Die neue Version des DAX

12.02.2025

Marc Decker. Foto: Quintet Private Bank

Noch im ersten Quartal 2025 will die Deutsche Börse über ihre Tochter ISS Stoxx eine neue Version des DAX-Index lancieren. Dieser neue DAX soll ohne Kappungsgrenze strukturiert sein.

Die Idee hinter dem Mechanismus der Kappungsgrenze ist, die maximale Gewichtung eines einzelnen Werts im Index zu begrenzen, um zu verhindern, dass einzelne Unternehmen den Index dominieren (Klumpenrisiken). So soll eine ausgewogene Indexzusammensetzung gewährleistet werden. Dieses Phänomen hat durch die beeindruckende Performance der sogenannten „Magnificent 7“ in den USA und ihrer damit zusammenhängenden massiven Gewichtung im S&P 500 besondere Aktualität gewonnen. So verfügt der S&P 500 über keine feste Kappungsgrenze, wodurch die Gewichtung der Unternehmen rein nach Marktkapitalisierung erfolgt.

Seit März 2024 beträgt die Kappungsgrenze für den DAX 15 % nach zuvor 10 %. Aber auch diese Erhöhung war mit Blick auf die massive Entwicklung der Marktkapitalisierung von SAP nicht ausreichend. So überschritt SAP immer wieder diese Schwelle und lag zuletzt mit einer Marktkapitalisierung von rund 338 Mrd. Euro bei circa 20 bis 21 % Gewichtung. Den guten Intentionen einer ausgewogenen Indexzusammensetzung, die auch regulatorischer Natur sind, stehen allerdings auch technische Faktoren gegenüber, die sich negativ auf Anleger auswirken können. Vor allem professionelle Anleger wie etwa Fondsmanager müssen dadurch ihre Investments häufiger neu ausbalancieren, was dann wiederum Kosten verursacht.

Außerdem werden große und besonders erfolgreiche Unternehmen durch eine Kappungsgrenze in ihrer Sichtbarkeit und ihrer Bedeutung für den Gesamtmarkt limitiert, was aus Sicht der betroffenen Unternehmen ein großer Nachteil am globalen Kapitalmarkt sein kann. Ähnliches haben wir auch schon bei Linde beobachten können, was auch einer der Hauptgründe für die damalige Unternehmensentscheidung war, sich vom DAX zurückzuziehen, in den USA notieren zu lassen und damit keinen Begrenzungen zu unterliegen.

Um genau derartige Situationen zu vermeiden, kommt nun die neue DAX-Version ohne Kappungsgrenze. Wir gehen davon aus, dass diese neue Version des DAX gerade für Investoren von besonderem Interesse sein sollte, die in große deutsche Aktiengesellschaften investieren wollen, ohne Gefahr zu laufen, Anpassungen durchführen zu müssen. Wenn die tatsächliche Marktkapitalisierung auch im Index reflektiert ist, können die betreffenden Unternehmen ihr volles Gewicht entfalten, sodass der Index eher die realen Kräfteverhältnisse im Markt zeigt. Ein neuer DAX-Index ohne Gewichtungsbeschränkungen hätte darüber hinaus weitere Vorteile, wie eine bessere Abbildung des Marktes, eine einfachere Indexnachbildung für Fonds und ETFs, eine höhere Transparenz und Nachvollziehbarkeit sowie nicht zuletzt weniger Rebalancing-Effekte.

Nach unserer Einschätzung ist der Schritt hin zu zwei Varianten des DAX absolut nachvollziehbar und sollte unterstützend für den deutschen Aktienmarkt im Allgemeinen wirken, da weitere Investoren dazugewonnen werden können und Bedenken vor allem angelsächsischer Investoren ausgeräumt werden können.

Interessant ist hierbei auch, dass mit Blick auf die großen US-Indizes derzeit eher das Pendel in die gegenläufige Richtung schwingt und Marktteilnehmer nach einem S&P 500 mit einer Gleichgewichtung der Indexwerte verlangen, weil die großen Tech-Werte den Index aktuell so stark dominieren. Beide Varianten eines Index haben eine Daseinsberechtigung. Es ist gut, dass die Deutsche Börse dem Rechnung trägt.

Marktkommentar von Marc Decker, Co-Leiter Aktien bei der Quintet Private Bank.