Der Gegenwind wird rauer

28.09.2014

Dr. Jan Ehrhardt

Japans Wirtschaft leidet unter schwachem Wachstum und Deflation. Um Unternehmen und Verbraucher aus ihrer Lethargie zu führen, legte Ministerpräsident Abe umfangreiche staatliche Konjunkturpakete auf. Der ersehnte Erfolg blieb aus.

Trotzdem gibt es für Dr. Jan Ehrhardt, Portfoliomanager Gamax Funds - Maxi-Fonds Asien International, nach wie vor gute Gründe, im asiatischen Raum den Blick wieder stärker auf China und Japan zu richten.

finanzwelt**: Mit Ihrem Fonds investieren Sie schwerpunktmäßig in zwei Länder: China und Japan. Schwingt sich China aktuell wieder zum Hoffnungsträger der Weltwirtschaft auf, fällt eine Zwischenbilanz zur Situation Japans in diesem Jahr doch bescheiden aus. Sind die Gegensätze beider Länder so eklatant?

Dr. Ehrhardt: Die wirtschaftliche Situation besagter Länder ist nicht ganz so eindeutig. In China beispielsweise schwächt sich das Wachstum bei den Investitionen aktuell ab. Nach dem Bauboom der vergangenen Jahre wird nun weniger stark in Infrastruktur und im Immobiliensektor investiert. Der Export, welcher für viele Jahre kaum zum Wirtschaftswachstum beigetragen hat, entwickelt sich dagegen auch dank einer anziehenden US-Konjunktur wieder besser. Darüber hinaus scheint sich die Stimmung beim Inlandskonsum weiter zu steigern, wie aktuelle Daten zeigen. Das Wachstum in Japan litt im zweiten Quartal dagegen besonders unter der Kaufzurückhaltung der privaten Konsumenten nach der jüngsten Erhöhung der Mehrwertsteuer von 5 auf 8 %. Das ist ein übliches Verhalten, das auch in anderen Ländern immer wieder zu beobachten war. Besser sieht es hingegen beim japanischen Export und den Investitionen aus.

finanzwelt: Japans Wirtschaft ist im zweiten Quartal des Jahres deutlich geschrumpft. Ist die Luft nun raus aus dem japanischen Experiment (Abenomics)?

Dr. Ehrhardt: Japans Wirtschaft hatte eine Mehrwertsteuererhöhung zu verkraften. Dies führte zu Vorzieheffekten im ersten Quartal und Kaufzurückhaltung im zweiten Quartal. Dass der Quartalsvergleich daraufhin sehr schwachausfallen muss, ist logisch. Vor fiskalischer- und monetärer Politik ist die Strukturreform nach meiner Meinung der wichtigste Pfeil von Abenomics. Erst vor wenigen Monaten wurden die ersten Reformen auf den Weg gebracht, und kurzfristig schaden Reformen erst einmal dem Wachstum. Das ist auch bei jedem Unternehmen so, wenn Restrukturierungen angestoßen werden, dann kostet das zunächst. Langfristig sollten sich die dringend notwendigen Veränderungen aber vorteilhaft auswirken. Ähnlich wie in China, wo z. B. das Problem der Korruption oder die Ineffizienz der Staatsunternehmen angegangen wird, ist die Führungsspitze auch in Japan auf dem richtigen Weg.

finanzwelt: Gelder werden wieder verstärkt von den europäischen Märkten in Richtung Asien gelenkt. Spüren auch Sie die erhöhte Nachfrage? Wie lassen sich die Perlen finden, die in das Portfolio aufgenommen werden?

Dr. Ehrhardt: In der Tat wird die Region bei Anlegern inzwischen nicht mehr gemieden. Die Fund Flow Statistiken zeigen seit einigen Wochen wieder Zuflüsse. Auch wir sehen erste zaghafte Mittelzuflüsse. Dies liegt auch an der sehr günstigen Bewertung der chinesischen und japanischen Unternehmen. Der chinesische Aktienmarkt hat schließlich eine 6-jährige und der japanische Markt mit Unterbrechungen eine mehr als 20-jährige Konsolidierung hinter sich. Um geeignete Firmen für das Portfolio zu finden, beginnen wir mit der Bewertung der Unternehmen im historischen Vergleich. Die interessanten Firmen schauen wir uns dann vor Ort genauer an. Wichtig ist uns hierbei, eine Gesellschaft über mehrere Jahre zu verfolgen. Nur so kann man feststellen, ob das Management der Firma seine Aufgabe gut erfüllt. (ah)

Interview mit Dr. Jan Ehrhardt - Printausgabe 05/2014