Ein Jahr Verordnung über die Finanzanlagenvermittlung: ein Überblick

15.10.2021

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Mit den am 1. August 2020 in Kraft getretenen Änderungen der Verordnung über die Finanzanlagenvermittlung (kurz FinVermV) hat der Gesetzgeber die Vorgaben der EU-Richtlinie MiFID II für Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater mit Erlaubnis gemäß den §§ 34f und 34h Gewerbeordnung umgesetzt. Seitdem ist der freie Vertrieb mit einer Reihe von Neuerungen konfrontiert. Anlass genug, die entscheidenden Änderungen noch einmal in Augenschein zu nehmen, um dem interessierten Finanzvermittler so den gegebenenfalls notwendigen Selbstcheck zu ermöglichen. Gleichzeitig soll dieser Beitrag auch die tatsächlichen Auswirkungen der Änderungen im Alltag des Finanzvermittlers beleuchten und an geeigneter Stelle aufzeigen, welche rechtlichen Risiken aus den geltenden Änderungen für den Vertrieb erwachsen können.

Die wichtigsten Änderungen im Überblick

Erhöht hat sich nach § 9 FinVermV zunächst die Mindestversicherungssumme der Berufshaftpflicht auf 1.276.000 Euro für jeden Versicherungsfall bzw. 1.919.000 Euro für alle Versicherungsfälle eines Jahres Auf den Umfang der Erlaubnis des Vermittlers nach der Gewerbeordnung kommt es hierbei nicht an.

Während bislang nur Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß § 63 WpHG verpflichtet waren, ihre Dienstleistungen im bestmöglichen Interesse ihrer Kunden bzw. Anlegers zu erbringen, gilt dies nunmehr auch für den freien Vertrieb. Dass damit grundsätzlich ein anderer Maßstab anzulegen ist als bis zum 31. Juli 2020, als die Tätigkeit noch „mit der erforderlichen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im Interesse des Anlegers“ auszuüben war, steht außer Frage und dürfte zu gegebener Zeit auch die Gerichte der Republik beschäftigen. Mit administrativem Mehraufwand, insbesondere für kleinere Vertriebe, verbunden ist die Neuregelung des § 11a FinVermV. Demnach ist der Vertrieb nunmehr verpflichtet, auf Dauer wirksame organisatorische und verwaltungsmäßige Vorkehrungen zu treffen und zu unterhalten, um etwaige Interessenskonflikte zuverlässig identifizieren und vermeiden zu können. Neben der Implementierung eines solchen Compliance-Systems ist auch die dauerhafte Dokumentation erforderlich. Kann nicht sicher gewährleistet werden, dass keine Beeinträchtigung der Interessen des Anlegers vorliegt, hat der Vermittler dem Anleger die Art und Quelle des Interessenkonflikts rechtzeitig vor Abschluss eines Geschäfts offenzulegen. Dies im Übrigen mittels eines dauerhaften Datenträgers. Nicht zuletzt deshalb gilt spätestens seit dem 1. August 2020 daher auch für den freien Vertrieb: Wer schreibt, der bleibt! Um Interessenskonflikte möglichst gänzlich ausschließen zu können, dürfen Mitarbeiter nach § 11a Abs. 3 FinVermV außerdem nicht in einer Weise vergütet werden, die mit ihrer Pflicht kollidiert, im bestmöglichen Kundeninteresse zu handeln.

Ebenfalls mit einigem Mehraufwand verbunden ist die neu in § 16 Abs. 3b FinVermV geregelte Pflicht des Finanzvermittlers, den Zielmarkt des Produktgebers zu bestimmen und hiernach die Vereinbarkeit der Finanzanlage mit den Bedürfnissen des Anlegers zu beurteilen. So soll sichergestellt werden, dass nur eine Finanzanlage empfohlen wird, die im Interesse des Anlegers liegt. Nach dem Wortlaut des Gesetzes hat der Vermittler hierbei alle zumutbaren Schritte zu unternehmen, um sich die erforderlichen Informationen zur Bestimmung des Zielmarktes von dem die Finanzanlage konzipierenden Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder dem Emittenten zu beschaffen und um die Merkmale sowie den Zielmarkt der Finanzanlage zu verstehen.

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