Branchen-Reaktionen auf Bundestagswahl

24.02.2025

Friedrich Merz. Foto: @ Tobias Koch / CDU

Machtwechsel in Berlin: Die Union, angeführt von ihrem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz, hat bei der Bundestagswahl am 23. Februar erwartungsgemäß die meisten Stimmen erhalten. Laut vorläufigem Ergebnis erzielte sie 28,52 Prozent der Stimmen. Die AfD hingegen ist der große Gewinner des Wahlabends und erreicht mit 20,8 Prozent den zweiten Platz. Die SPD hingegen verzeichnet mit 16,41 Prozent einen historischen Tiefststand. Die Grünen verlieren nur leicht und erzielen 11,61 Prozent. Die FDP bleibt mit 4,33 Prozent unter der erforderlichen Hürde, auch das Bündnis um Sahra Wagenknecht scheitert mit 4,97 Prozent knapp an der Parlamentsschwelle. Im Gegensatz dazu kann die bereits abgeschriebene Linke nach einer Aufholjagd 8,77 Prozent der Stimmen gewinnen.

Frank RottenbacherFrank Rottenbacher

Der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung e.V. gratuliert der CDU/CSU zum Wahlsieg und begrüßt, dass die neue Bundesregierung von einer CDU/CSU-geführten Koalition angeführt wird, die sich laut Wahlprogramm und den Aussagen ihrer Finanzexperten für eine Reform der privaten Altersvorsorge einsetzt. In diesem Zusammenhang regt der AfW an, dass sich die künftige Bundesregierung bei der Umsetzung dieser Reform an den Ergebnissen der Fokusgruppe private Altersvorsorge aus dem Jahr 2023 zu orientieren. Diese wurde zwar von der Vorgängerregierung ins Leben gerufen, ihre Ergebnisse sind jedoch weiterhin relevant: eine Reform der Riester-Rente, eine förderfähige, kapitalmarktorientierte private Altersvorsorge ohne Garantievorgaben und die Ablehnung eines Staatfonds. Der Verband spricht sich zudem für eine Reform der gesetzlichen Rente aus, die durch eine beginnende Beteiligung am Kapitalmarkt zukunftsfähiger gestaltet werden könnte.  „Ich hoffe, dass die CDU das Finanzministerium nicht erneut an einen Koalitionspartner abtritt. Die Erfahrungen der letzten beiden Kanzlerparteien haben gezeigt, dass eine Abgabe dieses zentralen Ministeriums an den Koalitionspartner mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden war“, erklärt AfW-Vorstand Frank Rottenbacher. „Gerade wenn die CDU nun zügig notwendige Veränderungen umsetzen möchte, ist es entscheidend, das Finanzministerium in eigener Hand zu behalten.“ Das Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag bedauert der AfW ausdrücklich. Die Freien Demokraten waren stets ein kompetenter Gesprächspartner in allen Fragen, die uns als AfW in den letzten Jahren intensiv beschäftigt haben. "Diese Kompetenz werden wir vermissen", so Rottenbacher. Der AfW begrüßt zudem die hohe Wahlbeteiligung, kritisiert jedoch, dass zahlreiche im Ausland lebende und arbeitende deutsche Staatsbürger aufgrund organisatorischer Engpässe nicht an der Bundestagswahl teilnehmen konnten. Der Verband fordert eine längere Frist und verbesserte Verfahren, um auch diesen Wählerinnen und Wählern ihr Wahlrecht uneingeschränkt zu ermöglichen.

Michael H. HeinzMichael H. Heinz

Angesichts eines wirtschaftsfreundlichen Wahlergebnisses fordert der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) zügige Sondierungsverhandlungen des Wahlgewinners CDU/CSU und hat dafür eigene Forderungen formuliert.„Wir gratulieren zunächst Friedrich Merz und freuen uns auf eine intensive und konstruktive Zusammenarbeit“, sagt BVK-Präsident Michael H. Heinz. „Schnelle Koalitionsverhandlungen insbesondere mit der SPD sind jetzt dringend geboten. Schließlich haben wir in Deutschland einen Reformstau auf vielen politischen Gebieten und die Wirtschaft muss schnell neu belebt werden. Absolut notwendig ist eine zeitnahe Reform der privaten Altersvorsorge. Für die Agenda der neuen Bundesregierung haben wir aus Sicht der Vermittler einen Forderungskatalog mit zehn Punkten entwickelt.“ So fordert der BVK eine stärkere Förderung der kapitalgedeckten Altersvorsorge und insbesondere der Riester-Rente, indem diese erweitert, entbürokratisiert und renditeorientierter gestaltet wird. Der Verband verlangt zudem von der neuen Bundesregierung ein definitives Bekenntnis zum Vergütungssystem auf Provisionsbasis sowie eine Anerkennung der sozialpolitischen Bedeutung des Berufsstands der Versicherungsvermittler. Außerdem sollen Bürokratie und Berichtspflichten abgebaut werden, wozu auch eine Absage der Übertragung der Vermittleraufsicht auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gehört.„Die neue Bundesregierung soll auch den Erhalt des bewährten Dualen Gesundheitssystems garantieren“, sagt BVK-Präsident Heinz, „und außerdem die Expertise unseres Berufsstands dafür nutzen, wenn sie ein System der Altersvorsorgepflicht für Selbständige beschließt. In diesem Kontext sollte die neue Bundesregierung für eine Klarstellung über die Tätigkeit von Finfluencern sorgen, um vor allem junge Vorsorgesparer wirksamer zu schützen.“Der BVK besteht außerdem darauf, dass auch in der neuen Legislaturperiode kein Vertrieb ohne Beratung etabliert werden darf. Ferner ermuntert der Verband die Bundesregierung dazu, das Megathema Nachhaltigkeit unbürokratisch weiterzuentwickeln und den Chancen und Risiken der Künstlichen Intelligenz mit Augenmaß zu begegnen.

Klaus G. LeyhKlaus G. Leyh

Klaus G. Leyh, Vorstand des Ressorts Personenversicherung im Konzern Versicherungskammer kommentiert:„Deutschland hat gewählt. Eine neue Bundesregierung muss in den kommenden Monaten die Weichen für Reformen unseres Alterssicherungs-, Gesundheits- und Pflegesystems stellen. Die Politik ist gefordert, unsere sozialen Sicherungssysteme, die insbesondere durch die demografische Entwicklung vor großen Herausforderungen stehen, durch zukunftsfähige Rahmenbedingungen resilient und demografiefest aufzustellen.

Altersvorsorge

Die gesetzliche, betriebliche und private Altersvorsorge müssen gleichwertig gefördert werden, um eine nachhaltige finanzielle Absicherung im Alter zu gewährleisten. Insbesondere bedarf es zusätzlicher innovativer Lösungen, um die Wirksamkeit und Attraktivität der einzelnen Säulen zu erhöhen:

  1. Die staatlich geförderte private Altersvorsorge muss dringend reformiert werden. Bestehende Modelle sind oft zu komplex und bürokratisch. Vereinfachte Fördermodelle und attraktive steuerliche Anreize können die private Vorsorge deutlich stärken.
  2. Die betriebliche Altersvorsorge muss flexibler gestaltet und besonders für kleine und mittelständische Unternehmen ohne Tarifbindung zugänglich gemacht werden. Eine verpflichtende Tarifbindung greift zu kurz, da sie die Realität vieler Unternehmen verkennt. Statt starrer Regelungen braucht es flexible, bedarfsgerechte Lösungen, die die Interessen von Unternehmen und Beschäftigten gleichermaßen würdigen.
  3. Wir begrüßen eine Versicherungspflicht für Selbstständige mit einer Opt-Out-Möglichkeit für diejenigen, die eine gleichwertige Altersvorsorge nachweisen können. Dies stärkt die Eigenverantwortung und schützt Selbstständige vor Altersarmut, ohne sie übermäßig zu belasten.

Gesundheit und Pflege

Das deutsche Gesundheitswesen basiert auf den zwei Säulen aus privater (PKV) und gesetzlicher Krankenversicherung (GKV). Dieses duale System ermöglicht eine flächendeckende medizinische Versorgung und fördert Innovationen, die allen Versicherten zugutekommen. Eine starke PKV ist unverzichtbar, denn sie sichert bereits jetzt mit einem überproportionalen Beitrag – 10 % Privatversicherte bringen 20 % des Umsatzes in Arztpraxen – die Finanzierung der Gesundheitsinfrastruktur, die von allen genutzt wird.

Wir als Versicherer setzen auf ein stabiles, finanziell sicher aufgestelltes Gesundheits- und Pflegeversicherungssystem in Deutschland durch unser klares Bekenntnis zu einem effizienten, dualen System und zu mehr Eigenvorsorge. Dabei gilt:

  1. Nur in einem funktionierenden Systemwettbewerb bleiben die Vorteile des dualen Systems erhalten. Dieser Wettbewerb muss gestärkt werden, indem die PKV Gestaltungsrechte analog zur GKV erhält, etwa hinsichtlich Digitalisierung und Datennutzung (verpflichtende Befüllung der elektronischen Patientenakte in Arztpraxen und Apotheken, datengestützte Erkennung individueller Gesundheitsrisiken) sowie mit Blick auf die Förderung von Prävention und gesundheitsbewusstem Verhalten durch Bonusprogramme.
  2. Zur Sicherung des dualen Gesundheitssystems bedarf es der garantierten Wahlfreiheit der Versicherten: Dafür muss die Versicherungspflichtgrenze wieder auf das Niveau der Beitragsbemessungsgrenze abgesenkt werden. Zudem sollten Privatversicherte das Recht bekommen, nach fünfjähriger Versicherung in der PKV verbleiben zu dürfen, auch wenn ihr Einkommen unter die Versicherungspflichtgrenze sinkt.
  3. Durch Altersrückstellungen – aktuell mehr als 340 Mrd. Euro – betreibt die PKV die notwendige generationengerechte Vorsorge. In unserer alternden Gesellschaft ist es wichtig, die Pflegeversicherung kapitalgedeckt weiterzuentwickeln. Mit einer Zusatzversicherung ist es möglich, die drohende Finanzierungslücke der gesetzlichen Pflegeversicherung individuell zu schließen. So nehmen wir Druck von der umlagefinanzierten sozialen Pflegeversicherung und vermeiden, dass die jüngeren Generationen immer weiter belastet werden. Die betriebliche Pflegeversicherung muss eine wichtige Säule in der Absicherung des Pflegerisikos werden. Durch gezielte staatliche Förderung der privaten und betrieblichen Pflegevorsorge, etwa durch Befreiung der Beiträge von Steuern und Sozialversicherungsabgaben, kann der Gesetzgeber die Eigenverantwortung stärken und Vorsorgelösungen für Unternehmen attraktiver machen.

Ein kluges Zusammenspiel aus privater Eigenvorsorge, betrieblicher Vorsorge und solidarischer Finanzierung ist Voraussetzung, um unsere sozialen Sicherungssysteme fit für die Zukunft zu machen und eine verlässliche Gesundheits- und Pflegeversorgung für alle Versicherten sicherzustellen. Durch nachhaltige Reformen hat die neue Bundesregierung die Chance, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Altersvorsorge zu stärken.

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