"Manndeckung"
18.05.2016
Felix Hufeld
Erstmals müssen die Lebensversicherer ihre wahre Lage nach neuen Regeln melden. Etwa die Hälfte der rund 90 Lebensversicherer in Deutschland dürfte wohl Probleme mit der Solvenzquote haben.
Von Herbert Fromme (Auszug aus Süddeutsche.de vom 17.05.2016)
Der Manndecker bittet zum Rapport! Erstmals müssen die Lebensversicherer ihre wahre Lage nach neuen Regeln melden. Etwa die Hälfte der rund 90 Lebensversicherer in Deutschland dürfte wohl Probleme mit der Solvenzquote haben.
"Manndeckung" gehört zu den Lieblingswörtern von Felix Hufeld, wenn er über notleidende Banken, Bausparkassen oder Versicherer spricht. Der Präsident der Finanzaufsicht BaFin soll dafür sorgen, dass trotz historisch niedriger Zinsen kein Kunde Geld verliert, weil es einem Geldhaus oder Versicherer schlecht geht. Vorstände und Aufsichtsräte einer Reihe von Lebensversicherern finden Hufelds Bezug zum Fußball nicht mehr lustig. Denn sie haben Post bekommen. In den Briefen teilt die BaFin mit, wie die Manndeckung konkret aussieht. Alle drei Monate müssen Versicherer ihr berichten, welche Fortschritte sie bei der Überwindung ihrer Probleme machen. Noch schlimmer: Diese Berichte müssen sie regelmäßig von ihren Wirtschaftsprüfern bestätigen lassen. Die aber achten penibel darauf, dass es sich um realistische Annahmen handelt. Dass die BaFin so präzise Anforderungen stellt, hängt mit Solvency II zusammen, den neuen EU-Aufsichtsregeln für Versicherer. Sie sind am 1. Januar 2016 in Kraft getreten. Solvency II misst die Fähigkeit eines Versicherers, Risiken wie Katastrophenschäden oder Zusammenbrüche an den Kapitalmärkten auszuhalten. Vereinfacht gilt: Wer als Versicherer hohe Risiken eingeht, entweder bei der Risikoübernahme oder am Kapitalmarkt, benötigt mehr Kapital als ein Rivale mit weniger Risiken. Am Ende läuft alles auf eine Kennzahl hinaus: die Solvenzquote, im Branchenjargon Solvency Capital Requirement (SCR). Liegt sie bei 100 Prozent, erfüllt der Versicherer die Anforderungen. Liegt sie bei unter 100 Prozent, muss er nachbessern, sieht es ganz düster aus, nimmt ihn die BaFin in Manndeckung. Dazu gehören laut Branchenkreisen auch die prominenten Anbieter Talanx, Debeka und Signal Iduna. Probleme hat etwa die Hälfte der rund 90 Lebensversicherer in Deutschland. Von ihnen seien etwa 20 in der engen Aufsichtsbegleitung, eben der Manndeckung, heißt es in der Branche. Bestätigen will das niemand… Von Herbert Fromme (Auszug aus Süddeutsche.de vom 17.05.2016)