Stühlerücken im Nutzungsartenranking
08.12.2023
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Das Transaktionsvolumen am deutschen Immobilieninvestmentmarkt im November lag bei ca. 4,2 Mrd. Euro und war damit der umsatzstärkste Monat seit Dezember 2022. Maßgeblich verantwortlich für das herausstechende Volumen waren allerdings vier Transaktionen, auf die rund drei Viertel des Volumens entfielen. Dabei handelt es sich um die Beteiligung eines Investorenkonsortiums um MEAG, DigitalBridge und Infranity an einem Rechenzentrenportfolio, die Beteiligung an einem Wohnportfolio der Vonovia durch Apollo, den Erwerb von Vonovia-Objekten in Berlin durch CBRE IM sowie um mehr als 50 Nahversorgungsimmobilien im Zuge der Übernahme der GRR durch Garbe. Blickt man auf die Zahl der Transaktionen im November, ist keine spürbare Belebung des Marktes erkennbar und auch kein Anzeichen für eine diesjährige Jahresendrallye.
So haben wir im vergangenen Monat 75 Transaktionen erfasst und damit weniger als in den beiden vorherigen Monaten. Auch das Monatsmittel des laufenden Jahres von 88 Transaktionen wurde leicht unterschritten. Die größten Transaktionen im November sind ein Stück weit symptomatisch für die Entwicklung am Immobilienmarkt im bisherigen Jahresverlauf. Gemessen am Transaktionsvolumen konnten Wohnimmobilien im bisherigen Jahresverlauf mit einem Anteil von 25 % wieder den ersten Platz erobern und Büroimmobilien hinter sich lassen. Bemerkenswert ist, dass auch Handels- und Industrieimmobilien (19 % bzw. 16 % Volumenanteil) an Büros vorbeigezogen sind und die ehemals umsatzstärkste Nutzungsart mit einem Volumenanteil von nur noch etwas mehr als 14 % auf den vierten Platz verweisen.
Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr entfielen auf
Büroimmobilien noch etwa 31 % des Volumens. Zwar muss abgewartet werden,
ob der Dezember noch zu einem Platzwechsel im Nutzungsartenranking führt, doch
schon jetzt lässt sich feststellen, dass sich die relative Bedeutung der
einzelnen Nutzungen im Jahr 2023 merklich verschoben hat. Die Gründe hierfür
liegen unter anderem in der ungleich ausgeprägten Verkaufsbereitschaft der
Eigentümer, die zu der unterschiedlichen Liquidität der Nutzungen führt.
Bei Logistikimmobilien
und Lebensmittelmärkten können immer noch viele Eigentümer mit
Kapitalwertgewinnen verkaufen, weil eine starke Renditekompression und deutlich
steigende Mieten in diesen Segmenten erst relativ spät einsetzten.
So gingen die Kapitalwerte vor allem von Anfang 2021 bis zur Zinswende signifikant nach oben. Bei Büroimmobilien müssten, trotz ebenfalls gestiegener Mieten, deutlich mehr Eigentümer niedrigere Kapitalwerte bei einem jetzigen Verkauf hinnehmen, denn der Anstieg der Kapitalwerte hat bei Büros etwa fünf Jahre früher eingesetzt und verlief insgesamt stetiger. Dementsprechend haben am Büromarkt anteilig mehr Investoren zu höheren Einstandspreisen eingekauft, so dass die Verkaufsbereitschaft derzeit gering ist.
Ein weiterer Aspekt, der zum Stühlerücken im Nutzungsartenranking beitragen dürfte, sind unterschiedliche Entwicklungsperspektiven an den Nutzermärkten. Bei Wohnimmobilien sind Mietrückgänge praktisch auszuschließen und die Angebotsknappheit ist größer denn je. Auch bei Nahversorgungsimmobilien ist die Nachfrage der Lebensmittelhändler sehr robust und neue Märkte sind schwierig und nur zu hohen Kosten zu realisieren. Das erhöht die Wertigkeit bereits bestehender Immobilien und steigert die Wahrscheinlichkeit von Anschlussvermietungen und Mietsteigerungen. Am Logistikmarkt trübt sich die Stimmung konjunkturell bedingt zwar etwas ein, langfristig sprechen jedoch viele Indikatoren für einen steigenden Logistik- und mithin Flächenbedarf. Demgegenüber befindet sich der Bürovermietungsmarkt in einem strukturellen Wandel. Durch die voranschreitende Entwicklung hin zu einer Hybridarbeitswelt verändern sich die Präferenzen für Lagen und Flächen. Der absehbar geringere Flächenbedarf dürfte die Büromärkte zwar nicht destabilisieren, führt aus Sicht von Investoren aber zu einem immer noch schwer einzuschätzenden Risiko und somit zu größerer Zurückhaltung. (ml)