„Immer mehr Kunden verstehen, dass Beratung einen Wert hat“

26.07.2021

David Meyhöfer, Geschäftsführender Gesellschafter der M&W Finanzoptimierung, und Heiko Reddmann, Geschäftsführer der HonorarKonzept GmbH (v. li. nach re.) / Fotos: © M&W / HonorarKonzept

finanzwelt: Was sollten Berater darüber hinaus beachten? Reddmann: Viele der Berater, mit denen wir zusammenarbeiten, erhalten in der Regel weniger Einmalhonorar als im Courtagemodell. Stattdessen erhalten sie ein erhöhtes laufendes Servicehonorar, das sich aus der lebensbegleitenden Beratung des Kunden ergibt. Dadurch hat der Berater zwar zunächst geringere Einnahmen, dafür aber ein zukunftsfähigeres Geschäftsmodell, da er sich gegen regulatorische Risiken absichert, auch weil die wiederkehrenden Einnahmen für den Unternehmenswert eine größere Rolle spielen als zurückliegende Einmalzahlungen. Und diese laufenden Einnahmen generiert der Berater, indem er die Beratungsleistung in Rechnung stellt. Das ist der eigentliche Unternehmenswert, denn dieser spiegelt auch die Qualität der Kundenbeziehungen wider.

finanzwelt: Wie sieht ein gutes Honorar aus, das auch für Kunden akzeptabel ist? Reddmann: Als Unternehmer müssen Sie sich fragen: Woher beziehe ich meine Einkommensströme? Wieviel brauche ich als Einmalhonorar und wieviel an wiederkehrenden Einnahmen? Dann entscheiden sie selbst über die Preisgestaltung. Und damit die Kunden diese akzeptieren, müssen drei Dinge gegeben sein: Erstens muss ein wirtschaftlicher Vorteil vorliegen, denn kein Mensch gibt einen Euro aus, um 50 Cent zurückzubekommen. Zweitens ist Transparenz von höchster Bedeutung. Menschen müssen wissen, was mit dem angelegten beziehungsweise ausgegebenen Geld passiert. Drittens muss Flexibilität gegeben sein, und zwar ohne Nachteile. Selbstverständlich hat der Berater hier unterschiedlich viel Spielraum und kann über Einmalhonorar oder Betreuungshonorar hinaus verschiedene Modelle anbieten, damit diese für Kunden tragbar sind. So gibt es das Honorar auf Stundenbasis ebenso wie ratierlich zu zahlende Honorare und individuell mit dem Kunden vereinbarte Honorare.

Meyhöfer: Aus diesem Grund haben wir beispielsweise drei Modelle für die Honorarberatung entwickelt: eine kostenlose Basisleistung, ein Grundmodell mit erhöhtem Service sowie ein Premiummodell mit wertvollen zusätzlichen Leistungen – unsere Kunden haben die Wahl.

finanzwelt: Der Provisionsdeckel schwebt weiterhin wie ein Damoklesschwert über der Branche. Hat dies Einfluss auf das Interesse an der Honorarberatung bzw. an hybriden Geschäftsmodellen? Meyhöfer: Das Thema begleitet uns ja schon länger, spätestens aber seit der Ankündigung der IDD- Richtlinie vor fast zehn Jahren. Wenn die Regulierung den Provisionsberater durch mögliche Einschränkungen oder Verbote der Provision stark beschneidet, muss dieser als Unternehmer einen Weg finden, sich gegen ein solches Risiko abzusichern. Eine teilweise Umstellung auf die Honorarberatung stellt eine gute Möglichkeit dar. Ich denke, dass das Thema Honorar in Zukunft weiter an Relevanz gewinnt. Und aus Unternehmersicht steht fest: Wer sich dem Thema entzieht, handelt aus unternehmerischer Sicht unverantwortlich.

Reddmann: Wir beobachten heute eine größere Bereitschaft bei Maklern und Vermittlern, sich zum Thema Honorarberatung zu informieren. Die Diskussion um die Regulierung trägt dazu bei, denn als Unternehmer kommt man nicht umhin, sich mit dem Thema Provisionsdeckel zu beschäftigen. Aber auch davon unabhängig muss ein Berater sich fragen: Wie fühle ich mich als Unternehmer mit einer Stornohaftungszeit von fünf oder acht Jahren? Und das in einer Zeit, wenn nicht nur die Pandemie Menschen vor Härten stellt, sondern wenn Kunden auch unter normalen Umständen kaum zwei oder drei Jahre im Voraus planen können, geschweige denn 30. Es kann nie schaden, sich zu informieren.

finanzwelt: Was erwartet die Branche Ihrer Meinung nach in der Zukunft? Meyhöfer: Ich kann mir vorstellen, dass in weniger komplexen Bereichen wie der Sachversicherung und der Unfallversicherung, die vornehmlich auf Provisionsbasis vertrieben werden, in den nächsten Jahren künstliche Intelligenz und Robo-Advisor zum Einsatz kommen. In den entsprechenden Produkten ist bereits viel Risiko eingeschlossen und eine umfangreiche Beratung ist nicht immer notwendig. Beratungsintensive Bereiche wie die Altersvorsorge, Pflegevorsorge und biometrische Produkte werden dagegen in Beraterhand verbleiben. Hier ist der Aufwand groß, Produkte und Regelwerk sind komplex, es bedarf tiefen Fachwissens, um den Kunden zum für ihn geeigneten Produkt zu führen. Hier kann sich die Honorarberatung auszeichnen und wachsen.

Reddmann: Ein relevantes Thema ist sicherlich die Digitalisierung. Künstliche Intelligenz verstehen wir dabei nicht als Konkurrenz für den Berater, sondern als eine Unterstützung im Beratungsalltag, die er gezielt im Sinne der Qualität einsetzen kann. Ebenso ist die digitale Kommunikation sicherlich etwas, dass uns über die Pandemie erhalten bleibt. Selbst ältere Generationen haben in den letzten Monaten gelernt, über digitale Medien miteinander zu kommunizieren und beispielsweise auch Beratung in Anspruch zu nehmen. Die digitale Kommunikation eröffnet für Makler und Vermittler, auch in Verbindung mit der Honorarberatung, vollkommen neue Möglichkeiten, um mit seinen Kunden im regelmäßigen Kontakt zu bleiben – ganz gleich ob über soziale Netzwerke oder Videokonferenzen. Wir erwarten aber dennoch, dass die physische Präsenz beim Kunden weiterhin Teil einer guten und langfristigen Kundenbeziehung sein wird.