Selbstständige erhohlen sich leicht
08.12.2022
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Vier Monate hintereinander verzeichnete der Jimdo-ifo Geschäftsklimaindex* Negativrekorde. Nun geht der Index wieder leicht aufwärts. Das Geschäftsklima der Selbstständigen hat sich wie in der Gesamtwirtschaft etwas erholt.
„Bei den Selbstständigen hat sich die Geschäftslage zum Vormonat hin verbessert (plus 1,8
Punkte). Das steht im Gegensatz zur Gesamtwirtschaft. Bei den Geschäftserwartungen ist es die Gesamtwirtschaft, bei der die Verbesserung stärker ausgeprägt ist (minus 40 Punkte versus minus 32,2 Punkte). Die Unsicherheit hat zwar auch bei den Kleinen etwas abgenommen, liegt aber weiterhin auf hohem Niveau und über der Gesamtwirtschaft”, erklärt Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo-Umfragen.
Schere beim Geschäftsklima zwischen Gesamtwirtschaft und Selbstständigen trotzdem größer
Eine echte Kehrtwende in der angespannten Lage der Solo-Selbstständigen und Kleinstunternehmen sieht Matthias Henze, CEO und Mitgründer von Jimdo, noch
nicht: „Es ist erleichternd, dass es bei den Solos die laufenden Geschäfte sind, sprich
die realen Umsätze, die sich endlich erholt haben – und das entgegen der
Erwartungen und nach fünf Monaten Talfahrt! Diese positive Trendwende gibt
Hoffnung und zeigt wieder einmal, dass die Selbstständigen auch in schwierigen
Zeiten das Ruder mit eigener Kraft rumreißen können. Trotzdem dürfen wir nicht
übersehen: Die Geschäftslage der Selbstständigen liegt weiterhin im negativen
Bereich und deutlich unterhalb dem Niveau der Gesamtwirtschaft. Bei den Großen
sind es plus 12,3 Punkte. Die Hoffnung auf ein gutes Weihnachtsgeschäft ist groß.”
Beim Geschäftsklima insgesamt hat sich der Abstand zwischen der Gesamtwirtschaft und
den Selbstständigen im Vergleich zumVormonat sogar vergrößert von 9,8 Punkten im Oktober auf 10,3 Punkte im November.
Das Geschäftsklima berechnet sich aus der Lage und den Erwartungen. Entsprechend sieht sich im November weiterhin fast ein Fünftel der Selbstständigen in der Existenz bedroht. 19,4 Prozent sind es bei den Kleinen (versus 19,7 im Vormonat), während es in der Gesamtwirtschaft nur 7,9 Prozent sind (versus 7,5 Prozent im Vormonat).
Dr. Andreas Lutz, Vorstandsvorsitzender des VGSD e.V (Verband der Gründer und
Selbstständigen Deutschland) fordert daher endlich Entlastungen: „Ein wichtigesSignal wäre, dass die Solo-Selbstständigen in Hinblick auf die Inflationsausgleichprämie gleich behandelt werden, also ebenso wie Angestellte und Beamte bis zu 3.000 Euro steuer- und sozialabgabenfrei erhalten können. Vor allem sollte nun endlich die Umsetzung des Koalitionsvertrags in Angriff genommen werden, z. B. eine faire Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge und eine wirksame Reform des Statusfeststellungsverfahrens. Bei einer weiteren Verschärfung der Lage sollte über eine Verlängerung der Neustarthilfe nachgedacht werden."
Anpassung und Flexibilität ist wichtiger denn je
Julian Strahberger vertreibt nebenberuflich mit seiner Firma „Clean a Billy” Produkte
zur Oldtimerpflege. Er bestätigt das momentane Missverhältnis zwischen der aktuell
guten Lage seiner Firma und der großen Unsicherheit.
„Wir stehen gerade gut daund wachsen seit unserer Gründung 2021 stetig. Mit unserer Geschäftsidee bedienen wir einen Trend, weil die Nachfrage nach Oldtimern steigt und wir für hohe Qualität stehen. Unsere große Unsicherheit ist der Einkauf, denn die Kosten der
Lieferanten explodieren. Diese Kosten können wir nicht weitergeben, das würde unsere Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Großanbietern bedrohen. Wir bemühen uns um großen Lagerbestand und setzen auf kurze regionale Lieferketten. Gute Netzwerke sind da unglaublich wichtig. Aber unsere Marge muss halt am Ende noch stimmen.”
Anja Fabel von „Schönes schmückt” fertigt in Hamburg Schmuckunikate aus
vorwiegend recyceltem Silber und Edelsteinen. Sie ist momentan zufrieden mit ihrer
Geschäftslage: „Die Nachfrage hat sich verändert und ich habe mich mit ihr verändert. Der Verkauf meines Schmucks ist verhaltener seit September. Aber die Nachfrage nach meinen Schmuckkursen brummt und ich habe mir viele neue Formate überlegt. Bis Ende Januar bin ich komplett ausgebucht, die Teilnehmer*innen haben so einen großen Nachholbedarf nach Austausch und Gemeinschaft. Im Hinblick aufs erste Quartal habe ich trotzdem Fragezeichen. Wenn ab Januar die ersten Nachzahlungen für Strom und Gas ins Haus flattern, müssen die Leute die Gürtel vielleicht enger schnallen und dann fällt Schmuck als erstes weg.” (ml)