Der Bund für das ganze Leben
15.11.2023
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Beamte überschätzen vielfach die Versorgungen seitens ihrer Dienstherren. Die komfortable Sicherheit bei Krankheit, Dienstunfähigkeit und im Pensionsalter enthält bekannte wie verkannte Lücken. Früher galt die Kundengruppe Beamte als schwierig und übergenau. Das mag heute eher ein Klischee sein. Allerdings informieren sich Beamte oft gerne vorab und schätzen versierte Beratung mit fachlicher Präzision. Um diese als bestandstreu geltenden Kunden für sich zu gewinnen, sind intensive Kenntnisse über das Beamtenwesen und den damit verbundenen Versorgungen eine wichtige Grundvoraussetzung.
Die wiederentdeckte Zielgruppe
Rund jeder neunte Berufstätige arbeitet in Deutschland im Öffentlichen Dienst. Von diesen 5,2 Millionen haben ca. 1,7 Millionen einen Beamtenstatus. Die Beamten erhalten bei Arbeitsunfähigkeit weiter ihre Vergütung ohne zeitliche Begrenzung. Erscheint die Rückkehr zur Dienststelle gesundheitsbedingt nicht mehr möglich, wird die Versetzung in eine andere Stelle geprüft. Ohne eine Versetzungsmöglichkeit gelangen Beamte auf Lebenszeit in eine Versorgung bei Dienstunfähigkeit mit abgesenkten Bezügen. Für Beamte auf Widerruf bzw. auf Probe beendet eine Dienstunfähigkeit die Beamtenkarriere und es erfolgt die Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung für eine dortige Erwerbsunfähigkeitsrente. Beruht der Ausfall auf dienstlichen Ursachen, verbleiben die Betroffenen in der Beamtenversorgung. Die Regelungen variieren u. a. je nach Bundesland und ausgeübtem Amt wie z. B. in der Kirche oder als Richter. Der Anspruch auf das sogenannte Ruhegehalt entsteht gewöhnlich nach fünf Dienstjahren Wartezeit, die bei Ausnahmen wie z. B. Dienstunfällen nicht greift. Die Höhe des Ruhegehalts richtet sich nach der Wertigkeit des Amtes, der entsprechenden Besoldung sowie der erbrachten Dienstzeiten.
Bei Dienstunfähigkeit von jungen Beamten erhöhen Zuschlagszeiten die sonst zu gering ausfallenden Ruhegehälter. Im Pensionsalter darf das Ruhegehalt höchstens 75 % der letzten Dienstbezüge betragen. Dabei fließt die letzte, zumeist höchste Besoldungsstufe erst ab einer Mindestdienstzeit in die Pensionsberechnung ein. Ruhegehälter können dadurch um mehrere hundert oder tausend Euro unterhalb der letzten Dienstvergütung liegen. Solche Berechnungen wirken auf Außenstehende komplex und bergen gerade für Hinterbliebene überraschende Versorgungsengpässe. Eine erhoffte Witwen- bzw. Witwerrente kann die Nulllinie erreichen, denn Bund, Länder, Kommunen und andere Dienstherren entlasten mit Kürzungen ihre Kassen. Ohne private Vorsorge bleiben Beamte und Angehörige ggf. finanziell auf der Strecke. Rund 1,8 Millionen Versorgungsempfänger beziehen aktuell Ruhegehälter. Die Empfänger verfügen wie Beamte über Beihilfeansprüche im Krankheits- und Pflegefall, wenn die Voraussetzungen dafür stimmen.
Lückenhaft gut versorgt
Die Beamtenbeihilfe ist vermutlich die bekannteste Versorgungslücke. Die Beihilfe steuert gewöhnlich 50 % und für Ehepartner bis zu 70 % zu den Krankheitskosten bei. Abhängig von Bundesland, Dienststelle und Kinderschar erhöhen sich die Beihilfen für Kinder auf bis zu 90 %. Privater Krankenschutz vervollständigt mit Ergänzungstarifen, Tariferweiterungen und Services die Gesundheitsvorsorge. Einige Bundesländer sehen Anwärter und Neubeamte lieber in der gesetzlichen Krankenversicherung, allerdings bleibt das Wahlrecht für einen Privatanbieter erhalten. Postbeamte nutzen die Postbeamtenkrankenkasse, kurz PBeaKK, als spezielle Alternative. Die Versicherten sind oftmals Versorgungsempfänger oder arbeiten in Unternehmen der Deutschen Post DHL Gruppe, der Postbank bzw. jetzt Deutschen Bank sowie innerhalb der Telekom. Die jüngsten Postbeamten sind über 50. Bei guter Gesundheit sind die Lösungen der privaten Versicherer für diese Beamten sowie den Ehepartner und die Kinder unverändert interessant. Die Beihilfegeber setzen den Angehörigen ohne Beamtenstatus für die Beihilfeberechtigung enge Grenzen. Ab einem Jahreseinkommen von 20.000 Euro für den Ehepartner oder auf dem Weg der Kinder in den Beruf stehen die Beihilfen beispielsweise in Frage. Im Einzelfall wird der Eintritt in den gesetzlichen oder privaten Krankenschutz herausfordern, wenn das Alter oder der Gesundheitszustand nicht mehr in die Annahmerichtlinien passen.
Trotz der Widrigkeiten gilt die Beamtenabsicherung im Vergleich zu den herkömmlichen Sozialsystemen als komfortabel und entfacht regelmäßig Diskussionen. Kritiker der Beamtenversorgung unterschlagen dabei das stagnierende Lohnniveau der letzten Jahrzehnte in der freien Wirtschaft. Die moderaten Erhöhungen der Beamtenbezüge erreichten so das gleichbleibende Gehaltsniveau. Nicht Beamte, sondern ausbleibende Lohnerhöhungen für Arbeitnehmer sorgen für die Löcher in den Sozialkassen und Leistungskürzungen. Für Ämter, Behörden, Bundeswehr, Feuerwehr, Justiz, Kirchen, Polizisten und die anderen Dienststellen ist der Wettbewerb um junge Talente ohne Aussicht auf die sichere Beamtenlaufbahn oftmals schwierig. Üppige Gehälter wie freie Unternehmen kann die Staatskasse kaum bieten. Die Versprechen von künftigen Versorgungen bei Krankheit oder im Alter verursachen in den ersten Dienstjahren kaum Personalkosten. (gg)
Fazit
Staatsdiener sind als Zielgruppe wieder en vogue. Die relativ komfortable Versorgung hat Lücken und bedarf privater Versicherungslösungen. Beamte und vor allem deren Angehörige wiegen sich angesichts der Beihilfe und vergleichsweise hohen Pensionsansprüchen in trügerischer Sicherheit. Eine schwere Krankheit, ein Unfall oder lediglich ein neuer Job des Ehegatten können existenzielle Finanzeinbußen nach sich ziehen. Für Beamte auf Lebenszeit ist zwar für ein Existenzminimum gesorgt, bevor Krankheit, Dienstunfähigkeit oder Pflege in ein finanzielles Aus führen, der gewohnte Lebensstandard ist dann allerdings für immer dahin. Der Teufel liegt in den Details der Beamtenversorgung und öffnet weite Türen für Versicherungsberatungen.