US-Technologiewerte – geht die Wette noch auf?
08.08.2024
Dr. Markus C. Zschaber, Gründer, V.M.Z. Vermögensverwaltungsgesellschaft / Foto: © V.M.Z. Vermögensverwaltungsgesellschaft, Dr. Markus C. Zschaber mbH
Die „Big Seven“ stehen schon seit geraumer Zeit im Fokus der Anleger. Kein Wunder, sind Nvidia, Meta & Co doch in den vergangenen Monaten kräftig gestiegen – und zwar nicht nur die Kurse, sondern auch deren Bewertungen. Was weiterhin für US-Technologiewerte spricht und worauf Anleger nun achten sollten.
Wie groß – falls überhaupt vorhanden – ist die Blase am Technologiemarkt? Eine Frage, die sich leider nicht einfach so beantworten lässt. Tatsache ist: Die US-Technologiewerte, allen voran die „Big Seven“ – also Alphabet, Amazon, Apple, Meta, Microsoft, Nvidia und Tesla – haben in den zurückliegenden Monaten zum Teil kräftig zugelegt. Allein der Chiphersteller Nividia etwa ist in den letzten sechs Monaten um rund 150 Prozent gestiegen. Der S&P 500 kommt hingegen „nur“ auf einen Zuwachs von rund 20 Prozent. Also eine Blase?
Was US-Technologiewerte mit Tulpen gemeinsam haben könnten
Oder vielleicht doch nicht. Von einer Blase spricht man am Aktienmarkt, wenn sich die Kurse vom realen Geschehen in der Wirtschaft quasi abkoppeln und viel stärker steigen als das die unternehmerischen Daten hergeben. In der Vergangenheit gab es bereits einige Blasen, die stets im Unglück mündeten. Die Tulpenblase im 17. Jahrhundert etwa. Damals wurden am holländischen Tulpenmarkt Zwiebeln für 10.000 Gulden und mehr gehandelt. Für damalige Verhältnisse waren das ungeheuerliche Preise, die mit dem eigentlichen Wert der Zwiebel nichts mehr zu tun hatten. Die Tulpenzwiebel war zum Statussymbol geworden, mit dem sich die Schönen und Reichen schmückten. Die Folge: der Tulpencrash. Bei einer Zwiebelauktion im Jahr 1637 fanden sich nicht genug Käufer, die die grotesken Preise zahlen wollten. Die Auktion platzte, die Preise für die Zwiebeln stürzten ab und führten zum größten Crash aller Zeiten. Viele Spekulanten verloren Hab und Gut. Oder die berühmte Dotcom-Blase um die Jahrhundertwende. Weil das Wachstum des Internets grenzenlos schien, kletterten die Aktien der Technologieunternehmen in den 1990er-Jahren unaufhörlich. Das war weltweit so, aber vor allem an der Technologiebörse Nasdaq in den USA. Im März 2000 war es dann soweit. Die Käufer streikten, die Aktien fielen. In mehreren Schwüngen ging es abwärts, bis ins Jahr 2003. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Nasdaq Composite Index gefünftelt. Und das war noch moderat, einzelne Werte brachen um 90 Prozent und mehr ein, viele Aktien verschwanden sogar völlig vom Kurszettel, weil die Unternehmen Konkurs meldeten.
Kursanstiege der US-Technologiewerte sind nicht aus der Luft gegriffen
Zurück in die Gegenwart. Droht uns nun eine neue Blase, die platzt? Allzu viel spricht nicht wirklich für solch ein Szenario. Auf der einen Seite ist klar, die Kurse einzelner Technologieaktien der Big Seven sind stark gestiegen. Auf der anderen Seite haben sie sich aber nicht völlig vom realen Geschehen in der Wirtschaft abgekoppelt. Das zeigen die Bewertungen. Die sieben größten US-Technologiewerte werden derzeit mit einem durchschnittlichen Kurs-Gewinn-Verhältnis für die erwarteten Gewinne der kommenden 24 Monate von rund 29 gehandelt. Das ist recht ambitioniert, aber nicht zu viel. Zum Höhepunkt der Dotcom-Blase brachten es die damaligen Börsenlieblinge auf ein durchschnittliches KGV von 60, also etwa doppelt so hoch wie derzeit.
US-Technologiewerte bieten nach wie vor auf lange Sicht attraktive Chancen
Hinzu kommt: Die heutigen Technologieunternehmen arbeiten viel profitabler. Während der Dotcom-Blase waren Gewinne quasi schon fast verpönt, je höher das Minus, desto reizvoller für die Anleger. Die Big Seven hingegen haben ihre Gewinne und Umsätze in den zurückliegenden drei Jahren um durchschnittlich 39 beziehungsweise 24 Prozent jährlich steigern können. Die Kursanstiege der US-Techaktien sind also bei dem einen oder anderen Wert nicht aus der Luft gegriffen.
Fakt ist: Einige der „Big Seven“ bieten auf lange Sicht weiterhin attraktive Renditechancen, wir favorisieren weiterhin Alphabet, Amazon und Microsoft. Dies bedeutet aber nicht, dass die Kurse zwischenzeitlich nicht auch mal Luft holen können. Dann geht es vor allem darum nicht in Unruhe zu verfallen, sondern die Ruhe zu bewahren – vor allem, wenn auf die richtigen Unternehmen gesetzt wurde! Ein Durchatmen, so dass die Fundamentaldaten die Chance haben, weiter gegenüber den Börsenbewertungen aufzuschließen, ist eine ganz normale langfristige Erkenntnis. An sich vergleichbar mit einer Verschnaufpause wie bei einer längeren Wanderung, bevor es weitergeht. Zudem bieten sich Kursdellen an, um aussichtsreiche Werte günstig nachkaufen zu können – und somit den Grundstein für eine langfristig zufriedenstellende Rendite zu erzielen.
Auf der Suche nach Alternativen zu den US-Technologiewerten
Anleger können sich immer auf die Suche nach Anlagechancen machen, also auch weiterhin die großen US-Technologiewerte die von Themen wie Künstliche Intelligenz, Big Data, Internet der Dinge oder Mobilität profitieren. Es gibt Einige die noch nicht so im Fokus standen und Bestehende, die weiterhin sehr gefragt sein werden. Dass solche Unternehmen existieren – und zwar nicht nur an der US-Börse, sondern auch in Europa –, steht außer Frage. Die Kunst besteht nun aber zum einen darin, diese Anlagen zu identifizieren und im zweiten Schritt zu analysieren, ob sie zur persönlichen Risikoneigung des jeweiligen Anlegers passen.
Marktkommentar von Dr. Markus C. Zschaber, Gründer der V.M.Z. Vermögensverwaltungsgesellschaft in Köln.