Die Politik spielt mit dem Feuer

06.08.2018

Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH / Foto: © I.C.M.

Derzeit trifft ein Slogan mit 100 Prozent zu: America First. Auf der „das geht mir auf die Nerven“-Tabelle steht der amerikanische Präsident an erster Stelle. Weit vor Seehofer oder Özil. Selbst die Narren werden in der kommenden Faschingszeit keine Freude haben. Die Till´s der Vereine befürchten, ihren Vortrag – zumindest den Teil, in dem Trump glossiert wird – täglich umschreiben zu müssen.

Das ist zwar mühsam, aber beherrschbar. Nur, der Anleger kann unmöglich seine Strategie wöchentlich verändern. Vor allem der Wirtschaftskonflikt könnte sich spiralenhaft entwickeln und so die Wirtschaft und in der Folge auch die Kapitalmärkte (aber auch umgekehrt) negativ beeinflussen. Auch militärische Drohungen und Sanktionen verstärken die Risiken. Die ersten Reaktionen von betroffenen Staaten können wir schon feststellen. So hat Russland von April bis heute alle US-Staatsanleihen verkauft. Immerhin 96 Milliarden, aber kein zu großes Problem für den Bondsmarkt. Aber immerhin stieg die Rendite der 30-jährigen Bonds von 2,9 auf 3,09 Prozent.

Was aber geschieht am Rentenmarkt, wenn auch die Chinesen zu dieser „Waffe“ greifen. 1,2 Billionen an Verkäufen von Staatsanleihen steckt der Rentenmarkt nicht so einfach weg. Weitere Zinserhöhungen der FED wären dann nicht machbar. Der US-Dollar würde schwächeln und die angelaufene De-Dollarisierung sich tendenziell verstärken. Das Ansteigen der Renditen wären für viele Kreditnehmer ohne Zinsfestschreibung (Kreditkartenschulden, Studentenkredite, Autofinanzierungen, Immobilienfinanzierungen, Lombarde für Aktienkäufe) ein riesen Problem. Auch für den risikoreichen High-Yield Markt. Hier müssen nahezu die Hälfte des zwei Billionen Marktes in den kommenden zwei Jahren refinanziert werden. Und die Kreditzinsen haben sich schon im letzten Jahr in etwa verdoppelt.

Europa hat auch seine Schuldenprobleme, die keine Zinserhöhungen vertragen würden. So ist in den meisten Peripheriestaaten die Staatsverschuldung über 100 Prozent des BIP geklettert. In etlichen Fällen sogar deutlich. Speziell in diesen Ländern ist die Arbeitslosigkeit der jungen Einwohner besonders hoch. Politische Fehlentwicklungen sind vorprogrammiert. So fordert die neu gewählte italienische Regierung Neuausgaben wie höhere Mindestlöhne, mehr Urlaub, früherer Renteneintritt. Die Finanzierung dieser Maßnahmen ist ebenso unmöglich wie die Gesinnung. Hier haben wohl die Gewählten das Problem im Land nicht erkannt und sind sich der negativen Folgen ihrer gewünschten Politik nicht annähernd bewusst. Auch die Überlegung eines Austritts aus dem Euro ist ein zweischneidiges Schwert. Man will zurück zur Philosophie fehlende Konkurrenzfähigkeit durch eine Abwertung der Währung auszugleichen (statt endlich Reformen durchzuführen). Die Zinsen für die Finanzierung der Staatsschulden in der alten Lira würden sich ohne die stabilen Staaten im Euro wahrscheinlich verdreifachen.

Deutschland hat von der Einführung des Euro mit am meisten profitiert. Die Wirtschaft „brummt“, uns geht es im Großen und Ganzen gut, der Wohlfühleffekt ist hoch. Es gibt aber auch Risiken. So sind die Target 2-Salden inzwischen auf etwa eine Billion angehäuft. Vor allem von den Risikostaaten Italien ca. 464 Mrd. und Griechenland ca. 393 Mrd. Euro. Ein Totalausfall, den Volkswirte wie Friedrich, Weick oder Prof. Sinn befürchten, würde mit einem Schlag die Verschuldung der BRD um ca. 50 Prozent erhöhen. Und trotz derzeit höchster Steuereinnahmen fehlen den Städten und Gemeinde geschätzte 160 Mrd. Euro. Sicher trägt dazu die Flüchtlingsproblematik bei, aber auch die Tatsache, dass vor 20 Jahren etwa ein Drittel der Einnahmen für Soziales verwendet wurde, während es heute schon die Hälfte ist. Geld das fehlt, um die Infrastruktur auszubessern und aufzurüsten. Schnelles Internet, renovierungsbedürftige Schulen, schlechte Straßen. So sind die staatlichen Investitionen sind laut IFO-Institut in diesem Zeitraum von 2,5 auf 2,1 Prozent gesunken.

Leider wird von der Politik, wenn sie auf die Probleme angesprochen werden, nur mit Sprechblasen geantwortet. Operative Hektik ersetzt aktives Nichtstun. Sie sind ja auch mit internen Machtkämpfen weitestgehend ausgelastet. Und sie wundern sich, dass das Vertrauen der Bevölkerung sinkt. So bekommt die Absicherung des Vermögens für den Anleger eine immer wichtiger werdende Notwendigkeit. Die Unterschätzung der Risiken war schon immer das größte Risiko an den Börsen.

Kolumne von Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH