Paukenschlag: Die EZB senkt überraschend die Zinsen!

10.11.2013

Wolfgang Juds

**Mit einem kräftigen Paukenschlag überrascht EZB-Chef Mario Draghi die Märkte. Die Europäische Zentralbank hat den Leitzins auf ein historisches Tief von 0,25% gesenkt. Was sind die Gründe und was sind die Auswirkungen für den Anleger? **Wolfgang Juds, Geschäftsführer CREDO Vermögensmanagement GmbH, erläutert die Position.

Vor einer Woche wurde bekannt, dass die Inflationsrate in der Eurozone nur noch 0,7% beträgt. Das ist der niedrigste Wert seit dem Jahr 2009. Damit bleibt die Teuerungsrate deutlich unter dem Zielwert von 2%. Aber es fällt auf, dass die Werte innerhalb der Eurozone sehr unterschiedlich ausfallen. In den südeuropäischen Ländern ist das Wirtschaftswachstum sehr schwach, während in Deutschland die Wirtschaft aufgrund des starken Exports brummt. Hierzulande ist aber die Inflation deutlich höher.

Deshalb war die Zinsentscheidung auch innerhalb der EZB umstritten. Was für die südeuropäischen Ländern einen zusätzlichen Inflations- und Wachstumsimpuls bringen soll, könnte für Deutschland vermutlich zuviel des Guten sein. Aber die EZB muss die gesamte Eurozone im Blick haben, und darf sich nicht nur auf einzelne Länder konzentrieren. Auf der anderen Seite fällt auf, dass sich die EZB zunehmend auf andere Ziele konzentriert und nicht nur die Geldwertstabilität im Blick hat. Mir fällt auf, dass die EZB auch ein starkes Signal zur Ankurbelung der Wirtschaft setzen möchte und zum anderen auch den Wechselkurs im Blick hat. Denn innerhalb von wenigen Minuten nach Bekanntgabe der Zinsentscheidung gab der Euro zum USD deutlich nach und hat sich inzwischen wieder auf 1,34 eingependelt. Die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft hängt auch vom Wechselkurs ab.

Was sind die Auswirkungen? Ich erwarte von der Zinssenkung wenig praktische Impulse. Warum? Die Kreditvergabe der Banken hängt nicht allein vom Zinssatz ab, sondern vor allem von der Kreditwürdigkeit und den Sicherheiten des Schuldners und zum zweiten von der Bereitschaft der Banken, Kredite vergeben zu wollen oder zu können. "Man kann die Pferde zwar zur Tränke führen. Man kann sie aber nicht zwingen, das Wasser zu saufen", so der Ausspruch von John Meynard Keynes, dem bekannten Ökonom und Politiker. Er hat recht. Die Zinssenkung allein wird wenig bewirken. Europa muss vielmehr die angefangenen Reformen voranbringen und eine einheitliche Finanz- und Steuerpolitik sowie einen einheitlichen für die Wirtschaftspolitik in der Eurozone schaffen. Die Zinssenkung der EZB setzt ein deutliches Signal in diese Richtung und zeigt ihre Bereitschaft zum Handeln, wenn es darauf ankommt – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Es bleibt zu hoffen und zu wünschen, dass die Politiker die Botschaft von Mario Draghi verstehen und die richtigen Schlüsse daraus ziehen, denn das Pulver der EZB ist nunmehr weitgehend verschossen.