Die Emerging Markets nach dem jüngsten Einbruch

08.09.2015

Das globale makroökonomische Bild hat in den vergangenen Wochen und Monaten an Komplexität gewonnen. Insbesondere die Emerging Markets (EM), als eine Art Spiegelbild dieser Herausforderungen, haben erheblich unter den Entwicklungen gelitten.

Während der MSCI EM in den letzten zwölf Monaten in Lokalwährung um 15 Prozent gefallen ist, befindet er sich in US-Dollar im Bereich einer Baisse.

Der Wachstumsvorsprung der Schwellenländer steht unter Druck. Der private Konsum wird durch die steigende Arbeitslosigkeit in der EMEA-Region (Europa, Naher Osten und Afrika) und Lateinamerika zunehmend belastet. Derweil wird auf den jahrzehntelangen Anstieg der Verschuldung voraussichtlich eine Zeit des Schuldenabbaus folgen. Die öffentlichen Ausgaben sind gedämpft, da sich viele Regierungen, insbesondere in der EMEA-Region und in Lateinamerika, nahe an ihrem Ausgabenlimit befinden. Auf der anderen Seite entscheiden sich Länder wie China gegen unterstützende Maßnahmen durch öffentliche Gelder und konzentrieren sich auf die Reform ihrer Volkswirtschaften. Der Rohstoffzyklus tendiert weiterhin zur Baisse, was die privaten Investitionen tendenziell dämpft, während die Unternehmen verstärkt auf Produktivität und Rentabilität setzen. Indien ist hierbei die Ausnahme, da die marode Infrastruktur des Landes Investitionen benötigt und die Regierung angebotsseitige Reformen vorantreibt.

Die gute Neuigkeit ist, dass sich der ausgeprägte Pessimismus der Anleger gegenüber den Schwellenländern weiter intensiviert hat und bereits zu erheblichen Mittelabflüssen führte. Das wiederum bedingt zwar einerseits die im Vergleich zu den Industrieländern schwache Börsenentwicklung der globalen Schwellenländer, führt auf der anderen Seite aber zu einer extrem niedrigen Erwartungshaltung. Gemessen an der relativen Bewertung befinden sich EM-Aktien gegenüber den Industrieländern auf einem 10-Jahres-Tief, was sich positiv auf die Anlageklasse auswirken könnte. Paradoxerweise könnten sich die Schwellenländer daher als eher defensive Anlage erweisen, vorausgesetzt ein letzter finaler Einbruch bzw. eine Kapitulation bleibt aus.

Beim Blick nach China erkennt man, dass die massiven Marktbewegungen auf die Finanzmarktreform zurückzuführen sind. Diese ist zwar insgesamt positiv zu bewerten, hat jedoch eine erhebliche Volatilität ausgelöst. Während der überwiegend von Privatinvestoren dominierte A-Aktienmarkt zum Teil überbewertete Bereiche aufweist, kann man von einer Überbewertung des Shanghai Composite bei einem 12-Monats-KGV von 14 und einem Forward-KGV von 11 nur schwer sprechen.

Als Stock-Picker profitieren wir von der heterogenen Entwicklung der chinesischen Wirtschaft. Wir verfügen über keinerlei Anlagen im „Alten China“, das durch kapitalintensive, von Überkapazitäten geplagte Branchen geprägt ist. Stattdessen richtet sich der Schwerpunkt unseres Stock-Picking auf das „Neue China“, in dem steigende verfügbare Einkommen eine solide Grundlage für wachstumsstarke Konsumgüterunternehmen bilden. Unternehmen wie Netease im Online-Spielesowie Werbemarkt oder Kweichow Moutai im chinesischen Spirituosenmarkt sind nur zwei Beispiele hierfür.

Ein aktives Stock-Picking ist in diesem schwierigen Umfeld der richtige Ansatz. Bei Comgest reagieren wir auf das sich ständig wandelnde Makroumfeld mit einer konsequenten Ausrichtung auf die Identifizierung von Qualitätswachstumsunternehmen. Wir sind überzeugt, dass unsere Fähigkeit zur Wertschaffung nicht auf dem Versuch beruhen kann, komplexe und unsichere makroökonomische Entwicklungen vorherzusehen. Stattdessen konzentrieren wir uns auf eine relativ geringe Anzahl von Qualitätswachstumsunternehmen mit einem fundierten, langfristigen Wettbewerbsvorteil, der den Gewinn je Aktie als Haupttreiber der Aktienperformance langfristig und stetig voranbringt. Aufgrund unseres Schwerpunkts auf Unternehmen mit hohen Einstiegsbarrieren und bewährter Preissetzungsmacht liegt unser Fokus generell abseits von überaus zyklischen Branchen. Wir investieren beispielsweise weder in Rohstoffunternehmen noch in Banken, wodurch wir vergleichsweise immun gegenüber dem oben dargestellten, komplexen makroökonomischen Umfeld sind.

Sehen wir uns das Beispiel von Kweichow Moutai, Chinas führendem Spirituosenanbieter, einmal etwas genauer an. Die Stärke der Marke und die Qualität der Produkte lassen sich zweifelsohne an der Fähigkeit des Unternehmens zur stetigen Umsatz- und Gewinnsteigerung erkennen. Während die Branche zwischen 2012 und 2014 insgesamt aufgrund der sinkenden Nachfrage durch die ergriffenen Antikorruptionsmaßnahmen schrumpfte, konnte Kweichow Moutai den Marktanteil durch Umsatz- und Gewinnwachstum weiter ausbauen. In den letzten beiden Quartalen verzeichnete das Unternehmen ein Wachstum im doppelstelligen Bereich – eine Entwicklung, die sich wohl in den kommenden fünf Jahren fortsetzen sollte. Die Eigenkapitalrendite (ROE) des Unternehmens liegt bei 30 Prozent und die Bewertung ist nach wie vor mit dem 13-Fachen des 12-Monats-EPS sowohl gegenüber dem Branchenumfeld als auch in absoluten Zahlen attraktiv.

Die EPS-Wachstumsprognose für den Portfoliobestand des Magellan beträgt 8,2 Prozent für das Jahr 2015. Das EPS-Wachstum für den Index von derzeit 11,5 Prozent liegt darüber, wird aber nach unten korrigiert. Die Gewinnschätzungen des Magellan für das Jahr 2015 haben sich über die vergangenen drei Monate um 2,1 Prozent erhöht, was die Widerstandsfähigkeit unseres Ansatzes untermauert. Der Fonds wird derzeit bei einem 12-Monats-KGV von 16 gegenüber 11,3 beim MSCI Emerging Markets gehandelt. Wir sehen diesen Aufschlag als Preis, den man insbesondere in unsicheren Zeiten für gute Vorhersehbarkeit, Durabilität des Gewinnwachstums und eine Eigenkapitalrendite über Index zahlt. Im Vergleich: Der ROE des Fonds liegt bei 15,3 Prozent und somit über dem ROE des Index von 11,6 Prozent.

Gestützt durch unsere Ausrichtung auf Qualitätswachstum und unseren sehr aktiven Investmentansatz schauen wir optimistisch in die Zukunft. Nach der Leugnungsphase (2010 - 2012) und einer Zeit der Angst (2012 - 2015) könnten die Turbulenzen im August den Beginn der Kapitulationsphase eingeleitet haben. Derzeit könnte somit ein passender Zeitpunkt für einen vorsichtigen Einstieg langfristig orientierte Anleger sein.

_Autor: Wolfgang Fickus, Sprecher des Investment-Komitees Comgest

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