„Ein Wahlsieg Trumps könnte die geldpolitische Lockerung in der Eurozone beschleunigen“

28.10.2024

Mark Dowding - Foto: © RBC BlueBay AM

Das Rennen um die US-Wahl hat sich zugunsten des republikanischen Kandidaten Donald Trump entwickelt. Dadurch sind die US-Renditen weiter gestiegen und die Renditekurve ist steiler geworden. An den Devisenmärkten hat der US-Dollar an Boden gewonnen.

Die jüngsten Marktbewegungen sind aber nicht ausschließlich auf die US-Politik zurückzuführen. Auch die wirtschaftlichen Entwicklungen prägen das Geschehen. Wir sehen weiterhin Anzeichen dafür, dass das US-Wachstum im globalen Kontext eine Ausnahme darstellt. Die robusten US-Konjunkturdaten haben die Erwartung starker Zinssenkungen durch die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) gedämpft.

Wir neigen zu der Ansicht, dass das vordere Ende der US-Kurve nun nahezu fair bewertet ist. Allerdings gehen wir weiterhin von höheren Renditen bei längerfristigen Anleihen aus. Unserer Meinung nach muss die Renditekurve steiler werden, da die Anleger eine höhere Laufzeitprämie für das Halten von längerfristigen Schuldtiteln verlangen. Das Angebot ist groß und die Fiskalpolitik wird ungeachtet des Wahlausgangs locker bleiben.

Während die US-Wirtschaft auf dem Vormarsch ist, trüben sich die Aussichten für die Eurozone immer stärker ein. Ein Wahlsieg Trumps birgt zudem das Risiko von Zöllen auf EU-Exporte. Diese würden die wirtschaftlichen Probleme weiter verschärfen. Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte daher ihre jüngste geldpolitische Lockerung vorsorglich beschleunigen, sollte sich der Republikaner durchsetzen.

Man könnte auch spekulieren, dass EZB-Präsidentin Christine Lagarde im Falle eines Trump-Sieges in der Hoffnung handelt, dass eine aggressivere geldpolitische Lockerung den Euro schwächt und den US-Dollar stärkt. Denn das würde Trumps Handlungsspielraum einschränken. Vor diesem Hintergrund sehen die Marktteilnehmer jetzt eine 40-prozentige Chance, dass Lagarde im Dezember die Zinsen um 50 Basispunkte senkt. Die geldpolitische Lockerung könnte der einzige Bereich bleiben, in dem Europa in den kommenden Monaten tatsächlich die USA wird überholen können.

In Japan finden an diesem Wochenende Parlamentswahlen statt. Umfragen deuten auf ein schwaches Ergebnis für den neuen Premierminister Shigeru Ishiba hin. Es scheint möglich, dass die bestehende LDP-Koalition ihre Mehrheit verliert. Das würde eine Zeit politischer Ungewissheit bedeuten. Ishiba hätte ein sehr schwaches Mandat und würde möglicherweise nicht lange an der Macht bleiben.

Die Finanzmärkte mögen durch die politische Ungewissheit in Japan ein wenig verunsichert sein. Aus unserer Sicht wird sie aber kaum Auswirkungen auf die Wirtschaft oder die Bank of Japan (BoJ) haben. Erste Anzeichen deuten darauf hin, dass die nächste Shunto-Lohnrunde im Frühjahr vor dem Hintergrund hoher Profitabilität der Unternehmen und Arbeitskräftemangel erneut ein Plus von mehr als 5 Prozent bringen könnte. Einige Unternehmen wollen ihren Mitarbeitern 2025 sogar eine Lohnerhöhung von bis zu 7 Prozent gewähren. Vor diesem Hintergrund sehen wir die BoJ weiterhin auf Kurs für eine Zinserhöhung im Dezember oder Januar. Ersteres könnte in der Tat wahrscheinlicher werden, da der Yen in den letzten Tagen etwas unter Druck geraten ist.

Grundsätzlich könnten Devisen aus unserer Sicht je nach Ausgang der US-Wahl relativ gesehen eine höhere Volatilität aufweisen als festverzinsliche Wertpapiere. Da einer der größten politischen Unterschiede zwischen der demokratischen Kandidatin Kamala Harris und Trump die Handels- und Zollpolitik betrifft, könnte es je nach Wahlausgang leicht zu einer Differenz von 5 bis 10 Prozent bei den wichtigsten US-Dollar-Crosses kommen. Im Falle eines Sieges von Trump ist eine Bewegung in Richtung Parität gegenüber dem Euro möglich.

Marktkommentar von Mark Dowding,Fixed Income CIO bei RBC BlueBay Asset Management.