Geldpolitik: Orphanides schlägt Taylor
26.03.2019
Markus Richert, CFP® und Seniorberater Vermögensverwaltung bei der Portfolio Concept Vermögensmanagement GmbH in Köln / Foto: © Portfolio Concept
Orphanides-Regel erklärt die aktuelle Zinspolitik
Damit lässt sich auch erklären, warum die EZB bei ihrer letzten Sitzung am 07. März die Geldpolitik unverändert gelassen hat und dass die EZB-Leitzinsen für längere Zeit (mindestens über das Jahr 2019 hinaus) auf dem aktuellen oder einem niedrigeren Niveau bleiben werden. Für konservative Sparer lässt die Orphanides-Regel wenig Spielraum für Hoffnung auf eine baldige Kehrtwende in der Geldpolitik. Demnach dürfte die EZB den eigentlich geplanten Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik bis auf Weiteres verschieben.
Fed lässt die Finger von weiteren Erhöhungen
Sparer sollten vor dieser Entwicklung nicht die Augen verschließen. Denn auch in den USA scheint die Phase der Zinserhöhungen mittlerweile am Ende zu sein. Auch die Fed lässt mittlerweile die Finger weg von weiteren Zinserhöhungen und stellt Ende 2019, deutlich früher als ursprünglich geplant, ihre Liquiditätsverknappung ein. Die globale Wirtschaftsabkühlung lässt auch der amerikanischen Notenbank derzeit wenig Spielraum. Aber immerhin haben die US-Amerikaner wieder einen positiven Zins. Eine Staatsanleihe mit einer Laufzeit von zehn Jahren bringt in Übersee jedes Jahr schon drei Prozent ein. Auch auf Tages- und Festgeldkonten bekommt man in den USA seit einiger Zeit wieder einen nennenswerten Zins. Wie lange noch, ist jedoch schwierig einzuschätzen. Beobachter gehen davon aus, dass bei einer weiteren Abkühlung der US-Wirtschaft auch dort die Zinsen wieder fallen werden. Immerhin kann die Fed, im Gegensatz zur EZB, mit klassischen Methoden der Geldpolitik einer wirtschaftlichen Abkühlung entgegensteuern.
In Depots ohne Aktien herrscht Trostlosigkeit
In den Depots von deutschen Sparern, die auf Aktien verzichten, herrscht dagegen schon seit Jahren Trostlosigkeit. Noch schlimmer sieht es auf Tages- oder Festgeldkonten aus. Dort kann noch nicht einmal die Kaufkraft erhalten werden. Gestern fand, das Timing hätte kaum besser sein können, der Tag der Aktie in Deutschland statt. Ein weiterer Versuch, die Sparer für das Einzige, das derzeit langfristigen Ertrag verspricht zu begeistern. Inwieweit ein solcher Aktionstag das Anlegerverhalten nachhaltig verändern kann bleibt abzuwarten. Auf Zinsen, darin sind sich alle Beobachter einig, braucht man jedoch bis auf Weiteres nicht zu warten. Egal welche Regel man auch bemüht, um das Verhalten der Notenbanken zu erklären. Die Richtung ist eindeutig.
Kolumne von Markus Richert, CFP® und Seniorberater Vermögensverwaltung bei der Portfolio Concept Vermögensmanagement GmbH in Köln