Nicht den Draht zum Kunden verlieren

21.10.2020

Harald Seliger, Abteilungsleiter Underwriting und Vertrieb bei der R+V / Foto: © R+V

finanzwelt: Wie passen Sie sich den ‚modernen Zeiten‘ tariflich an? Was zeichnet Ihre Tarife aus? Seliger: In Sachen Mehrwert für den Kunden an Leistung in der Autoversicherung gibt es meines Erachtens nur einen Punkt: Die Fahrerschutzversicherung. Wir geben dem Vermittler Chancen und Ansätze, dass er den Kunden beraten kann, auch wenn der Kunde bereits eine gute Basis an Beratung und ganz klare Preisvorstellungen hat. Das machen wir im Moment mit einer Menge an Zusatzbausteinen, angefangen bei den klassischen Schutzbriefen bis hin zu inneren Betriebsschäden und jungen Zusatzfahrern mit vielen Sondereinstufungen, wo der Kunde ganz besondere preisliche Möglichkeiten hat.

finanzwelt: Apropos Flottengeschäft: Es wurde vorhin kurz erwähnt, deswegen würde ich da gerne noch einmal nachhaken: Wieso sind Flottentarife so viel günstiger? Seliger: Das rentiert sich nicht, das ist ein reines Zuschussgeschäft. Der Carsharing-Anbieter DriveNow hat das Zehnfache der Schadenshäufigkeit eines normalen Privat PKW. Das rechnet sich nicht. Die müssten eigentlich um die 7.000, 8.000 Euro Versicherungsprämie bezahlen. Es gibt aber auch sehr gut gemanagte Fuhrparks, z. B. im Firmenkundenflottengeschäft, mit gutem Risk Management und Fahrerschulung. In so einem Fall kann es sein, dass die Versicherungen des Fuhrparks günstiger werden, als der einzelne Privat PKW. Das ist sicherlich aber nicht die Regel. Was hat der Maklermarkt für einen Anteil im Bereich Kfz? 30 % maximal. Ich würde mal behaupten im Bereich Flottengeschäft hat der Maklermarkt einen Anteil von 80 %.

finanzwelt: Wie sehen die neuen Mobilitätskonzepte in Ihrem Haus aus? (Carsharing, Fahrrad, E-Bike etc.) Seliger: Ich würde als Versicherer in Berlin die Filiale schließen, da gibt es nämlich im Endeffekt nix mehr zu tun, dasselbe würde ich auch in Hamburg und Köln tun. Dann bin ich auf dem Land, aufgrund der Immobilienpreise ganz schnell bei der privaten Nutzung, und da würde ich die ganzen Agenturen wieder aufmachen. Professionelle Anbieter machen doch nur da Mobile-Sharing, wo sie Geld verdienen können. Nicht da, wo sie eh aufgrund schwacher Infrastruktur vielleicht eher gebraucht würden. Wenn ich das auf den Makler beziehe, dann gibt es wirklich welche, bei denen ich sage ‚Schuster bleib bei deinen Leisten‘. Das sind diejenigen, die ‚Rund um den Kirchturm‘ das Privatkundengeschäft machen und es wird welche geben, die sich spezialisieren. Das ist zum Beispiel beim Thema Flottenversicherung so: Da gibt es ein extrem erfolgreiches Start-up in Berlin, das risikogebunden vergleicht. Da kann man mit drei Klicks aus 500 Leasingangeboten das Beste rausfinden. Ich würde sagen, da muss auch ein Makler hin. Was die Versicherer derzeit noch nicht können, ist nach BiPRO-Norm standardisierte Schadensabwicklung anzubieten. Das wächst aber. Das ist, glaube ich, auch nochmal für den Versicherer gegenüber dem Vermittler, also dem Pool, ein Differenzierungsmerkmal. Das hat auch nichts mit dem Endkunden zu tun. Das ist nur Service, mit dem sich der Pool von der Konkurrenz absetzen kann. Ein Pool, der keine Struktur, keine Unterdifferenzierung hat, ist für einen Versicherer ein No-go. (lvs)