Mit Vollgas in den Nebel - Sind die deutschen Aktienanleger noch zu retten?
22.09.2021
Heiko Löschen, Vermögensverwalter der GSP Asset management GmbH / Foto: © GSP
In der vergangenen Woche veröffentlichte das Vergleichsportal Verivox die Ergebnisse einer aktuellen Marktforschungsstudie. Grundsätzlich positiv habe ich zur Kenntnis genommen, dass die Anzahl der deutschen Anleger am Aktienmarkt innerhalb der vergangenen 18 Monate von 30 Prozent auf aktuell 47 Prozent angestiegen ist.
Ein vermeintlich gutes Zeichen für die Übernahme von Eigenverantwortung der Deutschen bei der Vermögensbildung und Altersvorsorge. Sehr nachdenklich stimmt mich allerdings die Fachkenntnis der deutschen Aktieninvestoren. Lediglich 30 Prozent haben eine realistische Einschätzung der damit verbundenen Risiken und Chancen. Die Mehrheit der Anleger agiert scheinbar planlos und ohne ausgeprägte Kenntnis der Materie. Dieses halte ich für brandgefährlich!
Was sagen die Profis?
In der vergangenen Woche besuchte ich den Private Banking Kongress in Hamburg. Das größte und aus meiner Sicht qualitativ am besten organisierten Format für die Branche der Banker und Vermögensverwalter. Es gibt für risikolose Anlagen keinen Zins und das wird noch lange so bleiben. Auf der Seite der Aktienmärkte teilt sich die Schar der Experten. Die einen propagieren den Stil des Investierens in Value Aktien. Technologiewerte mit großem Momentum und vor allem die Aktienmärkte in den USA sind zu hoch bewertet. Es ist wieder die Zeit der Value Aktien angebrochen. Den aktuellen Lieblingen drohen fallende Kurse. Die anderen sprachen von neuen Zeiten und davon, dass die alten Bewertungsmaßstäbe keine Anwendung mehr finden sollten. Es geht nicht mehr um lineares Wachstum. Es sind nur noch Unternehmen zu finden, in denen exponentielles Wachstum stattfindet. Darüber hinaus geht an Investitionen in Kryptoanlagen kein Weg vorbei. Wissend, dass von heute auf morgen das investierte Geld weg sein kann.
Ein 7 Grundregeln der Geldanlage an der Börse
Ich persönlich berate seit über dreißig Jahren Menschen rund um das liebe Geld und kann folgende Gedanken dazu konstatieren:
- Welcher Stil auch immer der richtige sein mag. Es ist zu Beginn nie, aber auch wirklich nie klar, wohin die Reise für die jeweiligen Anlagebausteine genau geht.
- Egal welcher Anlagestil gewählt wird, der Anleger sollte sich vorher über seine ganz individuelle Strategie klar sein.
- Eine gut durchdachte Mischung und Kombination aus verschiedenen Anlagebausteinen ist für eine zukunftsgerichtete Risikostreuung und Minimierung von Verlustwahrscheinlichkeiten unerlässlich.
- Die Zusammensetzung der grundsätzlichen Strategie sollte die Bausteine Liquidität, festverzinsliche Wertpapiere unterschiedlichster Stilrichtungen und Währungen, Edelmetalle, Value-Aktien und eine an Zukunftsthemen ausgerichtete Sektorenauswahl (mit exponentiellen Wachstumserwartungen) und gern auch in homöopathischen Dosen alternative Anlageformen wie Edelmetalle, Kryptoanlagen etc. beinhalten.
- Die konkrete Gewichtung der einzelnen Bausteine sollte immer wieder überprüft werden.
- Der rote Faden mit einem auf mehrere Jahre ausgelegtem Anlagehorizont sollte für den Investor sichtbar sein und immer wieder im Fokus der Betrachtung stehen.
- Durch die konsequenten Umsetzung dieser Regeln sind hervorragende Ergebnisse erzielbar.
Geht es auch ohne Plan und Strategie?
Ohne ein durchdachtes Konzept ist der Erfolg der Anlagen in Wertpapieren ausschließlich von Glück und Zufall abhängig. Das kann für einen gewissen Zeitraum funktionieren. Aus meiner Sicht sind der eigenständige Vermögensaufbau und die Altersvorsorge so existenziell wichtig, dass ich diese nicht dem Zufall überlasse.
Der Hype um die Kryptoanlagen
Vor einigen Tagen lernte ich einen Studenten kennen, der für Kryptanlagen regelrecht brannte. Er hat sich gerade an der Gründung einer neuen Kryptowährung beteiligt und im Fachjargon seine Startinvestition von gut 35.000 Euro „geopfert“. Er ging von Renditechancen von mehr als 1.000 Prozent aus, ist sich aber auch des Risikos bewusst, dass alles weg sein kann. Er klärte mich auf, dass man solche Investments nur mit „Fuck you - Money“ tätigen sollte. Ich wünsche ihm Glück und stets einen kühlen Kopf. Mehr möchte ich dazu nicht sagen…
Ich glaube fest daran, dass jedwede Anlage wohl überlegt und strategisch durchgeführt werden sollte. Dies ist aus meiner Sicht und aus meiner Erfahrung der Schlüssel zum Erfolg. Dazu bedarf es Startkapital, eine Strategie und den Mut zu beginnen.
Also: Butter bei die Fische!
Kolumne von Heiko Löschen, Vermögensverwalter der GSP asset management GmbH in Münster
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