Erschwinglich ist dehnbar

25.02.2015

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Die Deutschen mögen Immobilien. Viele geben den Verlockungen wie niedrigen Zinsen nach, um sich beispielsweise den Traum der eigenen vier Wände zu erfüllen. Investoren und Häuslebauer sollten aber nicht ganz vorbehaltlos an die Sache rangehen. Denn in Großstädten gibt es erste Anzeichen für eine Preisblase. München lässt grüßen.

Süddeutschland steht für wirtschaftliche Stärke, Unternehmergeist und einem besonderen Lebensgefühl. Tatsächlich befinden sich laut dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Bayern und Baden-Württemberg die wirtschaftlich stärksten Zentren. Eine vergleichsweise hohe Kaufkraft und niedrige Arbeitslosigkeit sind Kennzeichen der Erfolgsstory. 88 der erfolgreichsten 100 Regionen der Bundesrepublik befinden sich in diesen Bundesländern, so das IW. Die mit Abstand erfolgreichste Region ist der Landkreis München. Er vereint die innovativste und aktivste Wirtschaftsstruktur auf sich. Das Marktforschungsunternehmen GfK hat im vergangenen Jahr ermittelt, dass die Münchner im Schnitt fast 10 000 Euro mehr Geld für das Leben in ihrer Stadt zur Verfügung hatten als Berliner: Knapp 20.000 Euro stehen ca. 29.000 Euro gegenüber. Um die Verdienstmöglichkeiten in Deutschlands Metropolen zu vergleichen, muss man jedoch auch regionale Faktoren und die unterschiedlich hohen Lebenshaltungskosten bedenken. Das relativiert den Vergleich. „Der Münchner Immobilienmarkt ist seit Jahren der teuerste in Deutschland", stellt Jürgen Michael Schick, Vizepräsident des Immobilienverband Deutschland IVD, fest. "Die Erschwinglichkeit ist im Jahresverlauf zwar leicht gestiegen, dennoch muss ein durchschnittlicher Haushalt fast 43 % seines Einkommens für die Immobilienfinanzierung ausgeben", so Schick.

Die hohe Nachfrage nach Wohnraum in der bayerischen Metropole

hat in nahezu allen Lagen und Segmenten die Preise für Miet-

und Kaufimmobilien im vergangenen Jahr steigen lassen.

Käufer zahlen bis zu 12.000 Euro pro Quadratmeter und die Mieten bewegen sich in den angesagten Lagen zwischen 15,00 und 27,00 Euro pro Quadratmeter, wie aus dem von Engel & Völkers veröffentlichten "Wohnimmobilien Marktbericht Deutschland 2014/2015" hervorgeht. Auch Wolfgang Dippold, geschäftsführender Gesellschafter der PROJECT Investment Gruppe, wägt beim Standort München sorgfältig ab und kommt zu folgendem Schluss. „München ist in jeder Hinsicht ein Magnet: politisch, kulturell und wirtschaftlich. Demzufolge bietet die Isar-Metropole eine hohe Lebensqualität, die viele Menschen anzieht und zugleich Wohnraum begehrlich macht. Für Kapitalanleger ist es vor allem eine Sache des Prestiges in München Eigentum zu besitzen. In bestimmten Stadtteillagen Münchens nehmen wir Überhitzungstendenzen wahr. München ist im neuen Städteranking des Urban Land Institute (ULI) von Platz 1 auf den 11. Rang abgerutscht. Investoren bezweifeln zurecht, dass die Preissteigerungen im Münchener Kern noch zu attraktiven Renditen führen".

Die Betrachtung der Preissteigerungsrate ist indirekt auch mit der Verschuldungsbereitschaft der Investoren verknüpft. Hier liegen die südlichen Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg deutlich über dem Bundesdurchschnitt der Verschuldungsbereitschaft, wie ImmobilienScout24 berichtet. Generell gilt, dass Wohnungsinteressenten, ob nun in West, Ost, Nord oder Süd, wesentliche Spielregeln beim Erwerb beachten sollten. „Unabhängig von der Höhe des Darlehens sind für eine gesunde Finanzierung generell ein guter Sockel Eigenkapital und eine angemessene, auch längerfristig tragbare Tilgungsrate empfehlenswert", so Experten der ING-DiBa. Die Analysten von Engel & Völkers sind der Meinung, dass sich vor allem im Premiumsegment Münchens die Preisentwicklung stabilisieren wird. Angesichts des anhaltenden Bevölkerungswachstums werde auch künftig ein hoher Überhang der Nachfrage nach Wohnraum in München bestehen. Entsprechend sei mit einer weiteren Preissteigerung für Kaufimmobilien in den einfachen bis guten Lagen zu rechnen. Ähnlich sieht es die Postbank. Die bayerische Hauptstadt und der Kreis München führen, laut Studie der Postbank, das Standortranking mit den besten Wertsteigerungsprognosen bei Immobilien an.

Nun ist München zwar die Metropole Süddeutschlands,

aber es gibt auch andere Zentren und regionale Hochburgen,

die einen näheren Blick lohnen.

Faktoren wie die Aussichten am Arbeitsmarkt, bei Wettbewerb und Innovation sowie Wohlstand stimmen ebenfalls positiv für die Metropolregion Nürnberg. „Der Ballungsraum ist der Zweitgrößte Bayerns mit zahlreichen Technologieunternehmen und Konzernstandorten wie Siemens, Datev, Gesellschaft für Konsumforschung, Adidas oder Schäffler. Dementsprechend hoch ist die Nachfrage nach Wohnraum, weshalb wir hier derzeit das größte Entwicklungspotential in Süddeutschland abseits Münchens sehen und in diesem Markt investieren", so Dippold.

Auch die Fuggerstadt Augsburg lockt zunehmend viele Immobilieninvestoren an. Ein vergleichsweise moderates Preisniveau, verbunden mit einer guten Verkehrsanbindung an die Landeshauptstadt München, spricht für Augsburg. Laut Engel & Völkers „Wohnimmobilien Marktbericht Deutschland 2014/2015" lag hier das Transaktionsvolumina bei Eigentumswohnungen bereits 2013 bei 478,1 Mio. Euro und Augsburg erzielte den zehnthöchsten Wert im deutschlandweiten Vergleich, vor Großstädten wie Dresden, Hannover oder Essen. Exklusive Eigentumswohnungen werden dabei für deutlich mehr als 4.000 Euro pro Quadratmeter vermittelt.

Fazit

Zahlreiche süddeutsche Städte können im bundesweiten Vergleich durch ihr Angebot und die Wirtschaftsstruktur punkten. Neu angesiedelte Universitäten, in deren unmittelbarer Nähe sich potenzielle attraktive Arbeitgeber befinden, haben in den vergangenen Jahren dazu beigetragen, dass eine positive Entwicklung mancherorts eingesetzt hat. Mittelfranken mit Nürnberg ist ebenso zu nennen wie Augsburg im Südwesten Bayerns oder die Region im Drei-Flüsse-Eck Regensburg/ Passau. Über München scheiden sich die Geister. Natürlich besticht die Stadt durch zahlreiche Argumente, die weiterhin für eine steigende Nachfrage nach Wohnimmobilien sorgen sollten, andererseits ist das Preislevel teilweise schon sehr ambitioniert. (ah)

Süddeutschland - Onlineausgabe 01/2015