Ein Leben lang
08.04.2014
Foto: © evgenyatamanenko - Fotolia.com
Gerade im Geschäftssegment Biometrie sehen Versicherer und Vermittler große Chancen. Die Themen reichen von der Kinderinvalidität über die private Altersvorsorge bis hin zu Sterbegeldpolicen. Doch im Vordergrund stehen die Bereiche BU und Pflege. Ständig kommen neue Produkte auf den Markt.
Wohin man bei den Versicherern derzeit auch schaut, ob bei Kongressen, Messeveranstaltungen oder Roadshows – das Thema Biometrie elektrisiert Produktvorstände und Vertriebsverantwortliche. Denn das Feld ist weit und will bestellt sein. Mancher Beobachter unkt bereits: Man könne fast den Eindruck gewinnen, dass ganz Deutschland von Pflegebedürftigkeit und Berufsunfähigkeit überrollt werde.
In der Tat lässt die Statistik bedrohliche Zahlen auffahren: Jeder fünfte Deutsche wird seinen Job aufgeben müssen, weil Körper oder Psyche den Dienst verweigern. Und dies bei einer völlig unzureichenden privaten oder gesetzlichen Risikoabsicherung. Die Zahl der Pflegebedürftigen soll schon in wenigen Jahren förmlich explodieren. Zumal die demografische Entwicklung mit immer mehr Alten und damit oft Hinfälligen sich nicht überlisten lässt. Dann wäre da noch das absehbar Richtung Grundversorgung auf 43 % sinkende Bruttorentenniveau. Für viele Deutsche wird es im Alter ein böses Erwachen geben, sofern sie nicht doch noch die Kurve kriegen und mehr als bisher für eine zusätzliche Privatversorgung zurücklegen. Nicht zu vergessen die Todesfallabsicherung oder das Sterbegeld, das der Staat längst nicht mehr zahlt und das mehr denn je privat abgesichert sein will. Obwohl es ausreichend Geld aus der Krankenkasse hierfür eigentlich noch nie gegeben hat. Und dann ist da auch noch der Nachwuchs, den es für den Fall bleibender schlimmer Erkrankungen zu versichern gilt. So sagt Rüdiger R. Burchardi, Sprecher des Vorstandes der Dialog Lebensversicherungs-AG: „Biometrische Produkte gewinnen im Markt eine ständig zunehmende Bedeutung. Die Absicherung der Risiken Berufsunfähigkeit und Todesfall ist in der Tat unverzichtbar. Durch die altersabhängige und damit immer risikoadäquate Kalkulation der Beiträge kommen mit unserem Modell speziell Berufsanfänger, Existenzgründer und junge Familien zu einem bezahlbaren und zugleich hochwertigen Versicherungsschutz." Momentan muss scheinbar alles hinter den Themen BU und Pflege zurückstehen – wohl auch deshalb, weil das Geschäft mit der Altersvorsorge ins Stocken geraten ist, wie erste von den Unternehmen in diesen Tagen präsentierte Bilanzen zeigen. Bei den beiden vorrangigen Produktarten geht es natürlich auch um die richtige Positionierung im Maklermarkt, wie Thomas A. Fornol, Mitglied der Geschäftsleitung von Swiss Life Deutschland und verantwortlich für den Intermediärvertrieb, für sein Unternehmen läutert: „Swiss Life zählt zu den führenden BU-Versicherern im Markt der unabhängigen Vermittler. Diese Marktposition nutzen wir als Ausgangsbasis, um unsere langjährige Expertise auf andere biometrische Risiken auszudehnen. Wir sind der festen Überzeugung, dass der Pflegerentenversicherung in der zweiten Lebenshälfte der Stellenwert gebührt, dem die Berufsunfähigkeitsversicherung jetzt bereits in der ersten Lebenshälfte zukommt." Daher gehe man von einer stark wachsenden Nachfrage bei der Pflegerentenversicherung aus. Ein folgerichtiger Schritt zur Abrundung des Produktportfolios sei deshalb die Einführung eines selbständigen Pflegerentenversicherungsprodukts im Jahr 2012 gewesen. Auch für die Stuttgarter Lebensversicherung a.G., wie Produktmanagerin Sandra Fäth erklärt: „Wir als Vorsorgeversicherer sehen Biometrie als vertrieblich wichtiges Thema. Die Stuttgarter ist seit Jahren mit einem breiten biometrischen Produktportfolio aus BU, EU und Risiko-LV erfolgreich aufgestellt. Dieses konnten wir im letzten Jahr mit den Stuttgarter Pflegelösungen noch ausbauen. So können Kunden jetzt beispielsweise Berufsunfähigkeitsschutz und Pflegevorsorge sinnvoll kombinieren." Man sehe aber besonders bei Alternativen zur BU noch großes Marktpotenzial und beobachte diesen Markttrend genau. Selbstverständlich werde sich die Stuttgarter in diesem wichtigen Produktfeld in 2015 positionieren.
Am Markt zeichnet sich mittlerweile ein klarer Trend ab, Berufsunfähigkeits- und Pflegeschutz miteinander zu kombinieren. Das entlastet Makler in der Beratung – und auch in Haftungsfragen. Und es führt die Menschen vor allem hin zum emotional schwierigen Thema Pflege. Denn in diesem Bereich lässt der Absicherungsgrad zurzeit ganz viel Luft nach oben. Gerade mal 2,7 Millionen private Zusatzpolicen im Bestand sind wahrlich kein Ausweis besonderer Überzeugungskraft der Vermittler. Wobei natürlich nicht die Abneigung möglicher Kunden vergessen werden darf, über dieses Thema überhaupt zu sprechen. Dabei ist die Kombination aus BU und Pflege aber ohnehin naheliegend, wie Fornol erklärt: „Beide Produkte versichern Risiken, die mehr oder weniger nahtlos aneinander anschließen." Sei während der Phase der aktiven Erwerbstätigkeit der Verlust der Arbeitsfähigkeit das dominierende Risiko, so trete nach der Pensionierung das Risiko der Pflegebedürftigkeit an dessen Stelle. Dies hat auch die Generali Versicherung AG längst erkannt, so Hans-Joachim Funk, Bereichsleiter Produktvertriebsmanagement bei der Generali: „Wegen der steigenden Kundennachfrage nach Invaliditätsschutz und Altersvorsorge erweitern wir unser Angebot im Bereich der Rentenversicherungs- und Biometrieprodukte stetig. Mit unserem jüngsten Produkt ‚Vorsorge Plus' erhalten Kunden einen Rundumschutz: Eine Absicherung der Arbeitskraft sowie einen lebenslangen anschließenden Pflegeschutz." Nicht ganz ohne Kritik beurteilt allerdings Gerhard Hoffmann, Referatsleiter Lebensversicherungsprodukte im Marktmanagement von Allianz Deutschland, diese Entwicklung: „Wir beobachten in der Tat eine steigende Anzahl an BU-Policen, die auch das Thema Pflege adressieren. Allerdings kann man die Anzahl der Anbieter noch an zwei Händen abzählen und die konkrete Produktausgestaltung ist teilweise unterschiedlich. Fairerweise muss man dazu sagen, dass Kunden durch die Option zwar an Flexibilität gewinnen, aber der eigentlich benötigte lebenslange Pflegeschutz noch nicht durchgängig besteht." Hingegen bezieht PrismaLife klar Position für umfangreiche Bündelprodukte im Biometriebereich, so Markus Brugger, Chief Executive Officer PrismaLife: „Mit ‚CARDEA safety first' bietet PrismaLife unter der Produktmarke CARDEA.life ein Produkt, das die fünf großen biometrischen Lebensrisiken wie Tod, Pflege, schwere Krankheiten, Unfallinvalidität und Verlust von Grundfähigkeiten abdeckt. Dies mit nur einem Vertrag und nur einem Partner. Das erspart den Kunden Zeit und Geld, denn viele Einzelverträge und Ausschnittdeckungen werden dadurch vermieden."
Allerdings sind nicht alle Kombinationen sinnvoll, von Fall zu Fall können sie sogar gefährlich sein. Bestes Beispiel ist die Vermischung mit der bAV. Was zunächst wegen der steuerlichen Absetzbarkeit der Beiträge verlockend klingt, kann schnell ins finanzielle Abenteuer führen. Bei Direktversicherungen können bekanntlich die Arbeitgeber bestimmen, welchen Versicherungspartner sie hierfür auswählen. Dies könnte beim Jobwechsel dann zu erheblichen Problemen mit der bAV führen. Möglicherweise müsste der betreffende Arbeitnehmer sie aus der eigenen Tasche weiterbezahlen – dann allerdings unter Verlust der steuerlichen Förderung. Damit es hier keine bösen Überraschungen gibt, ist vom Makler eine tiefe Expertise und effiziente Beratung erforderlich. Dies muss auch das Ziel sein, sind die Betriebe doch ein ausgezeichneter Raum, um junge Menschen für die BU zu interessieren, wie Fornol erklärt: „Der Beginn einer Ausbildung oder die Aufnahme einer Berufstätigkeit ist der ideale Zeitpunkt, junge Menschen zum Thema Arbeitskraftabsicherung abzuholen." Vermittler werde SwissLife in Kürze mit einem Konzept zu betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherungen unterstützen. Dies ermögliche die einfache und unkomplizierte Ansprache von gesamten Belegschaften inklusive Auszubildenden und Berufseinsteigern. Die Deutschland-Niederlassung des Schweizer Versicherers ist nicht das einzige Unternehmen, das sein Produktportfolio im Biometriebereich immer weiter ausbaut. Auch die Basler Versicherungen bleiben am Ball, so Hartmut Holz, Bereichsleiter Produktmanagement Leben: „Wir haben 2006 als einer der ersten deutschen Lebensversicherer eine Pflegerentenversicherung angeboten. Wir werden in Zukunft unser Angebot an Biometrie-Versicherungen ausbauen und verfeinern. Im Bereich der Pflegeversicherung werden wir im Interesse der Kunden mehr Flexibilität bei den Leistungen je Pflegestufe zulassen. Wir prüfen derzeit auch, weitere Sicherheitsbausteine in das Produkt zu integrieren."
Fazit
Für die Lebensversicherer steht die Absicherung biometrischer Risiken ganz oben auf der Themenliste. Sie ist damit zu ihren Wurzeln zurückgekehrt, natürlich auch dem Abrieb bei Altersvorsorgeprodukten geschuldet. Stetig innovativere Produkte sollen Vermittlern den Zugang zu ihren Kunden erleichtern. Dabei ist das Thema in der Beratung eigentlich selbsterklärend.
(hwt)