20 Prozent Zölle auf EU-Importe
03.04.2025

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„Donald Trump macht seine Wahlversprechen wahr und möchte mit allen Mitteln die Produktion in den USA stärken. Und dies soll mit Zöllen erreicht werden. Gestern hat der US-Präsident daher Zölle für fast alle Staaten erhoben. Besonders hart hat es die Europäischen Union getroffen. Auf Waren vom alten Kontinent werden nun künftige Zölle in Höhe von 20% erhoben.
Die Antwort aus Brüssel kam prompt. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat bereits Gegenmaßnahmen angekündigt. Und die Eskalationsspirale dürfte sich nun munter weiterdrehen. Die Angst vor einer Rezession ist seit gestern Abend deutlich größer geworden. Und ob der „Liberation Day“ für die Vereinigten Staaten wirklich ein Tag der Befreiung ist, bleibt abzuwarten. Die Verbraucherpreise und somit die Inflation könnten wieder anziehen. Und ob die Federal Reserve am 18. Juni wie allgemein erwartet, erneut die Zinsen senkt, steht nun in den Sternen.
Das vorbörsliche Minus ist kleiner geworden. Vor der Eröffnungsglocke lag der DAX deutlich unter der Nackenlinie bei 22.239 Punkten. Im Augenblick nähert sich der deutsche Leitindex der genannten Unterstützung. Um eine Vollendung des Doppelhochs und somit eine Trendumkehr zu verhindern, sollte der heutige Schlusskurs oberhalb der Nackenlinie liegen. Gelingt dies nicht, müssen die Anleger mit weiter fallenden Notierungen rechnen. Aus der Höhe der genannten Chartformation errechnet sich ein Abwärtspotenzial bis 21.000 Zählern. Knapp davor ist im Tageschart das 38,2%-Fibonacci-Level bei 21.009 Punkten zu finden.“
Christian Henke, Analyst beim Onlinebroker IG.
„Die kürzlich angekündigten Zölle stellen eine erhebliche Erhöhung der Zölle auf asiatische Exporte dar, und zwar wohl mehr als vom Markt erwartet. Die Berechnung dieser Zölle ist schwer nachvollziehbar, da sie nichttarifäre Handelshemmnisse und Faktoren wie die ‚Devisenmanipulation‘ einbezieht, was zu Unsicherheiten darüber führt, wie diese Elemente die endgültigen Zahlen beeinflusst haben.
Auf die USA entfallen etwa 15 % der Exporte aus der Region; Zollerhöhungen in der Größenordnung von 20–35 % würden das Wachstum in diesem Jahr erheblich bremsen, insbesondere für die offeneren, handelsorientierten Volkswirtschaften. Darüber hinaus haben viele asiatische Volkswirtschaften einen relativ hohen Anteil ihres Exportwerts, der in den USA landet, sodass die breite Anwendung von Zöllen weltweit die Auswirkungen einer Umlenkung des Handels behindern wird.
Investoren müssen nun abwarten, wie die politischen Entscheidungsträger reagieren. Zwar besteht Verhandlungsbereitschaft, doch bleibt abzuwarten, welche Maßnahmen die asiatischen Länder ergreifen können, um die Zölle, mit denen sie konfrontiert sind, deutlich zu senken, über die Senkung oder Abschaffung der Zölle auf US-Waren hinaus. Maßnahmen wie Gegenzölle und Währungsabwertungen könnten eine zusätzliche Zollreaktion der USA auslösen, was zu weiteren Komplikationen für die regionalen Entscheidungsträger führen würde. Wahrscheinlicher ist, dass der Schwerpunkt auf der Unterstützung der Binnenwirtschaft liegen wird, wo Länder mit politischer Flexibilität geld- und fiskalpolitische Anreize einführen könnten, um den negativen Wachstumseffekten der Zölle entgegenzuwirken.
In der Zwischenzeit wird erwartet, dass Risikoanlagen unter Druck und volatil bleiben, da Unternehmen die Auswirkungen dieser Zölle auf ihre Geschäftspläne und den möglichen Zeitrahmen für Verhandlungen zur Senkung der Zölle bewerten. Die Preise von Vermögenswerten können sich stabilisieren und erholen, wenn der Markt das Vertrauen gewinnt, dass diese Zölle eine Obergrenze und kein bewegliches Ziel darstellen.“
Chris Kushlis, Chef-Makrostratege für Schwellenländer bei T. Rowe Price.
„Die Anlegerstimmung ist gestern Nacht gekippt. Neue Zölle von Trump wurden erwartet – das Ausmaß kam jedoch überraschend. Es war ein echter Schockmoment, was sich deutlich an der Marktreaktion ablesen lässt
Der S&P 500 fiel nachbörslich um über 3 Prozent. Die aktuellen vorbörslichen Notierungen deuten auf eine tiefere US-Eröffnung hin. Anleger haben die Nachricht also noch nicht vollständig verarbeitet. Derzeit steht der Index 1,2 Prozent im Minus.
Trump kündigte einen allgemeinen Zollsatz von 10 Prozent an, ergänzt durch länderspezifische Aufschläge. Für die EU bedeutet das insgesamt 20 Prozent, für China 34 Prozent und für Vietnam 46 Prozent. Die Sorge ist groß, dass Trumps protektionistische Handelspolitik das weltweite Wirtschaftswachstum gefährdet – einschließlich der USA selbst. Höhere Zölle könnten die Inflation anheizen und Unternehmensgewinne belasten.
Noch ist es zu früh, um von panikartigen Ausverkäufen zu sprechen. Entscheidend ist die unmittelbare Reaktion, also wie die heutige US-Handelssitzung verläuft. Absicherungsinstrumente waren zuletzt stark gefragt: Anleger flüchteten in Gold, Staatsanleihen und interessanterweise auch in den Euro. Der US-Dollar wertet heute weiter ab. Das Währungspaar EURUSD stieg zwischenzeitlich auf 1,1145. Ob an den Aktienmärkten Panik ausbricht oder eine Erholung einsetzt, hängt nun von der Reaktion der Handelspartner und dem Verhandlungsverlauf ab. Verhandlungsgespräche könnten sich allerdings hinziehen. Niemand will zu früh zu viele Zugeständnisse machen.
Anleger sollten deshalb insbesondere auf Signale der Gesprächsbereitschaft achten. Diese könnten helfen, die Lage zu stabilisieren und das Risiko weiterer Eskalationen zu begrenzen.“
Maximilian Wienke, Marktanalyst bei eToro.
„Der Liberation Day von US-Präsident Donald Trump hat zu massiven Zollerhöhung geführt. Die weltwirtschaftlichen Auswirkungen werden erheblich sein: Der Rückgang der globalen Produktion dürfte mindestens 1 % betragen, und eine weitere Eskalation des Handelskonflikts würde das Risiko einer Rezession erheblich erhöhen.
Die Ankündigung der Trump-Regierung, eine allgemeine Abgabe in Höhe von 10 % und höhere Zölle für wichtige Handelspartner zu erheben, wird wahrscheinlich kurzfristig zu Marktturbulenzen und einer Flucht in sichere Häfen wie Gold und kurzfristige US-Staatsanleihen führen.
Obwohl vieles davon abhängt, inwieweit andere Länder Vergeltungsmaßnahmen ergreifen, dürfte bereits der Zoll-Status-Quo von Anfang April zu einer erheblichen Beeinträchtigung des globalen Wachstums führen. Hierbei dürften die USA selbst am stärksten betroffen sein. Weitreichende Vergeltungsmaßnahmen in Kombination mit einer sinkenden Geschäftsstimmung könnten einen ausgewachsenen Handelskrieg auslösen, der die Weltwirtschaft in eine Rezession stürzt.
Inmitten unruhiger Marktbedingungen bevorzugen wir europäische Aktien (gegenüber US-Titeln), den japanischen Yen, Gold und US-Staatsanleihen. Da der globale Handelsstreit wahrscheinlich noch weitere Wendungen nehmen wird, sollten Anleger davon ausgehen, dass sich weitere Chancen ergeben werden.“
Gregor MA Hirt, Global CIO Multi Asset, und Martin Hochstein, Senior Economist bei Allianz Global Investors.
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