Gute Gründe für Value
17.03.2022
David Levine (li.) und Eli Salzmann (re.), Portfolio Manager bei Neuberger Berman / Foto: © Neuberger Berman
Schutz vor Zinsen und Volatilität
Werden jetzt also alle klassischen Value-Aktien vorn liegen? Wohl kaum. Es ist schwer vorstellbar, dass konjunktursensitive Unternehmen generell mehr verdienen, wenn das Wachstum schwächelt und die Faktor- und Arbeitskosten steigen. Finanzwerte bekommen außerdem Probleme bei einer flachen oder inversen Zinsstrukturkurve.
Manche Substanzwerte sind aber durchaus spannend, vor allem angesichts der Übertreibungen bei spekulativen Wachstumstiteln. Einige defensive Aktien hält Neuberger Berman für unterbewertet. Nur selten sind Cashflow-starke Qualitätsunternehmen aus den Sektoren Gesundheit, Versorger und Konsumverbrauchsgüter – wie Procter & Gamble – so günstig bewertet, dass sie auch für disziplinierte Value-Manager infrage kommen.
Jahrelang setzten viele Investoren unabhängig von den Bewertungen auf Wachstumstitel und übersahen dabei schlichtweg, wie gut diese Unternehmen und ihre Alltagsprodukte sind. Auch ihre regelmäßigen Cashflows und hohen Dividenden schützen vor steigenden Zinsen und Marktvolatilität.
Neustart der Wirtschaft
Hinzu kommt ein weiterer Punkt: Obwohl dieses Jahr ein niedrigeres Wachstum erwartet wird, rechnet man bei Neuberger Berman noch immer damit, dass die Weltwirtschaft Corona jetzt überwindet. Der Vermögensverwalter sieht darin eine Chance.
Viele Reise- und Freizeitunternehmen erscheinen günstig bewertet, ebenso wie Nischenanbieter, die vom Neustart profitieren – etwa Hersteller von Orthopädietechnik. Manche Unternehmen mögen zwar zyklisch sein, aber nach den Lockdowns sind ihre Aktien billig.
In den nächsten Jahren wird man sich wohl mit niedrigeren und volatileren Aktienerträgen abfinden müssen, als in den letzten drei Jahren. Und doch ist ein Mehrertrag von Value gegenüber Growth zu erwarten, wobei kurzfristig vor allem defensive Substanzwerte und Firmen interessant scheinen, die vom Neustart der Wirtschaft profitieren.
Mit dem derzeitigen Inflations- und Zinsumfeld und dem damit einhergehenden schwächeren Wirtschaftswachstum rechnet Neuberger Berman schon länger und hat sich entsprechend positioniert. Der Krieg in der Ukraine verschärft diese Risiken auf tragische Weise. Einstweilen reicht das nicht, damit sich die Einschätzung des Vermögensverwalters ändert. Dennoch sollte die Lage genau im Blick behalten werden.
Kolumne von Eli Salzmann und David Levine, Portfolio Manager bei Neuberger Berman