KAGB bietet keine völlige Klarheit

17.03.2014

Ludger Wibbeke

**Am 22. Juli 2013 ist das AIFM-Umsetzungsgesetz in Kraft getreten und damit auch das neue Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) mit weitreichenden Änderungen für Verwalter. "finanzwelt" fragte *Ludger Wibbeke, Leiter des Bereichs Real Assets bei Hauck & Aufhäuser, nach seiner Einschätzung zur Zukunft der Sachwertanlagen im veränderten Marktumfeld. finanzwelt*: Laut einer aktuellen Mitteilung der BaFin gleicht der graue Kapitalmarkt einem schillernden Regenbogen und ist keineswegs durchgängig von Nüchternheit, Sachlichkeit oder auch nebliger Undurchsichtigkeit geprägt. Wie interpretieren Sie diese Aussage und deckt sich diese mit der Wirklichkeit?

Wibbeke: Zuerst einmal muss man fragen, wie man den grauen Kapitalmarkt definiert. Legen wir ihn als den Bereich fest, der etwa nicht unter das KAGB fällt. In diesem Segment gibt es natürlich eine größere Heterogenität. Doch auch hier gibt es Unternehmen, die eine hohe Kompetenz an den Tag legen und als echte Profis ihre größeren Freiheiten zum Wohle der Anleger nutzen!

Jedoch ist ganz klar, dass sich Anleger auf verschiedene Vorteile in Bezug auf das Risiko ihres Kapitaleinsatzes durch die Regulierung der Fonds bzw. deren Manager verlassen können. Grundsätzlich werte ich die Regulierung sehr positiv, da der Fokus damit stärker auf Investorenschutz gerichtet ist. Genau dies ist unser Fokus als Verwahrstelle.

finanzwelt: Seit Sommer 2013 ist das neue Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) in Kraft. Bis dato haben nur wenige Emissionshäuser einen Fonds nach den neuen Regeln aufgelegt. Gibt es dafür eine Erklärung und wie hoch ist noch die Unsicherheit bei den Emittenten?

Wibbeke: Der Markt ist tatsächlich immer noch stark von Unsicherheit geprägt! Dies hat verschiedene Gründe. Zum einen haben die Initiatoren von Geschlossenen Fonds bisher kaum Erfahrungen mit der Regulierung, abgesehen von der Fondsprospekt-Prüfung durch die BaFin. Diese war aber bekanntermaßen recht oberflächlich und war letztendlich keine materielle Prüfung. Initiatoren waren bisher also relativ selbstbestimmt und konnten auf Basis ihrer persönlichen Überzeugung agieren. Die Zusammenarbeit mit einer Verwahrstelle, bei der sie sich nun eine Zustimmung und Freigabe einholen müssen, ist für die Initiatoren Neuland und sie fühlen sich dadurch zum Teil eingeschränkt.

Wir als Depotbank und Verwahrstelle können aber beruhigen: Wenn Anbieter bisher gute Arbeit geleistet haben, so werden sie es in Zukunft unverändert auch mit einer leistungsfähigen Verwahrstelle tun können. Unser Verständnis als Verwahrstelle ist dabei sowohl an den Bedürfnissen des Initiators als auch des Investors ausgerichtet. Wir sehen uns in erster Linie nicht als Kontrollinstanz, sondern als Partner der Initiatoren. Durch die Einbindung der Verwahrstelle darf es unserer Ansicht nach auch keine Verzögerung der Prozesse geben. Initiatoren brauchen sich also keine Sorgen machen, solange sie eine kompetente Depotbank mit der richtigen Aufstellung wählen.

Zudem waren die inhaltlichen Vorgaben durch das KAGB noch nicht zu 100% eindeutig. So wartet die Branche auch auf ein Rundschreiben der BaFin, nachdem das bisherige Depotbank-Rundschreiben aus 2010 mit dem Inkrafttreten des KAGB keine Wirkung mehr entfaltet.

Zum anderen haben aber auch einige Anwälte und Wirtschaftsprüfer zur Verwirrung beigetragen, indem sie den Initiatoren selbst kurz vor Inkrafttreten des Gesetzes noch vermeintliche regulatorische Lücken und Umgehungstatbestände angepriesen haben. Unserer Meinung nach wird die BaFin diese Lücken aus Gläubigerschutzinteresse mit der Zeit sowieso schließen, so dass sich die Mühe nicht gelohnt hat.

Nicht zuletzt herrscht aber auch auf Anlegerseite Unsicherheit: Investoren fragen sich beispielsweise, wie der Markt nach der Regulierung strukturiert sein wird und welche Häuser noch in welchem Umfang tätig sein werden. Für die Investoren steht gerade nach den Skandalen der jüngsten Vergangenheit die Sicherheit ihrer Investments stärker denn je im Vordergrund. Aus deren Sicht ist das KAGB somit prinzipiell ebenfalls zu begrüßen.

finanzwelt: Ist es nach ihrer Einschätzung ein ausgereiftes Gesetz oder besteht aktueller Novellierungsbedarf?

Wibbeke: Tatsächlich ist vor kurzem eine sinnvolle und wichtige Novelle entworfen worden. Zum einen wurde dort z.B. ausdrücklich Klarheit geschaffen hinsichtlich der Berechnungs-grundlage der Fremdkapitalquote. Dort gibt es nun eine eindeutige Aussage: Die maximale Fremdkapitalquote darf 60 Prozent des Bruttowerts – also Eigenkapital plus Fremdkapital – betragen. Auch die Frage der Abgrenzung von offenen und geschlossenen Fonds wurde auf Europäischer Ebene gelöst und ins KAGB übernommen.

Man kann sagen, dass sich ein Gesetz organisch entwickelt und immer wieder angepasst werden muss. Dass das KAGB zum ersten Mal die gesamte Materie in einem einheitlichen Gesetz regelt, ist aber sehr zu begrüßen. Auch war das Gesetzgebungsverfahren recht kurz, so dass redaktionelle Versehen oder Ungereimtheiten zu entschuldigen sind. Man muss dem Gesetzgeber wirklich zu Gute halten, dass er für alle Investmentformen in recht kurzer Zeit ein einheitliches Gesetz geschaffen hat, das die Sicherheit für Investoren deutlich erhöht.

Betrugsfälle wie Schneeballsysteme werden mit dem Gesetz beispielsweise ausgeschlossen, da es nun eine zentrale Aufgabe der Verwahrstelle ist, dafür zu sorgen, dass das Geld der Anleger tatsächlich wie vorgesehen in Assets investiert wird. Die Verwahrstelle ist z.B. für die Eigentumsüberprüfung verantwortlich und haftet mit ihrem Eigenkapital. Auch wird, wenn nach der jeweiligen Jurisdiktion bzw. Rechtspraxis möglich, ein Sperrvermerk eingetragen, so dass der Initiator ein Asset später ohne Zustimmung der Verwahrstelle nicht belasten oder verkaufen kann.

finanzwelt: Wer fällt alles unter das neue Gesetz?

Wibbeke: Einfach zusammengefasst: jeder, der Geld für andere einsammelt. Die Schwellenbeträge liegen für Spezial-AIF bei 100 bzw. 500 Millionen Euro abhängig ob mit oder ohne Fremdkapitaleinsatz. Es gibt aber auch Initiatoren, die zwar unter den Bagatellgrenzen liegen, sich aber auf Wunsch ihrer Anleger regulieren lassen und eine Verwahrstelle als Mittelver-wendungskontrolleur beauftragen. Dies kann eine starke Signalwirkung für Investoren haben. Wohlgemerkt kommt der Verwahrstelle eine dauerhafte Überwachungsaufgabe zu, die nicht – wie früher – nach der Investitionsphase beendet wird.

finanzwelt: Laut aktuellem Trend Report von PwC rechnet eine deutliche Mehrheit der Private-Equity-Branche 2014 mit einer Marktbelebung. Zu Recht und wenn ja, welche Gründe sprechen dafür?

Wibbeke: Das sehen wir genauso. Die Gründe dafür sind nicht zuletzt die weiterhin gestiegene Tendenz, Private Equity Investitionen über Geschlossene Fonds vorzunehmen. Auch die generelle Etablierung der Anlageklasse und die hohe Professionalität der Gesellschaften spielt eine Rolle dabei. Zudem war Private Equity als Anlageklasse nicht von Skandalfällen betroffen. Dies und die Versachlichung der „Heuschrecken-Diskussion" haben zur Reputation beigetragen. Auch die deutsche Wirtschaft hat Private Equity Fonds als wichtigen Partner entdeckt.

finanzwelt: Welche Zielbranchen erachten Sie bei Neu-Investments als attraktiv?

Wibbeke: Wir als Verwahrstelle sind auf regulatorische, administrative und investmentrechtliche Belange fokussiert. Die Investmententscheidungen hinsichtlich Zielbranchen liegen bei Initiatoren und Investoren. Dort liegt deren Kern-Kompetenz. Unsere Intention als Partner der beiden Gruppen ist es, neben beispielsweise der Eigentumsüberprüfung und dem Cash Monitoring auch die unternehmerische Freiheit im neuen regulatorischen Umfeld zu wahren.

Meine persönliche Meinung ist aber, dass Immobilien, Private Equity und Erneuerbare Energien sehr interessant sind. Die Asset-Klasse Immobilien ist so vielschichtig, dass sie immer noch sehr attraktiv ist. Darüber hinaus gibt es aber auch attraktive Nischen wie Lokomotiven oder Container. Dennoch gilt sowohl auf Ebene der Verwahrstelle als auch der Initiatoren: Das Bild ist differenziert und die Auswahl der Akteure sollte selektiv erfolgen. Der Track Record sowie Expertise und Erfahrung in der Assetklasse sind entscheidend. Der Investor sollte sich also genau ansehen, in welchen Anlageklassen der Initiator erfolgreich war, der Initiator wiederum sollte bei der Wahl der Verwahrstelle genau prüfen, ob in der Anlageklasse seiner Wahl die nötige Expertise bei der Verwahrstelle vorhanden ist.

finanzwelt: Das Venture-Capital-Segment hat mit seiner positiven Entwicklung im vergangenen Jahr aus dem insgesamt schwächeren Beteiligungsmarkt herausgestochen. Wird dieser Trend 2014 anhalten?

Wibbeke: Aus meiner Sicht ist Venture Capital genauso interessant wie Private Equity. Im Prinzip sind beide Bereiche strukturell vergleichbar, nur mit einem in der Regel stärker ausgeprägten Chance-Risiko-Verhältnis bei Venture Capital. Denn im Gegensatz zu Private Equity wird hier auf weniger „Substanz" aufgebaut. Wir beginnen beispielsweise gerade die Zusammenarbeit als Verwahrstelle mit einem Private Equity Initiator in Phase 0 im Bereich Biotech. Genau genommen handelt es sich hier auch um Venture Capital.

finanzwelt: Die Anlageklasse Sachwerte ist sehr vielschichtig. Wo sehen Sie für 2014 die attraktivsten Investitionsmöglichkeiten?

Wibbeke: Die Zinssituation liefert nach wie vor ein sehr gutes Argument für Investitionen in Sachwerte. Die Werthaltigkeit der Substanz ist ein starkes Argument für Investoren. Auch Institutionellen Investoren wird mit Hilfe des KAGB der Zugang zu Sachwertanlagen erleichtert. Real Assets als Investmentziele werden also zunehmen, das merken wir auch an der Nachfrage seitens der Initiatoren bei uns. Hier ist ebenfalls wieder Private Equity zu nennen, vor allem aber der Bereich Immobilien. In dem Bereich gibt es viele neue Spielarten, die investierbar gemacht werden. Von Wohnimmobilien über Kindergärten und Studentenwohnheime bis hin zu Parkhäusern jeweils in unterschiedlichen Ländern: Den Initiatoren sind auch unter dem KAGB keine Denkverbote auferlegt und wir als Verwahrstelle sorgen für die richtigen Rahmenbedingungen im Hintergrund.

(Das Interview führte Alexander Heftrich)