Aufklärung und Wissensvermittlung sind auch bei Private Markets entscheidend

02.07.2024

Marc Tavakolian, Head of Investor Relations Germany, Austria & Switzerland bei ODDO BHF Private Assets | Foto: © ODDO

In diesen Wochen wird das Angebot des neuen ELTIF 2.0 immer breiter. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass dieser Trend künftig anhält. Wie chancenreich ist das „Comeback“ des neuen regulatorischen Rahmens? Die Scope Group hat vor kurzem ein Update ihrer ELTIF-Studie des Vorjahres vorgelegt. Die Autoren bemerken unter anderem: „Gegenüber 2022 ist das Marktvolumen um rund 2,7 Mrd. Euro gestiegen. Dies entspricht einem Wachstum von 24 %. Eine starke Nachfrage wird sich dann einstellen, wenn sich zeigt, dass ELTIFs in der Breite eine hohe Rendite erzielen können oder ein sehr vorteilhaftes Rendite-Risiko-Profil haben. Weil sich diese Erkenntnis über Jahre hinweg entwickeln muss, wird es dauern, bis Anleger verstärkt in der Breite investieren.“ Vor diesem Hintergrund sprach die finanzwelt-Redaktion im Mai mit Marc Tavakolian, Head of Investor Relations Germany, Austria & Switzerland bei ODDO BHF Private Assets, zum ELTIF 2.0 und dem neuen hauseigenen Produkt.

finanzwelt: Herr Tavakolian, der ELTIF 2.0 ist am Start. Mittlerweile gibt es immer mehr Produkte am Markt. Brauchte es dieses Vehikel?

Marc Tavakolian» Grundsätzlich ist die Novellierung sehr zu begrüßen. Die Idee des European Long-Term Investment Fund (ELTIF) war und ist gut, um eine breitere Anlegerschaft an den Vorzügen der vielfältigen Private Markets partizipieren zu lassen. Der Zuspruch zum ELTIF 1.0 hielt sich in Grenzen, da das Korsett zu eng gefasst war und hohe regulatorische Hürden vorsah. Mit dem ELTIF 2.0 soll es Privatanlegern nun leichter gemacht werden, Zugang zu einer Anlageklasse zu finden, die bislang überwiegend institutionellen Investoren vorbehalten war. Wie der Markt die nach und nach auf den Markt kommenden Produkte annimmt, bleibt abzuwarten. Grundsätzlich sind wir da durchaus optimistisch.

finanzwelt: Wo machen Sie die Verbesserungen zur Vorgängerversion aus?

Tavakolian» Zentraler Baustein des runderneuerten ELTIF 2.0 ist, dass die bis dato für den Vertrieb an Privatpersonen geforderte Mindestanlagesumme von 10.000 Euro aufgehoben wurde. Nunmehr kann ein ELTIF an jeden qualifizierten Privatanleger vertrieben werden. Dafür ist lediglich eine Geeignetheitsprüfung durchzuführen. Hinzu kommt, dass die Definition der zulässigen Vermögenswerte um zusätzliche Anlageklassen erweitert wurde und globale Investitionen möglich sind.

finanzwelt: Viele sprechen von einer „Demokratisierung der Private Markets“. Klingt schön. Dennoch gibt es auch hierbei Hürden.

Tavakolian» Bei Private Equity, Private Debt oder auch Infrastruktur handelt es sich um klassische Langfristanlagen, die im Unterschied zu Aktien und Anleihen kaum liquide sind. Dessen sollten sich Privatanleger bewusst sein. Unsere Aufgabe als Produktanbieter ist es demzufolge, die Komplexität und Vielschichtigkeit der alternativen Anlagen klarzustellen. Der ELTIF 2.0 öffnet Türen, ermöglicht ein breiteres Spektrum an Investmentopportunitäten, ist jedoch auch kein Selbstläufer. Aufklärung und Wissensvermittlung sind in diesem Zusammenhang ganz entscheidend. Hier bietet sich auch die Möglichkeit für Finanzberater, mit Qualität zu punkten.

finanzwelt: Ein guter Punkt. Das Wissen um Private Markets sollte auf beiden Seiten in ausreichendem Maß vorhanden sein. Sind die Berater fit für Private Equity & Co.?

Tavakolian» Natürlich können wir auch in diesem Kontext keine pauschale Aussage treffen. Zu heterogen ist die Beraterlandschaft, aber ich habe schon viele Berater erlebt, die sich im Bereich Private Assets ausgesprochen gut auskennen. Einige haben sich wahrscheinlich bereits in der Vergangenheit im Umfeld der Vermittlung von geschlossenen Beteiligungen kundig gemacht. Dieses Know-how erleichtert den Zugang.

finanzwelt: Sind Sie der Meinung, dass der ELTIF 2.0 eine rasante Erfolgsstory werden könnte?

Tavakolian» Finanzprodukte sind komplex, erklärungsbedürftig und zudem sind deutsche Anleger nach wie vor eher skeptisch, was den Kapitalmarkt betrifft. Es ist zwar grundsätzlich ermutigend, dass wir beispielsweise in der jüngeren Vergangenheit ein Wachsen des zarten Pflänzchens Aktienkultur erlebt haben. Aber für diese Entwicklung hat es viel Zeit gebraucht. So wird es zwangsläufig auch beim ELTIF 2.0 sein. Es wird übrigens auch ein Lernprozess auf Seiten der Produktanbieter einsetzen. Auch wir als erfahrener Emittent sind in der Pflicht, sowohl Vermittler als auch Selbstentscheider ständig auf dem Laufenden zu halten und Erkenntnisse zu vermitteln. Der stete Tropfen höhlt den Stein und ist die Basis dafür, dass dieses Produktvehikel langfristig Anklang und seinen Platz als zusätzlicher Baustein in einem breiten Portfoliomix findet.

finanzwelt: Vor kurzem haben Sie einen entsprechenden Fonds aufgelegt, den ODDO BHF Commit for Tomorrow ELTIF. Welche Überlegungen steckten dahinter?

Tavakolian» Wir haben bewusst die Novellierung des ELTIF abgewartet. Im Mittelpunkt der Produktentwicklung stand zunächst die Frage, welche Strategie dem neuen Produkt zugrunde liegen soll. Am Ende haben wir uns dazu entschlossen, auf eine lang bewährte, bis dato nur professionellen Investoren vorbehaltene, Strategie im Bereich Private Equity zurückzugreifen. Unser Haus kann auf Erfahrungen im Bereich Private Assets seit 1999 zurückblicken und hat per Ende April knapp 4 Mrd. Euro an Kapitalzusagen eingeworben. Der Leitgedanke des Fonds besteht darin, Lösungen für die vielfältigen Herausforderungen von morgen zu vereinen. Denken Sie beispielsweise an Themen wie Energie, Dekarbonisierung, Infrastruktur und viele andere.

finanzwelt: Bedeutet, Ihr Produkt ist nicht monothematisch ausgelegt?

Tavakolian» Die Welt steht vor vielfältigen Herausforderungen. Demzufolge hat das erfahrene Managementteam größtmögliche Handlungsmöglichkeiten und kann sowohl in Primär- als auch in Sekundäranlagen investieren. Dabei folgen wir dem Ansatz der Risikostreuung, geografisch (Fokus auf Europa und die USA) als auch thematisch. Das ist zentral, denn niemand weiß heutzutage, wer der künftige Marktführer in einem Zukunftssektor sein wird. Zu rasant sind die Entwicklungen. Mit dieser Strategie der breiten Risikostreuung maximieren wir letztlich die potenziellen Chancen und vermindern gleichzeitig die Risiken. Dieser Aspekt ist insbesondere für Privatinvestoren sehr wichtig. (ah)