Augen auf

23.03.2015

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Gute Argumente sprechen dafür, dass sich die Honorarberatung für Makler neben der provisionsbasierten Beratung zum zweiten Standbein entwickeln wird. Denn die Politik will sie, und die Verbraucherschützer wollen sie auch. Allerdings sollte der Vertrieb seinen Schritt in die neue Welt gut vorbereiten – auch im Hinblick auf die Vermögensschadenhaftpflicht.

Never change a winning team – die von dem ehemaligen englischen Fußballnationaltrainer Sir Alf Ramsey stammende Aufforderung, an Bewährtem festzuhalten, hat heute auch im Sport nur noch eingeschränkte Gültigkeit. Stattdessen gilt die Maxime des französischen Philosophen Voltaire, dass das Bessere der Feind des Guten sei. Will sagen: Wettbewerb bringt voran und Veränderung bringt Fortschritt. Ähnlich verhält es sich mit der provisionsfinanzierten Versicherungsberatung und der Honorarberatung, so Heiko Reddmann, Geschäftsführer von HonorarKonzept: „Inzwischen nehmen immer mehr Versicherungskunden Honorarberater als willkommene Alternative zu den traditionellen Versicherungsvermittlern wahr." Diese Verbraucher hätten die uneingeschränkte Transparenz kennen und schätzen gelernt, mit der die Honorarberatung die Provisionsberatung klar übertreffe. Mit dieser Ansicht steht er nicht alleine da.

Politik und Verbraucherschützer sind in dem Bestreben vereint, die Honorarberatung im Bereich der Finanz- und Versicherungsdienstleistungen weiter zu forcieren.

Dafür spricht, dass der Honorarberater mit völliger Offenheit sowohl in Bezug auf die Produkte, deren Kosten und damit nicht zuletzt auch auf die Vergütung der Beratungsleistung punkten kann. Im Gegensatz zur Provisionsberatung informiert er seine Kunden bis ins Detail darüber, wer was mit ihrem Geld anfängt. Außerdem weiß jeder Beratungssuchende von Beginn an, welchen Gegenwert er für die objektive und neutrale Konsultation beim Honorarberater zu leisten hat. Konkret bedeutet das den Befürwortern zufolge keine versteckten Kosten und Provisionen, die ihm letztlich von der Rendite abgezogen werden. Stattdessen bietet ihm der Honorarberater reine Nettoprodukte an. Für die Beratung allerdings muss gezahlt werden. Dieser Aspekt muss ebenfalls in eine Renditeberechnung einfließen.

Provision versus Honorar

Reddmann ist überzeugt: „Diese Unabhängigkeit von Vermittlungsprovisionen versetzt den Makler in die Lage, seinen Kunden nur die Produkte empfehlen zu können, die deren tatsächlichen Bedürfnissen eins-zu-eins entsprechen." Damit geselle sich zur Offenheit die Fairness in der Beratung. BVK-Präsident Michael H. Heinz widerspricht in diesem Punkt jedoch vehement: „Honorarberatung schützt nicht mehr oder weniger vor Schlecht- und Falschberatung als die Provisionsvermittlung, die gegenüber der Honorarberatung einen gewichtigen Vorteil hat: Mit der Provision oder Courtage des Vermittlers sind nicht nur der Abschluss, sondern auch die weitere Beratung sowie Schadenbearbeitung und Betreuung während der gesamten Laufzeit des Vertrags abgegolten, die bei einer Honorarberatung zusätzliche Kosten für den Kunden auslösen würden. Laut Reddmann jedoch erweisen sich die Dienstleistungen des Honorarberaters in der Regel als kostengünstiger: „Denn er kann seinem Kunden von unnötigen Verträgen abraten, er kann ihn auf eine mögliche Überdeckung hinweisen, er kann ihn vor einer nicht bedarfsgerechten Absicherung durch falsche Policen warnen und so weiter – ohne dass der Makler dadurch selbst Provisionseinbußen hinnehmen muss." Wie unterschiedlich die Beziehung zwischen Makler und Ratsuchendem im Vergleich Honorar-/ Provisionsberatung schon von vorneherein angelegt ist, werde laut Reddmann bereits bei der ersten Kontaktaufnahme deutlich. „Hier beginnt der Honorarberater nicht alsbald mit dem Verkaufsgespräch. Stattdessen vermittelt er seinem Gegenüber zunächst einen Überblick über die ganze Bandbreite der Konsultationsleistungen und klärt mit ihm darauf basierend den Umfang des jeweiligen Beratungsauftrags ab." Das trage wesentlich zu jener Vertrauensbildung bei, die nachfolgend das gesamte Verhältnis des Honorarberaters zu seinem Auftraggeber präge. Danach folge erst der eigentlich beratende Teil des Gesprächs mit der Bedarfsermittlung und den entsprechenden Vorschlägen. Dabei ist dies eigentlich die ureigene Aufgabe eines jeden Maklers, ob gegen Provision oder Honorar. Ein echter Vorteil für den Makler besteht jedoch darin, dass er mit der Aufnahme der Honorarberatung nicht gezwungen ist, sein bisheriges Geschäftsmodell von heute auf morgen aufzugeben. Vielmehr kann er nach dem Prinzip verfahren, das eine zu tun ohne das andere zu lassen. D. h., er beginnt schon jetzt mit der Honorarberatung und bereitet sich so rechtzeitig auf die regulatorischen Veränderungen vor, die für die Zukunft absehbar sind. Gleichzeitig betreut er seinen vorhandenen Kundenstamm weiter wie gewohnt, erweitert sozusagen nur sein Angebot.

Eines scheint gewiss: Die politisch Verantwortlichen werden an ihrem erklärten Ziel einer flächendeckenden Einführung der

Honorarberatung festhalten.

Zwar herrscht derzeit branchenweit noch eine gewisse Verunsicherung im Hinblick darauf, wie genau die absehbaren Veränderungen der Rahmenbedingungen in der Versicherungsberatung und -vermittlung aussehen werden. Dass diese Eingriffe in das bestehende Regelwerk kommen werden, ist hingegen kaum noch Thema von Diskussionen. Insofern sollte sich für Makler die Frage, ob sie schon jetzt auf den Fahrt aufnehmenden Zug der Honorarberatung aufspringen, gar nicht wirklich stellen. Wirft man vor diesem Hintergrund einen Blick in die Zukunft, so ist die Prognose sicher nicht vermessen, dass die Honorarberatung möglicherweise allen Unkenrufen zum Trotz doch das Zeug dazu hat, zu einem Wachstumsmotor für die Branche zu werden. Wobei Ralf Werner Barth. Vorstand der Vereinigung zum Schutz für Anlage- und Versicherungsvermittler e. V. (VSAV), auf eine latente Gefahr aufmerksam macht: „Die VSH-Konditionen für Honorarberater sind meistens anders formuliert als für Provisionsvermittler. Dies kann im Streitfall zu unterschiedlichen Auslegungen führen. Und: Durch die Ausweitung ergeben sich in aller Regel Arbeitsfelder, die bisher nicht in der VSH abgedeckt waren." (hwt)

Honorarberatung - Printausgabe 02/2015