Fortbildung oder Aus
03.04.2014
Foto: © style-photography.de - Fotolia.com
IMD2 macht die Fort- und Weiterbildung zur zwingenden Bedingung der Berufsausübung für Versicherungsvermittler. In Deutschland hat sich die Initiative „gut beraten – Weiterbildung der Versicherungsvermittler" aufgestellt, um Vermittlern die Möglichkeit zu bieten, jetzt schon ihre Fort- und Weiterbildung dokumentieren zu können.
Ziel: die Berufsausübung reibungslos fortsetzen zu können, wenn die neuen Weiterbildungs-Vorgaben der EU voraussichtlich 2015 in Deutschland gesetzlich implementiert werden. Denn wer dies dann nicht kann, hat ein Problem.
Die EU-Kommission hat sich im neuen Entwurf der IMD2 der Weiterbildung als Voraussetzung der Berufsausübung für Versicherungsvermittler angenommen. Der aktuelle Entwurf atmet an wesentlichen Stellen einen Verbraucherschutzgedanken, so auch bei der Vorschrift der Weiterbildung. In den 70ern waren die Produkte in Leben als auch Sach- und Kranken (damals auch noch nicht Biometrie und Komposit genannt) recht normiert, Investment war im Privatkundengeschäft unwesentlich. Damals war keine Zulassung, geschweige denn Sachkundeprüfung für die Vermittlertätigkeit erforderlich, und die Ausbildung der Vermittler reduzierte sich vielfach auf das Vertriebliche. Mit der zunehmenden Komplexität der Produkte, laufend gestiegener Tarif- und Bedingungskomplexität in allen Sparten, Investmentkomponenten, vielen Spezialthemen und steigender rechtlichen Komplexität benötigt die moderne Beratung in ganzheitlicher und nachhaltiger Qualität auch zwangsläufig einen hohen Ausbildungsgrad des Vermittlers. Da dies nicht nur in Deutschland, sondern auch europaweit der Fall ist, plant die EU, im Rahmen des IMD2 eine Bildungsverpflichtung für die Vermittlerschaft in Europa herbeizuführen. Die Verpflichtung soll mit empfindlichen Sanktionen bewehrt sein: Wer als Versicherungsvermittler der Bildungsverpflichtung nicht nachkommt, dem droht de facto das Verbot der Berufsausübung.**
Der vom EU-Parlament angenommene Richtlinientext legt die berufliche Fortbildung auf einen „Umfang von mindestens 200 Stunden" in einem Fünfjahreszeitraum fest.** Um der Vermittlerschaft heute schon dabei zu helfen, 2015 die strengen gesetzlichen Bildungsauflagen erfüllen zu können und damit den Beruf weiter ausüben zu können, hat die Versicherungswirtschaft 2013 die Initiative „gutberaten" ins Leben gerufen. Sie ist beim Bildungswerk der deutschen Versicherungswirtschaft e. V. angesiedelt. Frau Dr. Katharina Höhn, geschäftsführendes Vorstandmitglied, Bildungswerk der deutschen Versicherungswirtschaft e.V., beantwortet für Sie die wichtigsten Fragen:
finanzwelt: Was muss der Vermittler tun, um sich an der Weiterbildungsinitiative „gut beraten" zu beteiligen?
Dr. Höhn: Ein Vermittler oder eine Vermittlerin, die sich an der freiwilligen Initiative „gut beraten" beteiligen möchte, wird zunächst ein Weiterbildungskonto eröffnen. Dazu wendet er oder sie sich an einen so genannten „Trusted Partner Basis". Dieser soll den Vermittler authentifizieren, also sicherstellen, dass kein fiktives Konto eröffnet wird, sondern es die Person des Vermittlers wirklich gibt, er oder sie als Versicherungsvermittler tätig ist und über eine Erstausbildung im Bereich der Versicherungsvermittlung verfügt. Die für die Initiative akkreditierten Trusted Partner Basis sind auf der Homepage unter www.gutberaten.de gelistet. Trusted Partner können grundsätzlich z. B. Bildungsanbieter, Vermittlerverbände oder Unternehmen der Versicherungswirtschaft sein. Die Vermittler erhalten dann aus der Weiterbildungsdatenbank ihre Zugangsdaten und können Einblick in ihr Weiterbildungskonto nehmen. Sobald die Vermittler eine Weiterbildungsmaßnahme bei einem der vielen akkreditierten Bildungsdienstleister besuchen – auch diese Liste steht auf der Homepage – trägt der Bildungsdienstleister die anrechenbaren Weiterbildungspunkte auf das Weiterbildungskonto des Vermittlers ein. Und ansonsten liegt es natürlich in der Verantwortung der Vermittler, die Weiterbildungsangebote auszuwählen, die ihre beruflichen Kompetenzen weiterentwickeln und einen hohen Nutzen für sie erwarten lassen – für ihr individuelles Kundenspektrum und den daraus folgenden Qualitätsanforderungen an die Kundenberatung und -betreuung.
finanzwelt: Was genau ist das „Weiterbildungskonto" und wie funktioniert es?
Dr. Höhn: Jede Vermittlerin und jeder Vermittler kann ein persönliches Weiterbildungskonto im Rahmen der Initiative „gut beraten" beantragen, auf dem er oder sie Weiterbildungspunkte sammelt. Mit dem Tag der Kontoeröffnung beginnt die individuelle 5-jährige Zertifizierungsperiode. Die Buchung der Weiterbildungspunkte erfolgt durch akkreditierte Bildungsdienstleister, die die Bildungsmaßnahme durchführen. Die Vermittler haben jederzeit Einsicht auf ihr Konto und erhalten auch – sofern sie dies wünschen – regelmäßige Kontoauszüge nach jeder Buchung sowie ein Jahreszertifikat als PDF, wenn sie die Anzahl von 40 Weiterbildungspunkten im individuellen Zertifizierungsjahr erreicht haben. Nach 5 Jahren und Vorliegen von 200 Weiterbildungspunkten erhält der teilnehmende Vermittler ein 5-Jahreszertifikat.
finanzwelt: Ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die vom Vermittler erreichten Weiterbildungspunkte der Initiative „gut beraten" bei der Umsetzung der Weiterbildungsverpflichtung der revidierten EU-Vermittlerrichtlinie berücksichtigen wird?
Dr. Höhn: Die Initiatoren der Initiative haben dieses Projekt mit dem ureigenen Ziel angeschoben, die Weiterbildungsaktivitäten und die Professionalität der Vermittler zu fördern. Natürlich arbeiten wir ebenfalls dafür, dass auch der Gesetzgeber die enormen Anstrengungen beachten und Wert schätzen wird. Eine Bestätigung darüber, dass Weiterbildungspunkte aus der freiwilligen Brancheninitiative durch den Gesetzgeber anerkannt werden, kann derzeit nicht gegeben werden, denn die neue EU-Richtlinie über die Versicherungsvermittlung (IMD2) ist auf europäischer Ebene noch nicht verabschiedet, die Umsetzung in deutsches Recht demzufolge noch nicht in Sicht.
(cs)