ETFs und das Märchen von der breiten Streuung

11.11.2024

Thomas Gundermann. Foto: Taunus Investments

Sie punkten mit niedrigen Gebühren und einer unmittelbaren Orderausführung über die Börse. Darüber hinaus wird mit ihnen eine breit gestreute Geldanlage in viele unterschiedliche Einzelwerte assoziiert. Dennoch lohnt es sich genauer hinzuschauen und intensiver mit der eigenen Geldanlage zu beschäftigen. Dies zeigt die nachfolgende Analyse eines DAX-ETFs und die Analogie zum MSCI World Index.

Ein bekannter ETF auf den deutschen Aktienindex DAX ist der iShares Core DAX von BlackRock, der anstrebt, die Wertentwicklung des DAX nachzubilden. Der ETF investiert in die 40 Einzeltitel, die im DAX gelistet sind. Als Anleger kann man folglich über diesen ETF indirekt die 40 Aktien des DAX kaufen und könnte meinen, dass man sein Geld gut diversifiziert angelegt hat.

Schaut man sich jedoch die Gewichtungen des iShares Core DAX genauer an, lassen sich Konzentrationen auf einzelne Branchen und Sektoren, aber auch Positionen feststellen. Das liegt daran, dass der DAX ein Index ist, der die Gewichtung der einzelnen Unternehmen nach ihrer Marktkapitalisierung, also dem Börsenwert, berücksichtigt. Folglich sind größere Unternehmen stärker gewichtet als Kleinere. Anfang November 2024 haben sechs Unternehmen mehr als 50 Prozent des DAX repräsentiert. Dabei stand ein Unternehmen, SAP, für ca. 15 Prozent, gefolgt von Siemens mit ca. zehn Prozent. Das bedeutet, 25 Proznet der zukünftigen DAX-Entwicklung wird aktuell von SAP und Siemens bestimmt, was man als gewisses Klumpenrisiko bezeichnen kann. Branchenseitig stehen Industrie, Finanzen und IT für ca. 64 Prozent des DAX. Es lässt sich folglich festhalten, dass ein DAX-ETF-Investment neben der offensichtlichen Konzentration auf ein Land und eine Währung, mit weiteren Abhängigkeiten von einzelnen Sektoren und Unternehmen einhergeht.

Wenn der DAX nicht mit einer breiten Streuung dienen kann, wie sieht es dann mit dem MSCI World aus? Hierfür analysieren wir ebenfalls den iShares Core MSCI World von BlackRock und stellen ähnliche Abhängigkeiten und Konzentrationen fest. Anfang November 2024 wurden ca. 73 Prozent des Weltindexes durch die USA und den USD repräsentiert. Dies spricht unseres Erachtens gegen die Namenssuggestion einer weltweit diversifizierten Geldanlage. Auch wenn der Index mehr als 1.400 Einzelwerte enthält, beeinflussen aktuell nur zehn Unternehmen ca. 25 Prozent seiner weiteren Marktentwicklung. Das sind im Wesentlichen die sogenannten „Big Six“, mit Nvidia, Apple, Microsoft, Amazon, Meta und der Google Mutter Alphabet. Ähnlich wie beim DAX stehen die drei Sektoren IT, Finanzen und Gesundheit für mehr als 50 Prozent des Indexes. Andere Länder, Währungen und Branchen sind im MSCI World unterrepräsentiert.

ETFs sind prinzipiell gute Investmentprodukte, die durch geringe Kosten und eine Handelbarkeit über Börsen zweifelsfrei Vorteile aufweisen. Dennoch sollte man nicht dem Irrglauben verfallen, dass sich jeder ETF für eine breit gestreute, langfristige Geldanlage eignet. Selbst der Flaggschiff Index MSCI World weist diverse Klumpenrisiken auf. Ein faktisch gut diversifiziertes, auf die individuellen Ziele und Bedürfnisse des Anlegers abgestimmtes Portfolio, lässt sich folglich nicht so einfach mit Hilfe eines einzigen ETFs abbilden. Hierbei unterstützen jedoch Finanzexperten, wie unabhängige Vermögensverwalter, gerne und setzen das Ganze dann auch ganz komfortabel im Interesse des Anlegers professionell und dauerhaft um.

Marktkommentar von Thomas Gundermann, Berater der Taunus Investments GmbH in Bad Homburg.