Showdown in Washington
03.03.2025
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finanzwelt-Redakteur Stefan Gehrke. Foto: @ fw
Mit ungläubigem Entsetzen haben die Menschen in Europa auf den bemerkenswerten Termin des ukrainischen Präsidenten Selensky im Weißen Haus reagiert. Was eigentlich als Gespräch um Rohstoffabkommen und einen möglichen Waffenstillstand geplant war, artete zu einem Eklat mit Beleidigungen, Unterstellungen und Drohungen aus – vor laufenden Kameras und damit vor den Augen der Weltöffentlichkeit.
Wenn sich Trump und sein nassforsch auftretender Vize Vance zunächst über die Garderobe ihres Gastes lustig machen, dann aus dem Nichts den Vorwurf der „Respektlosigkeit“ hervorzaubern und schließlich ihm in klassischer Täter-Opfer-Umkehr das Anzetteln eines dritten Weltkrieges vorwerfen, dann bemerkten nicht nur die politischen Kommentatoren: Hier handelt es sich um einen Polit-Stunt, einen gescripteten Streit, um Selensky und sein Land zu diskreditieren. „Die Szene gestern im Weißen Haus ließ mir den Atem stocken. Nie hätte ich geglaubt, dass wir einmal die Ukraine vor den USA in Schutz nehmen müssen“, sagte der deutsche Bundespräsident Steinmeier. Dagegen reagierte der Kreml in gewohnt aggressiver Art: „Eine brutale Standpauke im Oval Office. Trump sagte dem Kokain-Clown erstmals die Wahrheit ins Gesicht. Das undankbare Schwein bekam von den Besitzern des Schweinestalls eine kräftige Ohrfeige.“ Friedensverhandlungen klingen irgendwie anders.
Die US-Regierung hat nun also durch den Selensky-Rausschmiss das Tischtuch in der Beziehung zu Europa zerschnitten. Zwar bemühte sich der alte Kontinent noch schnell per Sonder-Gipfel um Schadensbegrenzung und demonstrierte eine Art Zusammenhalt, doch die politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Kluft ist größer als je zuvor. Und dies alles vor dem Hintergrund eines andauernden Krieges, amerikanischer Einfuhrzölle, Migrationsdebatten und eines kräftigen Rechtsrucks in nahezu jedem europäischen Land.
Die Folgen für die deutsche Wirtschaft sind unabsehbar. In Zeiten einer anspruchsvollen Regierungs-Neubildung werden die Themen Sicherheitskonzepte, Militärausgaben und europäische Zusammenarbeit in den Vordergrund rücken müssen – schon jetzt geht man in Berlin von neuer Schuldenaufnahme und Sondervermögen aus. Übrigens: Am Tag des Selensky-Eklats hat an der Börse der Euro zum Dollar klar an Boden verloren. Die europäische Gemeinschaftswährung kostete am Abend 1,0367 US-Dollar, nach 1,0417 am späten Nachmittag. (sg)
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Finanzbildung ist Zukunftssicherung
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