Der neue Zins
07.04.2015
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Der deutsche Leitindex klettert weiter von einem Hoch zum nächsten und begeistert die Aktionäre. Diese können echt happy sein, zumal die 30 DAX-Konzerne in diesem Jahr zusammen 29,5 Mrd. Euro ausschütten. Ein Rekord – so viel wie noch nie zuvor. Dividenden liefern, wohl auch künftig, auskömmliche Einkommensströme und sind, in der Verpackung von Fonds, eine grundsolide Basis für das Portfolio. Das schafft Sicherheit.
Es geht immer auf zu neuen Höhen. Auch wenn das Rennen am Aktienmarkt schon einige Zeit andauert und manche Skeptiker einwenden, dass die Luft nach oben langsam dünn werden könnte, so lässt sich aktuell keine Trendumkehr erkennen. Die oftmals international aufgestellten Unternehmen erwirtschaften Rekordgewinne und lassen ihre Aktionäre mit der höchsten Dividenden-Auszahlung daran teilhaben. Dividenden ersetzen folglich die Zinsen, deren Renditen teilweise am Boden liegen.
Der wiederkehrende Ertrag ist neben dem ausgeprägten
Sicherheitsgedanken ein wichtiges Kriterium bei einer Investition.
Statt sich allein mit minimalen Zinszahlungen aus bonitätsstarken Anleihen oder Festgeldkonten zufriedenzugeben, müsste man sich verstärkt mit Dividendenpapieren auseinandersetzen. Achim Küssner, Geschäftsführer der deutschen Schroder Investment Management GmbH, bemerkt: „Das aktuelle und sicherlich auch noch länger anhaltende Niedrigzinsumfeld forciert die Nachfrage nach Dividenden und Dividendenfonds. Die Anleger bevorzugen regelmäßige Erträge, der psychologische Aspekt der ‚Gutschrift‘, des ‚Verdienens‘, wirkt hier ganz stark. Daher wurden auch Fonds mit einer ausschüttenden Anteilsklasse in den letzten Jahren immer beliebter.“ Insgesamt zahlen 20 DAX-Konzerne ihren Aktionären in diesem Jahr mehr Dividende als 2014, nur zwei (Eon und Lufthansa) schütten weniger aus und die Zukunftsaussichten bleiben gut. Die Dividendenrendite in Deutschland (bei den DAX-Unternehmen durchschnittlich 2,8 %) liegt dabei zwar im oberen Mittelfeld, reicht aber nicht ganz an die Spitze heran. Betrachtet man die Ausschüttungsrendite, dann zeigt sich bei angelsächsischen Unternehmen eine Dividendenrendite von 3,0 % und in den USA von 3,2 %. Bei unseren Schweizer Nachbarn sind es vor allem Finanztitel, die eine attraktive Ausschüttungsrendite versprechen. So bietet die Zürich Versicherung aktuell eine Dividendenrendite von 5,3 % und beim Rückversicherer Swiss Re sind es 4,9 %. Größter Dividendenzahler hierzulande ist die Allianz, die ihren Aktionären 3,1 Mrd. Euro, 30 % mehr als im Vorjahr, auszahlt.
Die Qual der Wahl
Laut Morningstar sind hierzulande mittlerweile über 70 Fonds mit Fokus auf Dividendenaktien im Vertrieb. Dabei hat man die Qual der Wahl dahingehend, ob man fokussiert auf deutsche, europäische oder sogar internationale Dividendenkönige setzt. Vieles spricht für einen europäischen Fokus. Die europäischen Aktienkurse spiegeln das Ankaufsprogramm der EZB noch nicht in vollem Umfang wider. Zudem dürften sich im Zuge der lebhafteren Wachstumsentwicklung weltweit die Gewinnspannen der Unternehmen verbessern. Die Aktiengewinne in Europa liegen immer noch um einiges unter ihrem Höchstwert von 2007, während die Gewinne auf US-Aktien ihre letzten Hochs mittlerweile deutlich überschritten haben. Diese Lücke wird sich allmählich schließen, sofern die EZB bei ihrer lockeren Geldpolitik bleibt. Zudem wird der fallende Euro die Exporte ankurbeln und zum Umsatzwachstum in Europa beitragen. Vor allem defensive Werte zahlen nachhaltig Dividenden. So können Anleger zumindest einen Teilaspekt der Sicherheit erfüllt sehen, da diese Unternehmen in der Regel seit Jahrzehnten erfolgreich ihre Geschäftsmodelle umsetzen und weiterentwickeln. Zudem spricht für eine europäische Dividendenstrategie, dass in jüngerer Vergangenheit viele Unternehmen ordentliche Cashflows generiert haben, die zur Schuldentilgung, für Aktienrückkaufprogramme, Dividendenausschüttungen oder Akquisitionen verwendet werden. Hohe Dividenden können richtungsweisende Indikatoren über die finanzielle Stärke sowie über ihr Vertrauen in die künftige Geschäfts- und Gewinnentwicklung sein. Nach durchaus wirtschaftlich anspruchsvollen Jahren sind viele Unternehmen heute besser und ertragsreicher aufgestellt, wodurch sie von einem wirtschaftlichen Aufschwung überdurchschnittlich profitieren dürften.
Doch ist die Dividendenrendite der einzig entscheidende Parameter
**bei der Analyse der Attraktivität?
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Definitiv nein. „Letztendlich muss der Titel, wie jede Aktie, durch eine Analyse auf Herz und Nieren geprüft werden. Dazu zählen Faktoren wie die finanzielle Stabilität, Marktdurchdringung, Management, Preismacht, Positionierung oder Innovation. Diese und weitere Aspekte müssen auch bei Dividendentiteln genau geprüft werden“, ergänzt Küssner.
Berater, die ein Auge auf Dividendenstrategien geworfen haben,
können die Trends sehr gut am Henderson Global Dividend Index (HGDI) ablesen.
In den HGDI kann man nicht investieren wie in den DAX oder den Londoner FTSE Index. Vielmehr misst der HGDI die Fortschritte, die globale Unternehmen dabei machen, Anlegern einen laufenden Ertrag auf ihr investiertes Kapital zu zahlen. Der HGDI stieg im abgelaufenen 4. Quartal auf 159,9 Zähler. Das bedeutet, dass die Dividenden in den vergangenen 12 Monaten circa 60 % höher waren als im Basisjahr 2009. Der wirtschaftlich moderate Aufschwung in Kerneuropa lässt sich auch am HDGI Europe ablesen. Dieser klettert im Jahresverlauf 2014 auf einen Rekordstand von 123,4 Zählern. Unter den großen Ländern erzielten Spanien und die Schweiz die besten Ergebnisse. Deutschland und Frankreich rangieren im Mittelfeld. Den Stellenwert von Dividenden als „neue“ Zinsen illustriert auch ein anderer Vergleich. Während der deutsche Aktienindex seit der Jahrtausendwende um knapp 55 % bzw. 2,9 % pro Jahr zugelegt hat, kommt die um Dividendenzahlungen bereinigte Variante des Leitindex lediglich auf eine Rendite von 1,2 % oder 0,1 % p. a. Der Anteil der Dividendenrenditen am Gesamtertrag ist folglich immens, auch wenn sich das genannte Beispiel nicht auf alle Zeitreihen der Vergangenheit übertragen lässt.
Fazit
Vor dem Hintergrund, dass auch 2015 mit festverzinslichen Staatspapieren bester Bonität so gut wie kaum noch wahrnehmbare Erträge erzielt werden können, rücken einkommensgenerierende Anlageklassen zunehmend in den Blickwinkel. Dazu gehören auch Dividendenpapiere. Die nun beginnende Ausschüttungssaison der großen Konzerne liefert hierfür den Beleg. Mag auch die Zeit üppiger Dividendenrenditen und stetigen Dividendenwachstums ihren Höhepunkt erreicht haben, so werfen ausgewählte Titel und spezialisierte Dividendenfonds immer noch respektable Erträge ab. Investoren lieben regelmäßige Ausschüttungen, denn Dividendenzahlungen bieten ein Sicherheitspolster in einem diversifizierten Portfolio. (ah)