Digitale Tulpenzwiebeln oder alternatives Geld?
29.01.2018
Dr. Thomas Heidel, Leitung Research Fidal AG / Foto: © Fidal AG
Spitzenkurse beim Bitcoin in 2017
Der Wert des Bitcoins hatte sich seit Ende letzten Jahres in der Spitze mit knapp 20.000 US-Dollar am 17. Dezember verzwanzigfacht. In den nächsten Tagen kam es zum größten Absturz des Bitcoins. Aktuell pendelt er um 11.000 Dollar. Diese kurzlebigen Muster von heftigen Auf- und Abschwüngen hat der Bitcoin schon häufig gezeigt. Neun Mal verlor er trotz der fulminanten Kursrallye in 2017 mehr als ein Viertel seines Wertes innerhalb von drei bis 16 Tagen. Die durchschnittlichen Bitcoin-Tagesschwankungen in 2017 betrugen 3,73 Prozent (zum Vergleich Euro gegen US-Dollar 0,26 Prozent).
Somit kann man dem Bitcoin eine Wertstabilität absprechen, womit er für den „normalen“ Wirtschaftsverkehr ungeeignet ist. Auch die Tauschmittelfunktion einer Währung erfüllt der Bitcoin nur unzureichend, weil relativ hohe Transaktionsgebühren anfallen und die Verifizierung lange dauert.
Jamie Dimon, der Chef von JPMorgan Chase, betrachtet Bitcoin als Betrug. Nach Larry Fink, dem Chef der weltgrößten Vermögensverwaltung Blackrock, zeigt der Bitcoin, wie viel Nachfrage nach Goldwäsche es in der Welt gibt. Der bekannte Ökonom Joseph Stiglitz fordert ein Verbot von Bitcoin. Jerome Powell, der nächste Präsident der US-Zentralbank, sieht Kryptowährungen eher gelassen, da diese aufgrund ihrer geringen Größe aktuell keine Rolle spielen. Für Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele sind Bitcoins teuer und ineffizient.
Der EZB-Präsident Mario Draghi findet, dass die Technologie, die hinter den Kryptowährungen steht, noch nicht reif für eine Beachtung ist. EZB-Direktoriumsmitglied Yves Mersch, der für Bargeld und Zahlungsverkehr zuständig ist, betrachtet dagegen den spekulativen Hype um den Bitcoin mit Sorge und sieht große Gefahren für die Finanzmarktstabilität, wenn Finanzmarktinfrastrukturen wie Börsen in dieses Geschäft einsteigen.
Die Wirtschaftsweise Isabel Schnabel warnt vor den potenziellen Risiken der Internetwährung. Der Chef des US-Handelshauses Interactive Brokers, Thomas Petterfy, sieht sogar die Möglichkeit, dass der Bitcoin zum Auslöser einer Krise werden könnte. Südkorea, mit drei führenden globalen Bitcoin-Börsen Bithumb, Coinone und Korbit der Haupthandelsplatz in Fernost, versucht jetzt den Handel mit virtuellen Währungen einzuschränken, indem Bitcoin-Konten nicht mehr anonym geführt werden dürfen. Außerdem sollen Behörden Handelsplätze mit Cyber-Währungen unter bestimmten Umständen schließen können.
Bitcoin-Boom
Eher skurril anmutende Versuche, den „korrekten“ Wert des Bitcoins durch eine willkürliche Relation zur Gesamtmenge des bestehenden Geldsystems zu berechnen, kommen auf Werte von 50.000 US-Dollar. Der Gier (oder Dummheit) der Menschen sind bisher (außer in Korea und China) keine staatlichen Grenzen gesetzt worden.
Ein Bitcoin kann jeden Wert annehmen, den der Markt ihm zubilligt bzw. die Menschen bereit sind, dafür auszugeben. Es ist die große Frage, ob dezentral privatwirtschaftlich entstandenes „virtuelles Geld“ sich gegenüber staatlich „autorisiertem“ Geld behaupten kann. Womöglich kommt es zu einer Parallelexistenz oder gar zu einem Abgleiten in die Schattenwirtschaft. Was, wenn durch irgendwelche Manipulationen oder staatliche Eingriffe das Vertrauen in die Nutzbarkeit des Bitcoins zerstört wird?
Kolumne von Dr. Thomas Heidel, Leitung Research FIDAL AG