„Auf die Eurozone setzen“

05.10.2015

Jean-Charles Mériaux

Makroökonomische Perspektiven und Finanzmärkte, DNCA gibt Analyse der Eurozone ab.

Nach dem Absturz im August setzte sich der Kursrutsch an den Märkten fort. Nach wie vor befürchten Anleger, die nachlassende Aktivität in den Schwellenländern, allen voran in China, könnte die Weltkonjunktur deutlich bremsen. Darüber hinaus sorgte die Entscheidung der Federal Reserve, die Zinsanhebung zu verschieben, für Unruhe. Im Moment sieht es so aus, dass der erste Zinsschritt noch vor Jahresende stattfinden könnte. In Europa traf die Enthüllung, dass Volkswagen bei den Emissionen seiner Dieselmotoren manipuliert hat, den Automobilsektor besonders schwer. Nach der Euphorie vom Frühjahr befinden sich die meisten europäischen Indizes inzwischen auf negativem Terrain. Trotzdem ist die Eurozone der einzige große Wirtschaftsraum der Welt, in dem sich die Wachstumsprognosen für 2015 verbessern werden. Abgesehen von bestimmten Sektoren (Erdöl) senken die europäischen Unternehmen ihre Prognosen nicht.

Die BIP-Wachstumsschätzungen 2015 für die Eurozone in Höhe von 1,5 Prozent erscheinen uns solide, 2016 könnten wir uns den 2 Prozent annähern. Erinnern wir uns, dass noch vor einigen Monaten viele die Rückkehr des Wachstums in Europa bezweifelt haben. Dieses Wachstum findet in einer weltwirtschaftlichen Lage statt, in der die Aussichten vor allem wegen des Rückgangs in den Schwellenländern und insbesondere in China, Brasilien und Russland nach unten korrigiert werden. In den Vereinigten Staaten dürfte sich das Wirtschaftswachstum bei circa 2,5 Prozent stabilisieren.

Günstige konjunkturelle Dynamik

Wie lässt sich das erklären? Hier drei Hauptgründe:

Erstens ist hier die extrem expansive Geldpolitik der EZB zu nennen, die diese mindestens bis Ende 2016 fortsetzen wird. Auf der anderen Seite wird die Fed ihre Geldpolitik straffen müssen.

Zweitens die Abwertung des Euro. Tatsächlich gehört es zu den großen Leistungen der EZB, dass sie es geschafft hat, die Gemeinschaftswährung zum großen Nutzen der weitgehend exportorientierten Eurozone zu schwächen.

Drittens der Rückgang der Rohstoffpreise. Da die Eurozone kaum Rohstoffe produziert, profitiert sie mit am meisten davon, dass der Erdölpreis und die Preise von Grundstoffen insgesamt fallen. Die anziehende Konjunktur macht sich in den Nebenwerteindizes deutlich bemerkbar, sie stehen so hoch wie seit vier Jahren nicht mehr. Diese konjunkturelle Wiederbelebung scheint von Dauer zu sein, weil mit ihr auch das Kreditaufkommen wächst. Der einzige Vorbehalt betrifft die Kapitalinvestitionen, die kurzatmig zu sein scheinen. Da die industriellen Kapazitäten weltweit nach wie vor hoch sind, setzen die Unternehmen ihre Finanzmittel wohl eher für externes Wachstum ein als für wachstumsfördernde Investitionen. Darüber hinaus deuten die hohen Aufschläge, die übernehmende Konzerne in letzter Zeit bei tatsächlichen oder geplanten Übernahmen bieten – zum Beispiel XPO Logistics für Norbert Dentressangle, Fnac für Darty oder HeidelbergCement für Italcementi – auf ein günstiges Umfeld für Fusionen und Übernahmen hin.

In den letzten Monaten verschleierte die Griechenlandfrage die positive fundamentale Entwicklung in der Eurozone. Ihre vorläufige Lösung sollte es den Anlegern jetzt ermöglichen, das wirtschaftliche Potenzial Europas besser wahrzunehmen.

Unternehmen, deren Ergebnisse positiv überraschen

All das lässt für die Geschäftsergebnisse hoffen. Zum ersten Mal seit fünf Jahren überraschen die Ergebnismeldungen positiv. Die europäischen Unternehmen stehen jetzt vor der Herausforderung, die Rentabilitätskluft zu verkleinern, die sie von den amerikanischen Unternehmen trennt. Im Jahr 2014 betrug die Eigenkapitalrendite der Unternehmen im Euro Stoxx neun Prozent, die der Unternehmen im S&P 500 hingegen 16 Prozent. Doch jetzt stützen die kräftig wachsenden Gewinne in Europa den Anstieg der Börse, während jenseits des Atlantiks mit sinkenden Gewinnen zu rechnen ist.

Aktien – nach wie vor die bevorzugte Anlageklasse

Sicher, die Verbesserung der Fundamentaldaten wurde im Frühjahr von der Griechenlandfrage und im Sommer vom verlangsamten Wirtschaftswachstum in China verdeckt, sodass es an den Märkten zu massiven Turbulenzen kam. Die Volkswagen-Affäre sorgt nun für neue Volatilität in einem Sektor, der für die Wiederbelebung in Europa von großer Bedeutung ist. Das aktuelle Medienchaos zu diesem Thema erschwert es, die Auswirkungen der Affäre auf das Verbrauchervertrauen und auf den Automobilsektor im Allgemeinen zu analysieren. Betrachtet man die neuesten Zahlen aus Italien und Frankreich, scheinen sich die Zuversicht und die Stimmung der Konzernchefs allerdings zu halten.

Obwohl die Anleger teils berechtigte Gründe haben, beunruhigt zu sein, bleiben die europäischen Aktien im weltweiten Verhältnis gesehen mit Sicherheit eine der besten Anlageklassen und die Sinkbewegung der letzten Wochen stellt eine langfristige Kaufgelegenheit dar. Daher bleiben wir bei unserer Meinung: die Aktien der Eurozone aufstocken und dabei auf Unternehmen setzen, die vorwiegend in der Eurozone tätig sind.

(Dieser Artikel stellt weder ein Zeichnungsangebot noch eine Anlageempfehlung dar.)

Autor: Jean-Charles Mériaux, Leiter Portfoliomanagement DNCA Investments