Was ist Ihre Lebensleistung wert?
25.07.2013
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Das Durchschnittsalter deutscher Makler liegt bei über 50 Jahren. Ein Generationswechsel steht an – viele „alte Hasen" werden in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen. Weniger Nachwuchs bedeutet Konzentration auf weniger Nachfolger, Maklerbestände werden zusammengeführt.
Für die eigene Ruhestandsplanung ist es der Wert des Maklerbestands, der den Großteil der eigenen Altersvorsorge ausmacht. Eine professionelle, belastbare Bewertung wird mit darüber entscheiden, ob beim Verkauf ein möglichst hoher Erlös erzielt wird. Für einen potenziellen Erwerber gilt, dass er nicht übervorteilt werden will.
Der Wert des Maklerunternehmens liegt im Bestand, also in der Summe aller Versicherungen, die insgesamt vermittelt wurden. Daraus erhält der Makler Abschluss- und Folgeprovisionen, also einen teilweise über viele Jahre regelmäßig fließenden Cashflow. Hinzu kommt, dass er persönlichen Zugang zum Kundenstamm hat: Darin liegt ein großer Wert für Folge- und Neuabschlüsse.
Wie aber lässt sich ein Wert des Maklerbestandes für den Verkauf bestimmen? Der externe Gutachter macht einen Verkauf einfacher und für alle Seiten transparenter. Kernaufgabe ist es, die gesamten Cashflows des Bestandes aus Provisionen und Folgeprovisionen der Zukunft auf Basis aller bestehenden Verträge zu bestimmen und zu bewerten. Der ermittelte Wert wird mittels Abzinsung verbarwertet, d. h. alle Cashflows der Zukunft auf hier und heute bewertet. Ein spezialisierter Gutachter ist in der Lage, weitere Faktoren zu berücksichtigen, z. B. Risiken, die im Bestand selbst liegen. Ein typisches Beispiel wäre das Klumpenrisiko, wenn eine Vielzahl von Versicherungen bei ein und demselben Versicherungsnehmer (z. B. ein Unternehmen und die Unternehmerfamilie) platziert sind – würde dieses Bündel von Verträgen gekündigt, verlöre der Bestand sofort massiv an Wert. Auch sich abzeichnende rechtliche Änderungen, die – negativ oder positiv –Einfluss auf den Wert des Bestandes haben können, werden von einem spezialisierten Gutachter erkannt und berücksichtigt. Anstelle eines Wulstes von Einzelverträgen haben Käufer und Verkäufer eine unabhängig ermittelte, in allen Details nachvollziehbare Bewertung, auf deren Basis sie handelseinig werden können.
Die Maklerbestands-Bewertung ist jedoch keine Unternehmensbewertung – die sonstigen Umstände des Betriebes gehen in die Bewertung nicht ein. Ein Gutachter wird in der Regel nicht ohne gesonderten Auftrag prüfen, ob im Bestand Beratungsfehler vorliegen, ob Beratungsprotokolle vollständig erstellt und in rechtlich tragfähiger Form vorliegen. Für einen potenziellen Erwerber bietet es sich an, diese Leistung, zusätzlich zu der Maklerbestands-Bewertung, in Auftrag zu geben, denn er übernimmt beim Erwerb auch Haftungsrisiken. Dies gilt umso mehr, wenn das Maklerunternehmen im gleichen Rechtsmantel geschlossene Fonds vermittelt hat, die eventuell auf wackeligen Füßen stehen. Ein Erwerber eines Maklerunternehmens kann durch den Gutachter zusätzlich auch Hinweise auf bestehende Gefahren und die Wege der Vermeidung einer Umdeckung von Beständen erhalten – wenn Bestand umgedeckt wird und Vertriebskraft das Unternehmen verlässt, so hat er nichts als eine hohle Schale erworben.
Im Sinne eines Erwerbers sollte sichergestellt werden, dass nach Übergang des Bestandes keine Bedenken hinsichtlich einer kontraproduktiven Tätigkeit des Verkäufers erfolgen – auch im Sinne einer Umdeckung auf neue Rechnung. Solche Bedenken würden den Wert eines jeden Bestandes rasant vermindern. Der Gutachter dient hier als die Interessenausgleichender, unabhängiger Mediator.
Die Dauer der Maklerbestands-Bewertung hängt von der Größe des Bestandes und der Qualität der internen Organisation ab: Bei einem klassischen Vier-Personen-Maklerbetrieb mit erstklassiger Organisation der Dokumente dauert sie rund eine Woche. Bei größeren Unternehmen ist, auch unter Berücksichtigung der Aufbereitung der Dokumentation, von längeren Zeiträumen auszugehen.
Die Notwendigkeit einer unabhängigen Bestandsbewertung folgt nicht nur aus dem hohen Durchschnittsalter deutscher Makler: Viele Häuser mit drei bis vier Mitarbeitern sind auf Dauer kaum noch überlebensfähig, da sie die verwalterischen und rechtlichen Anforderungen kaum mehr erfüllen und profitabel arbeiten können. Die Tendenz geht hier zum Zusammenschluss mit anderen Maklern. Dabei will jeder der zukünftigen Partner wissen, welchen Wert er selbst und der jeweils andere einbringen und nach welchem Schlüssel die Gewinne später verteilt werden. Für ein Unternehmen sind seine Bestände darüber hinaus eine Sicherheit bei der Kreditaufnahme, jedoch nur, wenn diese Sicherheit für die Bank bewertbar ist. Der Gutachter schafft hier für den Kreditgeber Transparenz, ohne die ein Darlehen kaum zu erhalten sein wird.
Ein Sonderfall ist der Bestandsübergang innerhalb der Familie. Hier ist der Wunsch nach einer objektiven Bewertung durch einen unabhängigen Dritten, um Streit über den Kaufpreis zu vermeiden, mehr als verständlich. An diesem Punkt haben sich schon viele Familien heillos zerstritten; in solchen Fällen wirkt das Gutachten wie ein befreiender Schiedsspruch.
**Auf Käuferseite suchen primär größere Häuser nach Beständen, um ihr Wachstum zu befördern, denn Anwerben von Nachwuchs ist schwierig geworden. Nachwuchs kann auf diese Weise gelockt werden, denn er hat durch die Pflege übernommener Bestände sofort eine „Basis-Einkommensgarantie".
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Wie immer ist ein Kaufpreis reine Verhandlungssache zwischen Käufer und Verkäufer, er wird nicht durch die Maklerbestands-Bewertung zementiert. Aber: Ohne eine nachvollziehbare Bewertung des Verkaufsobjektes „Maklerbestand" wird es kaum zu einem Abschluss kommen, höchstens mit massiven Risikoabschlägen zu Ungunsten des Verkäufers.
Für den Makler heißt es, mehrere Jahre vor dem geplanten Ruhestand mit den Vorarbeiten für die Bestandsübertragung zu beginnen, um einen maximalen Wert zu erzielen. Eine geordnete Vorbereitung und ein transparentes, unabhängiges Wertgutachten in Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Gutachter können einen hohen Mehrertrag beim Verkauf erbringen.
(Professor Dr. Hans-Wilhelm Zeidler)