Was bringt die zweite Jahreshälfte 2015?

30.06.2015

Björn Siegismund

Obwohl sich die Aktienmärkte in der Eurozone aufgrund der Sorgen um einen „Grexit" seit April in einer Konsolidierung befinden, liegt der Performanceindex DAX aktuell im Spitzenfeld der wichtigen globalen Indices. Ein Trend auch für die zweite Jahreshälfte?

Geringer Treibstoff für weiter steigende Aktienmärkte

Grundsätzlich gibt es drei Treiber für steigende Aktienmärkte: günstige Bewertungen, solides Wachstum und expansive Liquidität. Angefangen mit der Liquidität ist eine große Divergenz zwischen den Wirtschaftsräumen zu beobachten. Während die EZB und Bank of Japan die Märkte mit Liquidität fluten (die EZB wird mindestens 1,14 Billionen Euro über Staatsanleihekäufe dem Markt zuführen - fast so hoch, wie das gesamt Bruttoinlandsprodukt Spaniens), bereitet die US-amerikanische Zentralbank FED eine Zinserhöhung in 2015 vor. In Summe bleibt damit die globale Liquidität weiter hoch, sinkt aber im relativen Vergleich. Insbesondere für die US-Wirtschaft bedeutet dies Gegenwind.

Wachstum bleibt mau

Der Internationale Währungsfonds prognostiziert für 2015 ein globales Wachstum von 3,5% und im Folgejahr von 3,8%. Die USA soll mit 3,1% die weltweite Konjunkturlokomotive sein, während die Eurozone wieder einmal mit 1,5% hinterherhinkt. Zahlen, die zusammen genommen ein positives Bild aufzeigen, aber mit Vorsicht zu genießen sind. Denn das Wirtschaftswachstum nach Ausbruch der Finanzkrise wurde durch massive Kreditausweitung der einzelnen Staaten und nie dagewesene monetäre Unterstützung der Zentralbanken finanziert. Trotzdem fiel das Wachstum im historischen Vergleich sehr gering aus. Ob daraus in den USA schon ein selbsttragender Aufschwung geworden ist, wie viele Analysten glauben, bleibt abzuwarten. Zusätzlich droht der konjunkturelle Gegenwind aus starkem US-Dollar und restriktiverer Geldpolitik für eine Enttäuschung zu sorgen. Erste Anzeichen geben die schwachen Zahlen der US-Industrieproduktion, die sich seit Jahresbeginn in einem Abwärtstrend befinden.

In der Eurozone werden die expansive Zinspolitik der EZB und der schwache Euro konjunkturell stützend wirken, aufgrund struktureller Probleme mehrerer Euro-Mitgliedsstaaten bleibt das Wachstum aber auch hier im historischen Vergleich unterdurchschnittlich. Wir gehen – trotz der jüngsten dramatischen Entwicklung in Griechenland - davon aus, dass die Ausstrahleffekte auf die übrigen Peripheriestaaten wie Portugal und Spanien begrenzt bleiben werden. Anders als im Jahr 2011 steht die EZB mit ihrem juristisch gestärkten Waffenarsenal bereit, einen Flächenbrand in der Eurozone zu verhindern. Jedoch führt die Unsicherheit über die weitere Entwicklung auch hierzulande dazu, dass Unternehmen mit Zurückhaltung bei Investitionsausgaben reagieren.

Bewertungen eher teuer als billig

Das zyklisch adjustierte Kurs-Gewinn-Verhältnis (Shiller KGV) des US-amerikanischen Leitindex S&P 500 liegt aktuell über 27. Das ist ein Wert, der in den letzten 130 Jahren nur zwei Mal überschritten wurde: 1929 vor der Weltwirtschaftskrise und 1999/2000 vor dem Platzen der Dotcom-Blase. Derartige Bewertungen mahnen zur Vorsicht, liegt doch historisch die reale Renditeerwartung in den Folgejahren deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt. In Europa sind die Aktien im Vergleich dazu günstig bewertet – hier liegt das Shiller-KGV ungefähr im langjähren Durchschnitt.

In diesen Tagen ist vielfach zu lesen, dass deutlich höhere Bewertungen angesichts des Niedrigzinsniveaus gerechtfertigt sind. Wir halten diese Sichtweise für gefährlich. In der Vergangenheit hat dies über kurz oder lang stets zu schmerzhaften Kursrückgängen geführt, wenn der Traum einer schönen, neuen Welt zerplatzt ist.

USA eher defensiv - Europa noch offensiv

In unserem Zyklusmodell, welches auf stabilen Zusammenhängen der Zins- und Börsenentwicklung beruht, mehren sich die Anzeichen einer späten Phase des Konjunktur- und Börsenzyklus in den USA. Die mehrjährige Aktienmarktrally nähert sich dem Ende. Momentan stützt noch das Wachstum der USA eine positive Aktienkursentwicklung. Die Faktoren Bewertung und Liquidität sprechen aber gegen eine Übergewichtung der US-amerikanischen Aktien. Spätestens bei ersten Zinsschritten der US-Notenbank sollte defensiv in diesem Markt agiert werden. Spiegelbildlich ist der US-Anleihemarkt zu sehen, wo die Renditen bei aufkeimenden Konjunktursorgen sinken dürften.

In Europa, die der US-Entwicklung hinterherhinkt, dürfte sich - dank EZB Unterstützung und schwachem Euro - der Aktienmarkt in der zweiten Hälfte 2015 noch weiter positiv entwickeln. Die Lage in Griechenland kann zwar eine erhöhte Schwankung der Märkte verursachen, letztlich die Entwicklung in der Eurozone jedoch nicht nachhaltig beeinflussen. Weiterhin negativ sind wir für deutsche Bundesanleihen gestimmt. Deren Renditen dürften sich angesichts steigender Inflationszahlen nach oben bewegen.

Björn Siegismund Chief Investment Officer der LARANSA Private Wealth Management GmbH