmeister» Das stimmt. Anleger sind jedoch gut beraten, den Lärm möglichst auszublenden und ihren Fokus auf die fundamentale Entwicklung der Unternehmen zu lenken. Das, was im Wahlkampf gesagt wird, ist eine Sache. Das, was letztlich in der Realpolitik umgesetzt wird, oftmals eine andere. Die Erfahrungen der ersten Trump-Präsidentschaft, beispielsweise sein Wettern gegen die großen Tech-Konzerne, geben hierzu Aufschluss. Generell gilt, dass der ‚amerikanische Exzeptionalismus‘ wahrscheinlich weiter andauern wird und sich die Entkopplung der Wirtschaftsleistung und der Geldpolitik von anderen Regionen fortsetzt.

finanzwelt: Blättert man durch die Zeitungen, liest man wieder vermehrt über Multi-Asset-Strategien und deren Chancen. Ist nach den schwierigen Jahren jetzt die Zeit reif für gemischte Portfolios?
Tanzmeister» Die Attraktivität von Multi Asset ist eindeutig gestiegen. Dies ist auch auf die Neubewertung bei Anleihen in den vergangenen Jahren zurückzuführen. Dadurch konnten auf der Bondseite wieder höhere Renditen eingekauft werden als zu Zeiten der Niedrigzinsperiode. Die zehnjährigen US-Staatsanleihen rentierten beispielsweise kürzlich bei fast 5 %. Und auch sonst finden sich zahlreiche Gelegenheiten in diesem Bereich. Bonds, die einerseits der Stabilisator in der Portfolioallokation sind, können zusätzlich mit einem attraktiven Chance-Risiko-Profil überzeugen. Hinzu kommt die Aktienseite, die, je nach regionaler und sektoraler Schwerpunktsetzung, ordentliche Erträge abliefert.

finanzwelt: Ein gutes Stichwort. Anleger machen sich mitunter Sorgen über die Höhenflüge bei einigen Indizes. Wird die Luft nicht dünner?
Tanzmeister» Einige Märkte, insbesondere die US-amerikanischen, sind in der Vergangenheit sehr gut gelaufen. Entsprechend sind einige Tech-Titel hoch bewertet. Gleichwohl sind wir der Meinung, dass US-Unternehmen zusätzlichen Rückenwind durch höhere Gewinne und eine mögliche Lockerung des Regulierungsumfelds erhalten. Darüber hinaus haben sich US-Aktien im Anschluss an Zinssenkungen tendenziell gut entwickelt. Bezogen auf den US-Aktienmarkt gehen wir zudem davon aus, dass sich die Schere zwischen den sehr gut gelaufenen Tech-Werten und dem breiteren Markt zunehmend schließen wird.

finanzwelt: Wie wichtig ist die Diversifikation bei Multi Asset?
Tanzmeister» Der breiten Diversifikation hinsichtlich Anlagestile und Sektoren, auch innerhalb von Anlageklassen, messen wir neben dem aktiven Management eine besondere Bedeutung bei. Angesichts von teilweise hohen Aktienbewertungen und der immer noch hohen Volatilität am Anleihemarkt ist Wachsamkeit gefragt. So haben sich beispielsweise in den vergangenen Monaten Investoren im großen Stil von ihren US-Zinspapieren getrennt; im Gegenzug zogen die Renditen stark an. Das gilt es, im Portfoliokontext zu berücksichtigen. Somit ist ein flexibler, dynamischer Ansatz entscheidend, um Opportunitäten wahrzunehmen und mögliche Risiken auszubalancieren.