Zurück auf Los

16.09.2013

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Eine Reihe von offenen Immobilienfonds (OIFs) wurde im Zuge der Finanzkrise geschlossen. Mit dem Inkrafttreten des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) gibt es nun neue Spielregeln für Fondsanbieter und Investoren.

So ist eine Haltefrist von mindestens zwei Jahren vorgesehen. Das Segment steht vor einem Neustart. Vom Ende der Branche kann daher keine Rede sein, zumal Anlagen in Immobilien angesichts der niedrigen Zinsen durchaus attraktiv erscheinen.

Derzeit ist der Immobilienmarkt in guter Verfassung und durchaus chancenreich; Teilsegmente boomen regelrecht – ist dies auch das perfekte Umfeld für die Auferstehung der offenen Immobilienfonds?

Lektion gelernt – zum 22.07.2013 hat eine neue Zeitrechnung begonnen; die Spielregeln für die Rückgabe von Anteilen an den Fonds haben sich geändert. Neue Investoren müssen die Anteile nunmehr mindestens zwei Jahre halten und es besteht eine einheitliche Kündigungsfrist für alle Investoren statt börsentäglicher Verfügbarkeit. Bisher konnten Sparer jedes Halbjahr noch Anteile im Wert von 30.000 Euro zurückgeben. Dieser Freibetrag ist nun bei Anteilen entfallen, die nach dem 21. Juli gekauft wurden.

Die Einführung von Haltefristen für offene Immobilienfonds wird sowohl von Produktgebern als auch Investoren begrüßt. „Bisher mussten die Fondsgesellschaften für diese Fondskategorie stets viel Liquidität vorhalten, um die Wünsche der Anleger zu bedienen. Das hat die Effizienz und insbesondere die Rendite der Fonds deutlich eingeschränkt. Durch die neuen Vorgaben verlieren offene Immobilienfonds aus unserer Sicht nicht an Attraktivität", erklärt Thomas Ledermann, Geschäftsführer der Börse Hamburg.

Wie den Zahlen des Branchenverbands BVI zu entnehmen ist, summierten sich die Investments in offene Immobilienfonds in den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres auf 2,1 Mrd. Euro. Im Vergleich dazu zogen Anleger aus Aktienfonds und Geldmarktfonds Gelder ab. „Die überwiegende Mehrheit von 76 % deutscher Anleger priorisiert bei offenen Immobilienfonds eindeutig sicherheitsorientierte Fondsmodelle. Diese geänderte Einstellung der Anleger ist nach Einschätzung des Institute of Marketing Research (IMR) offensichtlich eine Reaktion auf die im Jahr 2008 durch die Lehman-Pleite entstandene Krise zahlreicher offener Immobilienfonds", sagt Michael Birnbaum, Pressesprecher der KanAm Grund. Keine Einzelmeinung, wie die Bewertung der Regularien durch Dr. Georg Allendorf, Managing Director Deutsche Asset & Wealth Management, unterstreicht: „Die neuen Regelungen dienen vorrangig dem Schutz des Anlegers. Wenn Anteile mindestens zwei Jahre gehalten werden und die Rückgabe zwölf Monate vorher angekündigt werden muss, hat das Fondsmanagement eine wesentlich höhere Planungssicherheit hinsichtlich der benötigten Liquidität im jeweiligen Fonds und kann eine noch effizientere und nachhaltigere Planung und Steuerung der Liquiditätsbasis realisieren."

OIFs profitieren derzeit auch vom aktuellen Mangel an Anlagealternativen, zumal sie eine Rendite von durchschnittlich 2 bis 3 % abwerfen, womit sie wie etwa das klassische Sparbuch ausstechen. Auch an einer anderen Stelle hat sich offensichtlich etwas getan; die institutionellen Investoren, die ihr Geld in der Finanzkrise abgezogen hätten, seien im Wesentlichen raus, stellte Wolfgang Kubatzki, Mitglied der Geschäftsführung der Feri EuroRating, in einem Interview fest. Zum Stichtag Ende Juni waren nach Angaben des BVI noch vier OIFs eingefroren (Volumen ca. 1,6 Mrd. Euro), 11 Fonds (Volumen ca. 17 Mrd. Euro) werden weiter abgewickelt. Das gesamte in offene Immobilien-Publikumsfonds verwaltete Vermögen beträgt aktuell rund 82 Mrd. Euro.

Zielgruppenfokussierte Produkte. Aktuell sind die Produktgeber damit beschäftigt, sich neu zu positionieren. Die Nettomittelzuflüsse der vergangenen Monate befeuern die positive Grundstimmung in der Branche. „Wir erwarten durchaus, dass es in der Branche aus unterschiedlichsten Gründen zur Neuauflegung von Produkten kommen wird. Die neuen Regelungen ändern nichts an dem Grundkonzept des offenen Immobilienfonds. Er ist dann ein gutes Produkt, wenn er seine Anlagen ausreichend antizyklisch streut, einen guten Bestand hat und über eine gewisse Größe verfügt", kommentiert Torsten Knapmeyer, Geschäftsführer der Deka Immobilien und der WestInvest. Der Wettbewerber KanAm Grund hat den Reigen neuer Produkte eröffnet. „Die Zukunft der offenen Immobilienfonds hat begonnen", so leitete die Frankfurter Kapitalanlagegesellschaft ihre Ankündigung für das neue Produkt im Juli ein. Der Fonds heißt Leading Cities Invest; Gewerbeimmobilien in den großen Metropolen dieser Welt sind das Ziel des aufgelegten Fonds und er soll ab dem vierten Quartal 2013 vertrieben werden. Dass die Fonds künftig stärkere Unterscheidungsmerkmale aufweisen werden, sehen viele Branchenkenner. Barbara Knoflach, Vorstandsvorsitzende der SEB Asset Management AG, bemerkt: „Die Produkte der Zukunft werden zielgruppenspezifischer und spezialisierter sein. Sie werden sich stärker auf bestimmte Segmente fokussieren und sich insgesamt in einer kleineren Größenordnung bewegen – sowohl was die Größe der Fonds als auch die Zielinvestments angeht." Dies könnten beispielsweise OIFs nur für Wohnimmobilien oder zielgerichtet Büros in spezieller Lage sein. Andere Anbieter sind bezüglich Auflage neuer Produkte noch zurückhaltend. DeAWM-Experte Dr. Allendorf verweist auf den beiden global und Europa weit investierenden Fonds, mit denen man sich momentan gut aufgestellt fühle.

Die unabhängige Ratingagentur Scope hat im Juni alle relevanten offenen Immobilienfonds in Deutschland einer Bewertung unterzogen. Im Vergleich zum Vorjahr konnten sechs Fonds ein besseres Ergebnis erzielen. Bei drei Fonds verschlechterte sich das Rating, vier Fonds-Ratings blieben unverändert. Zwei Fonds – KanAm Spezial grundinvest Fonds und Wertgrund Wohn-Select D – wurden erstmalig bewertet. Neben den Kriterien Vermietungs- und Liquiditätsquote flossen weitere Parameter wie Objektalter, Länderrisiko und die Bewertung der Asset Management-Qualität in die Analyse ein. Laut Scope ist der beste Europa-Fonds für Privatinvestoren derzeit der grundbesitz europa mit AA-. Der Fonds schnitt vor allem bei der Bewertung des Immobilienportfolios sehr gut ab.

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Fazit**

Nach der Gesetzesreform müssen sich alle Marktteilnehmer auf die „neue" Zeit einstellen. Offene Immobilienfonds bleiben ein Anlagevehikel, um sich mit kleinen Beträgen an professionell gemanagten Immobilieninvestments zu beteiligen. Gemessen an den Mittelzuflüssen der letzten Monate und den aktuellen, neuen Produkten kann vom Ende der OIFs nicht die Rede sein – im Gegenteil.

(Alexander Heftrich)

Offene Immobilienfonds - Printausgabe 05/2013