Mensch schlägt Maschine

12.05.2021

Nikolas Kreuz, Geschäftsführer INVIOS GmbH / Foto: © INVIOS

Mensch oder Maschine, wer legt besser an? Vertreter unbedingter Rationalität bei der Geldanlage, die die Fallstricke der menschlichen Emotion vermeiden wollen, sollten mit Robo Advisern gut bedient sein, möchte man meinen. „Doch genau das trifft nicht zu – nicht von den bisher erzielten Performanceergebnissen her und auch nicht von der technologischen Anlagefähigkeit“, sagt Nikolas Kreuz, Geschäftsführer der INVIOS GmbH. „Im Gegenteil: Wer Rationalität will, muss auf Menschen setzen.“

Der Grund liegt paradoxerweise genau in der dem Menschen innenwohnenden Irrationalität. „Der Homo Irrationalis beherrscht die Kapitalmärkte, sorgt für Übertreibungen in beide Richtungen“, sagt Neuro-Finance-Experte Kreuz. Dieser Irrationalität, die die Märkte mehr bestimmt als alle Computer, lässt sich nicht mit einer vermeintlich rationalen Computersimulation oder KI-basierter Systematik begegnen. „Die komplexe Realität wird von Maschinen unzureichend abgebildet“, so Kreuz. Unsere Realität ist viel zu komplex, um es mit den derzeitigen Hard- und Software-Lösungen ernsthaft einzufangen. Es wird beim gegenwärtigen technischen Stand erst in zehn bis 15 Jahren so weit sein, dass Mensch und Maschine ernstzunehmend miteinander interagieren. „Die derzeit verfügbaren Robo-Advisor genannten Geldanlage-Versuchsmaschinen sind lediglich standardisierte Bedarfsanalysetools oder KI- und IT-Insellösungen, denen von einer hochdrehenden Marketing-Maschinerie der Fondsindustrie ein rotes Schleifchen umgebunden wird“, sagt Kreuz.

Immer wieder zeigen Tests, dass diese Robos keinen Schutz vor Kursverlusten und sonstigen Anlagerisiken gewähren. „Die gängigen Risikoanalysemodelle greifen zu kurz, sie unterbewerten die Häufigkeit von Extremrisiken und reagieren im Anschluss zu träge“, sagt Kreuz. „Deutlich zu sehen war dies beim Marktführer Scalable Capital, dessen Value-at-Risk-Modelle die Aktienpositionen nach dem Pandemieabsturz verlustreich abstießen und nicht rechtzeitig auf Grün stellten, als die Reise wieder aufwärts ging.“ Die Robos sind zu behäbig – was allerdings auf einige Fondsmanager in dysfunktionalen Bankhäusern ebenfalls zutrifft.

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