Die Garantie, die schneller verpufft als ihr Schatten

17.10.2016

André Kunze, Geschäftsführender Gesellschafter der Prometheus Vermögensmanagement GmbH / Foto: © Prometheus

Wo ist vor diesem Hintergrund eigentlich der Sinn der Begrenzung der gesetzlichen Einlagensicherung auf 100.000 Euro? Was, wenn alle gut betuchten Bürger so schlau sind und ihre Einlagen in Tranchen à 100.000 Euro auf diverse Banken verteilen?

De facto muss unser Staat dann doch für sämtliche Einlagen geradestehen. Setzt unser Staat hier etwa auf die Bequemlichkeit und Dummheit seiner Bürger, die es versäumen, ihr Geld auf mehrere Banken zu verteilen? Oder belohnt unser Staat ganz bewusst nur die schlitzohrigen Sparer, die ihre Spareinlagen bei mehreren Banken anlegen? Oder hat unser Staat das alles einfach nicht so richtig gut durchdacht? Papperlapapp. Unser Staat macht sowas nicht.

Betrachten wir die gesetzliche Einlagensicherung mal aus einer anderen Perspektive. Derzeit hat unser Land gut zwei Billionen Euro an Staatsschulden. Diese gelten – da bestehen weder bei Politikern noch bei Finanzexperten Zweifel – als deutlich zu viel. An privaten Spareinlagen bringen wir Deutschen es auf ebenfalls gut zwei Billionen Euro. Wird das nicht auch unter dieser Perspektive mit der gesetzlichen Einlagensicherung im Zweifel irgendwie eng, wenn man schlaue und schlitzohrige Bürger voraussetzt?

„Freunde der Spareinlage, liebes Deutschland, Du Wiege der Sparer!“

„Mal ganz ehrlich, liebes Deutschland, Du legst Dein Geld bei einer Bank an, die 10-mal mehr Schulden als eigenes Geld hat, vertraust der Garantie Deines Staates, der selbst zu hohe Schulden hat und glaubst, Dein Geld ist sicher? OK, Deine Entscheidung! Aber erzähl mir bitte nachher nicht, Du hättest es nicht besser wissen können.“

Betrachten wir die Dinge nun wieder etwas sachlicher. Es gibt ja noch eine weitere überaus beliebte Garantie im Lande. Die der Versicherungen. Ist diese am Ende genauso logisch, nachvollziehbar und sattelfest aufgebaut wie die Garantien für Spareinlagen?

Machen wir es kurz. §314, Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) liest sich wie folgt: „…kann die Aufsichtsbehörde, wenn nötig, die Verpflichtungen eines Lebensversicherungsunternehmens aus seinen Versicherungen dem Vermögensstand entsprechend herabsetzen. Dabei kann die Aufsichtsbehörde ungleichmäßig verfahren, wenn besondere Umstände dies rechtfertigen, …“

Das VAG ist Gesetzesgrundlage für sämtliche Versicherungsverträge. In leicht verständlichem Deutsch bedeutet der §314 des VAG nichts Anderes, als dass es sich bei der Garantie von Lebensversicherungen um eine Schön-Wetter-Garantie handelt. Schirme gibt es also nur dann in ausreichender Menge, wenn es nicht zu stark oder gar nicht regnet. Mit anderen Worten: Kommt es vor dem Hintergrund der immensen Verschuldung in der EU beispielsweise zu einer Staatspleite eines größeren EU-Landes, wäre aufgrund der dann bei sämtlichen Versicherungen eintretenden Verluste im Vermögensbestand eine Aushebelung der Garantien durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ein realistisches Szenario.

Letztlich ist der Garantiezins und die garantierte Kapitalrückzahlung bei Versicherungen also ein zahnloser Papiertiger, der bei größeren Verwerfungen an den Anleihemärkten seine Grenzen aufgezeigt bekommt. Die Garantie, die schneller verpufft als ihr Schatten.

Liebes Deutschland! Bürger des Landes der Dichter, der Denker und der Garantien!

Ihr habt den Negativzins für Eure Staatsanleihen und den Nullzins für Euer Tagesgeld demütig akzeptiert. Warum solltet Ihr also zu viel über Eure Garantien nachdenken? Und sollten Euch Eure Kinder später dann doch mal fragen, warum Ihr so blauäugig wart, dann sagt Ihr einfach: „Mit Rücksicht auf die den Familienhaushalt tragenden Erziehungsberechtigten geben wir grundsätzlich keine Informationen über die intellektuelle Ausstattung des Familienvorstands an die Öffentlichkeit.“

Kolumne von André Kunze, Geschäftsführender Gesellschafter P.A.M. Prometheus Asset Management GmbH in Langenfeld

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