Nachhaltig investieren – oft nur gut gemeint

12.01.2022

Claus Walter, Gründer und geschäftsführender Mehrheitsgesellschafter der Freiburger Vermögensmanagement GmbH / Foto: © Wilhelm Media

Geld rentabel anlegen und dabei noch Umweltschutz oder Sozialstandards unterstützen – das klingt gut. Wer sein Kapital wertekonform anlegen möchte, sollte genau hinsehen. Denn nicht jeder der vorgibt, die Welt zu retten, tut es.

Nachhaltig, fair gehandelt, grün, sozialverträglich und transparent geführt – die Ansprüche an Investments steigen. Gerade nach den letzten Wetterereignissen sind Klimaschutz und Co. auch hierzulande ganz weit oben auf der Prioritätsliste vieler Sparer. Das ist im Prinzip eine tolle Sache und für Anleger nebenbei auch in vielen Fällen rentabel. Denn Unternehmen, die solche langfristigen Themen mitdenken, reduzieren ihr Risiko von Imageschäden durch Skandale, Boykottaufrufe oder teure Klagen. Viele Studien zeigen: Nachhaltig nach Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsqualität (ESG) selektierte Investments schneiden im direkten Vergleich oft stabiler und besser ab als ihre klassischen Pendants. Geldströme in „gute“ Kanäle fließen zu lassen, das ist auch das Ziel der Europäischen Union und ihren Vorgaben für grüne und dunkelgrüne Finanzprodukte. Aber leider steckt der Teufel hier mal wieder im Detail.

Grüne Investments nicht immer wertekonform

Die Vorgaben für die Bewertung „grüner“ Unternehmen, die sogenannte Taxonomie, müssen nicht unbedingt den eigenen Idealen entsprechen. Bei den EU-Kriterien stehen zum Beispiel hauptsächlich Klimaschutzziele im Vordergrund. Und hier beginnen oft schon die Probleme: Für einen Großteil der Deutschen haben zum Beispiel Atomkraftbetreiber in einem dunkelgrünen Investment nichts zu suchen, in Frankreich bewertet man das anders. Oder ist es langfristig tatsächlich nachhaltig, in ein klimaneutrales Unternehmen zu investieren, das regelmäßig für Bestechungen oder Verletzung von Sozialstandards kritisiert wird? Die Antworten darauf hängen letztlich vom eigenen Wertekanon ab und Anleger sollten sich nicht blind auf Begriffe wie „ESG screened“, „sustainable“ oder „carbon neutral“ verlassen.

Besonders offensichtlich wird das bei preiswerten Indexfonds, die bei Sparern auf der ganzen Welt immer beliebter werden. Wenn die klassischen ETFs etwa auf den MSCI World mit ihren nach ESG Kriterien gefilterte Produktvarianten verglichen werden, unterscheiden sie sich bei einem genauen Blick zum Teil kaum. Oft sind die größten enthaltenen Werte weitgehend identisch und von rund 1600 Ursprungswerten finden sich in der „nachhaltigen“ Variante fast 1500 wieder. Hier sollte man sich keinen Illusionen hingeben. Bei so wenig strengen Kriterien wird die Welt eher nicht so schnell durch nachhaltige Investments gerettet. Aber wie dann?

Ziele definieren und langfristig umsetzen

Auch wenn die Vorgaben der EU-Kommission nicht immer und für jeden das Optimum darstellen, sind sie ein Schritt in die richtige Richtung. Sich mit dem Thema Nachhaltigkeit bei Anlageentscheidungen auseinanderzusetzen ist gerade bei langfristigen Sparvorhaben wie der Altersvorsorge ein immer wichtiger werdender Aspekt. Aber fallen Sie bitte nicht auf blumig klingende Marketingversprechen herein. Schauen Sie genau hin ob etwa ein „dunkelgrüner“ Fonds, der alle möglichen regulatorischen Vorgaben erfüllt, auch tatsächlich nur oder zumindest zum Großteil Dinge enthält, die Sie unterstützen wollen.

Auch bei Indexfonds gibt es, neben den nur grün getünchten, sehr wohl streng selektierte Produkte, die sinnvoll sein können. Wer wirklich etwas bewirken möchte, muss sich aber Zeit nehmen, eigene Ziele festzulegen und Details zu überprüfen, oder unabhängigen Rat einholen. Wir investieren grundsätzlich nicht in Unternehmen, die maßgeblichen Umsatz in den Bereichen Rüstung, harter Alkohol, Tabak, Drogen, Glücksspiel und Pornografie erzielen. Auch Aktien oder Staatsanleihen, bei denen nachweislich Menschenrechte verletzt, Korruption genutzt oder mutwillig Umweltzerstörung in Kauf genommen wird, sind prinzipiell ausgeschlossen. Das ist für uns nicht nur aus moralisch-ethisch Erwägungen sinnvoll, sondern auch aus der Perspektive eines weitblickenden Investors schlicht vernünftig.

Kolumne von Claus Walter, Gründer und geschäftsführender Mehrheitsgesellschafter der Freiburger Vermögensmanagement GmbH

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