Biotechnologie als konjunkturunabhängiges Investment

22.10.2014

Mario Linimeier

**Die Kursrücksetzer an den Börsen verunsichern Berater und Investoren. Raus aus den Aktien? Welche Branchen können sich relativ betrachtet gegen den Trend behaupten? Im finanzwelt-Interview bezog *Mario Linimeier* von Medical Strategy Stellung und ging auf die Chancen des Biotechnologie-Sektors ein.**

finanzwelt: Inwieweit ist die Biotech-Branche von Kurseinbrüchen an den Börsen betroffen? Was hebt den Sektor von anderen Sektoren ab?

Linimeier: Einer allgemeinen Marktkorrektur wird sich der Biotech-Sektor nicht entziehen können. Im Vergleich zu anderen Branchen unterscheidet sich die Biotechnologie allerdings grundlegend. Der Gesundheitsmarkt ist per se konjunkturunabhängig, denn Medikamente werden immer benötigt. Innovative Therapien mit klarem Zusatznutzen – wie etwa Heilung oder verlängertes Überleben – haben gegenüber älteren, weniger wirksamen Konkurrenzprodukten wegen ihrer dominanten Marktposition eine sehr hohe Preissetzungsmacht, die aufgrund des stetigen Bedarfs nach Gesundheitsleistungen nur in geringem Maß von der konjunkturellen Situation abhängt. Dies bildet die Basis für ein hohes, nachhaltiges Ertragspotential bei Biotech-Innovationsführern.

Darüber hinaus werden die Aktienkurse großkapitalisierter, profitabler Biotech-Unternehmen u.a. bedingt durch die höhere Liquidität und die stabile Ertragssituation im Normalfall weniger stark auf Marktkorrekturen reagieren als die Kurse von kleineren, noch nicht profitablen Biotech-Werten. Für antizyklische Investoren ergeben sich somit Kaufgelegenheiten insbesondere im Small- und Mid-Cap-Segment.

finanzwelt: Welche Empfehlungen würden Sie Biotech-Investoren geben?

Linimeier: Aus Anlegersicht sind die langfristigen Wachstumsperspektiven für den Investmenterfolg entscheidend. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt befindet sich die Biotech-Branche erst am Beginn eines neuen Innovationszyklus. Nach einer Analyse von Bernstein Research soll der Medikamentenumsatz in den USA von 329 Mrd. USD im Jahr 2013 auf 530 Mrd. USD im Jahr 2020 ansteigen – trotz Patentabläufen und Biosimilars. Wir erleben heute eine historisch einmalige Breite von therapeutischen Durchbrüchen. Die Grundlage hierfür bilden Fortschritte in der molekularbiologischen Grundlagenforschung, die ein gezieltes Eingreifen in das jeweilige Krankheitsgeschehen und somit kausale Therapieansätze ermöglichen. Natürlich wird es gegebenenfalls zu temporären Kurskorrekturen kommen, der medizinische Fortschritt durch Innovation bleibt aber ungebrochen und nachhaltig.

finanzwelt: „Kaufen und Vergessen" lautete die Devise von Kostolany. Wäre das auch Ihre Empfehlung für Biotech-Investoren?

Linimeier: Vielleicht nicht so ganz, aber jeder Biotech-Investor sollte einen Langzeithorizont von mindestens 5, besser 10 Jahren mitbringen. Auch empfiehlt es sich, nicht sofort den gesamten Anlagebetrag auf einmal zu investieren, sondern Kursrückschläge für gezielte Nachkäufe zu nutzen. Geduldige Anleger mit einem langen Zeithorizont, die selektiv und vor allem strategisch klug auch mal gegen den Trend investieren, werden aufgrund der attraktiven Chancen, die der Biotech-Sektor bietet, belohnt werden.

finanzwelt: Welches Anlagevehikel wäre für Investoren am besten geeignet um am Biotech-Boom zu partizipieren?

Linimeier: Investoren sollten beachten, dass Anlagen in einzelne Biotech-Titel aufgrund der stark ausgeprägten Risiken bei der Wirkstoffentwicklung hochriskant sind. Nur ein Bruchteil der Wirkstoffkandidaten erhält eine Marktzulassung. Um die Chancen einer erfolgreichen Produktentwicklung abschätzen zu können, bedarf es zudem einer tiefgreifenden wissenschaftlichen Expertise. Aktiv gemanagte Biotechnologie-Fonds können Anlegern sowohl eine hinreichende Risikodiversifikation als auch entsprechendes molekularbiologisches Fachwissen bieten.

Das Interview führte Alexander Heftrich