Innovation und Risiken: Die Versicherungsbranche 2025

20.01.2025

Foto: René Schoenauer, Director Product Marketing EMEA bei Guidewire Software. © Guidewire

Vom Fortschritt profitieren nicht nur die Guten

Künstliche Intelligenz unterstützt im Zweifelsfall aber nicht nur Versicherer und andere Branchen, sondern auch Kriminelle. Cyber-Risiken werden auch 2025 Versicherer plagen. Vermutlich auch in verstärktem Maße, falls Cyber-Banden die Innovation für ihre Zwecke instrumentalisieren können. Gleichzeitig kann KI aber auch von den Leidtragenden eines Cyber-Events genutzt werden, so könnten sich Erkennung, Reaktionsfähigkeit und die Attribuierung des Angriffs selbst in Zukunft verbessern. Ein ähnliches Bild zeichnet sich beim Versicherungsbetrug ab: Betrüger werden durch KI bei ihrer Tätigkeit unterstützt, während Versicherer bei der Bekämpfung und Erkennung von Betrug durch KI unterstützt werden. Die gute Nachricht ist, dass die ersten Spezialisten-Dienstleister bereits KI-Lösungen für diesen Bereich anbieten.

Eine weitere Herausforderung bei Cyber-Risiken besteht darin, dass weder Experten noch Regierungsstellen einen ausreichenden Überblick zur Risikolandschaft haben, da Cyber-Events nicht immer gemeldet werden: Das Bundeskriminalamt (BKA) schätzt in seinem Bundeslagebild Cybercrime aus dem Jahr 2022 beispielsweise, dass 91,5 Prozent der kriminellen Cyber-Events nicht gemeldet werden.

Mit diesem Hintergrund ist ein möglicher Trend für die Zukunft, dass Versicherer sich in diesem sehr undurchsichtigen Feld auf Prävention fokussieren, statt auf reinen Versicherungsschutz. Durch Dienstleistungen entlang einer Beraterfunktion können Versicherer einen Mehrwert bieten und ihren Kunden dabei helfen, durch verstärkte Resilienz dem Risiko von Cyber-Events zu trotzen.

Wetterextreme und Risikobewertung

Ein weiterer Versicherungsbereich in dem sich zukünftige Versicherungsprodukte diversifizieren könnten, sind Angebote zu Klimarisiken. Prävention kann hier eine unmittelbarere Wirkung entfalten. Denn die große Herausforderung bei Klimarisiken ist für Versicherer weiterhin die Risikoanalyse. Einzelne Objekte bezüglich ihrer Exposition zu Sturmschäden, Überschwemmungen und Waldbränden zu analysieren erfordert möglichst granulare Daten. Bisweilen waren die verfügbaren Daten zu Klimarisiken bei einzelnen Objekten jedoch nur selten granular genug. Ferner war es Versicherern in vielen Gebieten der Welt auch nicht möglich Rückversicherungen für Klimarisiken abzuschließen.

Jedoch kommen immer mehr Technologien und Dienstleister auf den Markt, die Versicherer bei den Herausforderungen des Klimawandels unterstützen. Ein Beispiel sind Dienstleister wie ICEYE, die Satellitenbilder über ein spezielles Radar aufzeichnen und somit auch durch die Wolken einer Sturmkatastrophe hindurchsehen können und eine Echtzeit-Analyse des betroffenen Gebiets ermöglichen. KI-gestützte Datenanalyse, Schadenbearbeitung und Underwriting zusammen mit fortschrittlichen Datenerhebungsmethoden könnten in mittelfristiger Zukunft die Lage für Versicherungsprodukte zu Klimarisiken verändern.

Bis dahin werden Versicherer jedoch eher Mischmodelle, Prävention und Beratung nutzen, um der Nachfrage zur Absicherung gegen Klimarisiken nachzukommen. Um erfolgreich zu sein, wird dieser Wandel erfordern, dass der „Engagement-Gap“ geschlossen wird – denn es muss der Versicherungsnehmer sein, der auf den Versicherer zugeht, um die eigene Exposition zu Klimarisiken und deren Auswirkung zu analysieren und zu schmälern. Weitere Diversifizierungspfade könnten parametrische Ansätze darstellen. Dadurch werden Direktauszahlungen im Katastrophenfall möglich und der Versicherer ermöglicht dem Versicherungsnehmer in einer Notsituation, in der eventuell sämtliches Hab und Gut nicht erreicht werden kann, aktiv zu bleiben und zu handeln.

Nicht überall kann KI den Knoten lösen

Für die nahe Zukunft der Versicherungsbranche werden die Effekte von innovativen KI-Tools für das Underwriting und die Schadenbearbeitung am stärksten auffallen. Gleichzeitig sollten sich Versicherer mittelfristig darauf einstellen, dass hinsichtlich Cyber-Risiken und Versicherungsbetrug sowohl Kriminelle als auch Versicherer selbst vom technologischen Fortschritt profitieren.

Die Herausforderungen bei Klima- und Cyber-Risiken werden Versicherer und Versicherungsnehmer zunächst weiterbegleiten. Bislang löst neue Technologie noch nicht alle Knoten in diesen zwei Risikokategorien, während jedoch neue Dienstleister und Produkte Teilbereiche adressieren. Beratung und die Rolle als Risikopartner bleiben bisweilen die vielversprechendste Methode, um sich der Sorgen der Versicherungsnehmer anzunehmen. Während bei Klimarisiken Mischmodelle attraktiver werden und die Werkzeugkiste für die Risikoanalyse stetig wächst. Somit dürfen Versicherer sich nicht in Technik verrennen, denn die menschliche Komponente ihres Geschäfts bleibt weiterhin eine zentrale Dimension ihrer Arbeit.

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