Hannover Re kalkuliert mit internem Kapitalmodell
06.08.2015
Die Hannover Re kalkuliert künftig anhand ihres internen Kapitalmodells. Der drittgrößte deutsche Rückversicherer hat diese Woche auch die Halbjahresberichte und Ergebnisse für 2015 vorgelegt.
2015-08-07 (fw/db) Nach intensiven Vorbereitungen hat die Hannover Re von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Genehmigung erhalten, mit der Einführung von Solvency II ihre Solvenz-Anforderungen anhand ihres internen Kapitalmodells zu berechnen. Dieses Modell wird bereits seit mehreren Jahren im Risikomanagement und in der Unternehmenssteuerung der Hannover Rück-Gruppe erfolgreich eingesetzt und deckt im Rahmen der Umsetzung von Solvency II die für die Unternehmenssteuerung wichtigsten Zeichnungs-, Markt- und Gegenparteiausfallrisiken ab.
„Mit unserem internen Kapitalmodell können wir, anders als mit einem Standardmodell, die Risikostruktur unseres Rückversicherungsgeschäfts bestmöglich abbilden und so auch unsere aufsichtsrechtlichen Kapitalanforderungen im Rahmen von Solvency II weiterhin effizient umsetzen“, erklärte der Vorstandsvorsitzende Ulrich Wallin.
Die Kapitalbedeckungsquote (Solvabilität) liegt zum 31.12.2014 nach den zukünftigen Solvency II-Regeln für die Hannover Rück-Gruppe weiterhin komfortabel bei über 250 Prozent.
Positive Halbjahre-Bilanz 2015
Für die Hannover Re, der Mehrheitsaktionär die Talanx AG ist, verlief das 1. Halbjahr 2015 sehr erfreulich. Der Rückversicherer hat zur Jahresmitte 2015 deutlich mehr als die Hälfte seines angestrebten Jahresgewinnziels erzielt. Dieses Ergebnis hat dazu geführt, die Jahreserwartung von ursprünglich 875 auf 950 Millionen Euroangehoben wurde.
„Zu dem positiven Ergebnis haben beide Geschäftsfelder – die Schaden- und Personen-Rückversicherung – und auch die Kapitalanlagen erfolgreich beigetragen. Die anhaltend hohe Profitabilität in der Schaden-Rückversicherung zeigt, dass wir mit unserer konsequenten, selektiven Zeichnungspolitik auf die Bedingungen anspruchsvoller Marktphasen gut eingestellt sind“, sagte Vorstandschef und CEO Wallin.
Bruttoprämieneinnahmen gestiegen
Die gebuchte Bruttoprämie für den Hannover Rück-Konzern erhöhte sich zum 30.Juni 2015 deutlich um 21,5 Prozent von 7,1 auf 8,6 Milliarden Euro. Dies ist auch der Stärke des US-Dollars zuzurechnen. Bei konstanten Währungskursen hätte sich ein Wachstum von 9,5 Prozent ergeben. Dieser Wert liegt oberhalb der Erwartungen des Rückversicherers aus Hannover. Ausschlaggebend hierfür seien größere Einzeltransaktionen unter anderem in Asien, Nordamerika, bei den landwirtschaftlichen Risiken sowie im Spezialbereich Insurance Linked Securities.
Der Selbstbehalt stieg von 87,7 auf 88,3 Prozent. Die verdiente Nettoprämie legte um 20,2 Prozent von 5,8 auf 7,0 Milliarden zu; währungskursbereinigt hätte das Wachstum 8,3 Prozent betragen.
Halbjahresergebnis 2015 gestiegen
Das operative Ergebnis (EBIT) erhöhte sich zum 30. Juni 2015 deutlich von 683,7 auf 789,4 Millionen Euro. Das Konzernergebnis für das 1. Halbjahr erhöhte sich um 19,7 Prozent von 444,4 auf 531,9 Millionen Euro. Das Ergebnis je Aktie stieg von 3,69 auf 4,41 Euro.
Schaden-Rückversicherung mit sehr gutem Ergebnis
In der weltweiten Schaden-Rückversicherung überstieg das Angebot die Nachfrage zwar noch immer, jedoch zeigten sich hier erste Signale einer Bodenbildung bei den Raten. Dies gilt in Teilen auch für die Vertragserneuerungs-Runde zum 1. April 2015, die für die Hannover Rück insgesamt betrachtet zufriedenstellend ausgefallen ist.
Die Bruttoprämie für die Schaden-Rückversicherung erhöhte sich zum 30. Juni 2015 gegenüber der Vergleichsperiode um 21,9 von 4,1 auf 5,0 Milliarden Euro. Dies lag auch am starken Kurs des US-Dollar. Bei konstanten Währungskursen hätte es einen Zuwachs von 10,0 Prozent gegeben.
Der Selbstbehalt ging leicht auf von 91,1 auf 89,6 Prozent zurück. Die verdiente Nettoprämie stieg um 15,5 Prozent von 3,4 auf 3,9 Milliarden Euro; währungskursbereinigt war dies ein Plus von 4,4 Prozent.
Die Großschadenbelastung im ersten Halbjahr 2015 lag mit 197,4 Millionen Euro, über den 104,7 Millionen Euro des Vorjahres, lag aber unter dem für den Zeitraum kalkulierten Erwartungswert von 294 Millionen Euro. Die größten Einzelschäden für die Hannover Rück waren dabei Sturm „Niklas“ mit 35,4 Millionen Euro sowie eine Explosion auf einer Bohrinsel im Golf von Mexiko, die mit 32,9 Millionen Euro zu Buche schlug.
Wie in der Vergangenheit wurde das nicht aufgebrauchte Budget in die Spätschaden-Reserven eingestellt, sodass ein zusätzliches Polster für etwaige Großschäden im zweien Halbjahr 2015 existiert.
Das bereits sehr gute versicherungstechnische Ergebnis des Vergleichszeitraums wurde um 7,9 Prozent von 158,3 auf 170,9 Millionen Euro gesteigert. Die kombinierte Schaden-/Kostenquote (Combined Ratio) stellte sich mit 95,4 Prozent, nach 95,0 Prozent in der Vorjahresvergleichsperiode, positiv dar. Vor diesem Hintergrund betrug das operative Ergebnis (EBIT) zum 30.Juni 2015 für die Schaden-Rückversicherung 583,7 Millionen Euro nach 521,0 Millionen im Vergleich zur Vorjahresperiode.
Das Konzernergebnis wuchs um 20,3 Prozent von 347,9 auf 418,4 Millionen Euro. Das Ergebnis je Aktie stieg von 2,89 auf 3,47 Euro.
Personen-Rückversicherung mit Prämienwachstum
Die Hannover Re hat die angestrebte Profitabilitätsverbesserung in der Personen-Rückversicherung im Vergleich zum Vorjahr realisiert, gleichwohl blieb das Ergebnis im zweiten Quartal 2015 aufgrund höherer Sterblichkeits- und Stornoraten in einem Teil des US-Mortalitätsgeschäfts hinter den Erwartungen zurück.
Die Bruttoprämie für die Personen-Rückversicherung zum 30. Juni 2015 ist mit 21,0 Prozent von 3,0 auf 3,6 Milliarden Euro deutlich gestiegen; währungskursbereinigt hätte ihr Wachstum bei 8,9 Prozent gelegen. Auch hier mache sich insbesondere die Stärke des US-Dollars sowie des Britischen Pfunds bemerkbar.
Die Hannover Rück konnte insbesondere das Langlebigkeitsgeschäft deutlich ausbauen sowie Opportunitäten in Südamerika, Australien und Asien wahrnehmen. Die verdiente Nettoprämie stieg um 26,6 Prozent von 2,5 auf 3,1 Milliarden Euro; währungskursbereinigt hätte dies einem Plus von 13,8 Prozentpunkten entsprochen. Der Selbstbehalt erhöhte sich von 83,1 auf 86,5 Prozent.
Das operative Ergebnis (EBIT) in der Personen-Rückversicherung erhöhte sich zum 30. Juni 2015 um 29,2 Prozent von 154,8 auf 200,0 Millionen Euro; hierzu trug auch ein Sondereffekt aus dem ersten Quartal 2015 in Höhe von 40 Millionen Euro bei.
Das Konzernergebnis verbesserte sich deutlich um 26,2 Prozent von 115,4 auf 145,6 Millionen Euro.
Das Ergebnis je Aktie stieg von 0,96 auf 1,21 Euro.
Erfolge im Asset-Management
Der Bestand an selbstverwalteten Kapitalanlagen erhöhte sich gegenüber dem Jahresende 2014 von 36,2 auf 37,4 Milliarden Euro. Der leichte Anstieg ergab sich im Wesentlichen durch positive Währungskurseffekte, insbesondere des Euros gegenüber dem US-Dollar.
Die ordentlichen Kapitalanlageerträge ohne Depotzinsen stiegen, trotz der Niedrigzinspolitik der europäischen Zentralbank, von 490,1 auf 598,7 Millionen Euro. Dies sei zum einen auf den Sondereffekt aus dem Personen-Rückversicherungsbereich, aber auch auf stark gestiegene Erträge aus festverzinslichen Kapitalanlagen und Immobilien sowie auf Währungskurseffekte zurückzuführen. Die Depotzinsen erhöhten sich leicht von 174,9 auf 197,4 Millionen Euro.
Das Ergebnis aus der Veräußerung von Kapitalanlagen sank von 88,5 auf 66,6 Millionen Euro. Die Zeitwertveränderungen der erfolgswirksam bewerteten Finanzinstrumente schlossen zum 30.Juni 2015 mit einem Verlust von 1,6 Millionen Euro. Im Wesentlichen planmäßige Abschreibungen fielen in der Berichtsperiode in Höhe von lediglich 14,7 Millionen Euro an.
Das Kapitalanlageergebnis aus selbstverwalteten Anlagen schloss zum 30. Juni 2015 sehr erfreulich mit 601,3 Millionen Euro, nach 532,6 in der Vergleichsperiode des Vorjahres. Die sich hieraus ergebende annualisierte Durchschnittsrendite (exklusive der ModCo-Effekte und Inflation Swaps) lag bei 3,4 Prozentpunkten. Die Inflation Swaps, die die Hannover Rück teilweise zur Absicherung der Schadenreserven abgeschlossen hatte, sind im zweien Quartal 2015 ausgelaufen. Zukünftig wird dieser Schutz über bereits im Bestand befindliche Anleihen sichergestellt, deren Kuponzahlungen inflationsabhängig sind.
Das Kapitalanlageergebnis inklusive Depotzinsen stieg von 707,5 auf 798,8 Millionen Euro; das entspricht einem Wachstum von 12,9 gegenüber dem Vergleichszeitraum.
Eigenkapital anhaltend stark
Das Eigenkapital der Hannover Rück erhöhte sich zum 30. Juni 2015 um 100 Millionen Euro von 7,6 auf 7,7 Milliarden Euro. Die annualisierte Eigenkapitalrendite sank von 14,7 auf 14,0 Prozent. Der Buchwert je Aktie schloss mit 63,62 Euro (31. Dezember 2014: 62,61 Euro)
Ausblick auf das Gesamtjahr 2015
Mit den vorliegenden Ergebnissen ist die Hannover Re auf einem sehr guten Weg, ihre Jahresziele zu erreichen. Die Gesellschaft geht nun davon aus, einen Nachsteuergewinn in der Größenordnung von 950 Millionen Euro für das Gesamtjahr 2015 anstelle von 875 Millionen Euro erzielen zu können. Voraussetzung ist, dass die Großschadenbelastung nicht wesentlich den Erwartungswert von 690 Millionen Euro übersteigt und es zu keinen unvorhergesehenen negativen Entwicklungen an den Kapitalmärkten kommt. Auf Basis konstanter Währungskurse sieht das Unternehmen ein Wachstum des Bruttoprämienvolumens von 5 bis 10 Prozent vor.
Dass die Rahmenbedingungen in der Schaden-Rückversicherung immer noch herausfordernd sind, zeigten auch die Vertragsverlängerungen zum 1.Juni und 1.Juli2015, bei denen traditionell Teile des Nordamerikageschäfts, der Bereich der landwirtschaftlichen Risiken sowie Geschäft aus
Lateinamerika zur Erneuerung anstand. Insgesamt hat die Gesellschaft zu auskömmlichen Raten ihr Geschäft ausweiten können. Zudem stand auch die Haupterneuerung des Geschäfts in Australien an, die für die Hannover Rück angesichts eines erzielten höheren Marktanteils mit langjährigen Kunden sehr erfolgreich verlaufen ist. In Nordamerika hält der Druck auf die Raten und Konditionen aufgrund der sehr guten Ergebnisse in der Erst- und Rückversicherung durch ausgebliebene Großschäden immer noch an; gleichwohl fielen die Ratenreduzierungen geringer als erwartet aus und lassen eine Bodenbildung erkennen. Ausschlaggebend hierfür ist eine höhere Nachfrage aufgrund einer verbesserten volkswirtschaftlichen Lage.
Im US-Sachgeschäft gingen die Raten für schadenfreie Programme in der nicht-proportionalen Rückversicherung um rund fünf Prozent zurück. Für schadenbelastete Verträge hingegen konnten Ratensteigerungen teilweise im zweistelligen Prozentbereich verbucht werden. Beim US-Sach-Katastrophengeschäft hat sich der Preisdruck gegenüber der Vorjahreserneuerung abgeschwächt.
Im Haftpflichtgeschäft in den USA ergaben sich attraktive Geschäftsmöglichkeiten, zum Beispiel für die Deckung von Cyber-Risiken. Aber auch im kanadischen Markt konnten aussichtsreiche Opportunitäten wahrgenommen werden. Angesichts dessen hat die Hannover Rück ihr nordamerikanisches Portefeuille selektiv ausbauen können. Mit der Erneuerung in Lateinamerika und der Karibik ist das Unternehmen insgesamt ebenfalls zufrieden. Erfreulich zeigten sich darüber hinaus die Vertragsverlängerungen für landwirtschaftliche Risiken. Auch hier konnte das Geschäft ausgeweitet werden.
In der Personen-Rückversicherung erwartet die Hannover Rück im zweiten Halbjahr 2015 ebenfalls vielversprechende Geschäftsmöglichkeiten. So sollte die bevorstehende Einführung von an der Solvabilität orientierten Aufsichtsregimen in Europa, aber auch in anderen Teilen der Welt, die Nachfrage nach Rückversicherung verstärken. Darüber hinaus geht die Gesellschaft von einem weiteren Wachstum bei den Langlebigkeitsrisiken sowie Geschäftsmöglichkeiten im asiatisch-pazifischen Raum aus. Ergebnisseitig wird für die Personen-Rückversicherung im zweiten Halbjahr 2015 ein weiter steigender Gewinn erwartet.
Als Kapitalanlagerendite strebt die Hannover Rück unverändert für das Gesamtjahr 2015 einen Wert von mindestens 3,0 Prozent an. Hinsichtlich der Verteilung der Kapitalanlagen auf die einzelnen Anlageklassen plant das Unternehmen derzeit keine wesentlichen Veränderungen.
Für die Dividende sieht die Gesellschaft unverändert eine Ausschüttungsquote von 35 bis 40 Prozent ihres IFRS-Konzern-Nachsteuerergebnisses vor. Diese Quote könnte sich bei einer gleichbleibend komfortablen Kapitalisierungssituation aus Kapitalmanagementgesichtspunkten erhöhen
Dietmar Braun