Wehe, wenn die Notenbanken die Kontrolle über die Zinsen verlieren
06.05.2019
Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH / Foto: © I.C.M.
Es mehren sich die Stimmen, die von einer deutlichen Wachstumsverlangsamung der Weltwirtschaft ausgehen. Die Notenbanken beruhigen: Verlangsamen ja, aber keine Rezession. Die FED hatte allerdings auch noch weitere Zinsschritte signalisiert, die EZB Zinserhöhungen ab Herbst prognostiziert. Beides wurde jetzt gestrichen. Volltreffer waren die Aussagen also nicht. WTO und IWF äußern sogar Ängste. Und was sind die Anzeichen für schwierige Kapitalmärkte?
Alle Nachrichten sind gute Nachrichten. Zum Beispiel: Steigen die Leitzinsen, ist das ein Zeichen für eine starke Wirtschaft. Stagnieren oder fallen die Zinsen, bedeutet dies eine Ankurbelung der Wirtschaft. In beiden Fällen steigen die Aktien. Solange die Kapitalmärkte den Kommentierungen der Notenbanken hörig folgen, sind die Risiken begrenzt. Was aber, wenn nicht? Das neue „Problemkind“ könnte USA heißen.
Zunächst darf ich feststellen, dass das Wachstum der Weltwirtschaft seit der Finanzkrise durch massive Ausweitung der Schulden und eine Manipulation der Zinsen in Richtung Null erzielt wurde. Durch die niederen Zinsen sind die Kosten für die noch höheren Schulden bezahlbar geblieben. Im Gegenteil: Man konnte die Kredite noch weiter ausbauen, bis die Höhe der Zinskosten von vor fünf Jahren erreicht wurde.
Fatale Folgen dieser Politik: Die Basisverschuldung steigt, die Konsumenten kaufen „alles“, was sie sich bei normalen Zinsen auf die nächsten zehn Jahren hätten aufteilen müssen. Die Gefahr der „Vorkonsumierung“ ist extrem gestiegen. Wenn die Käufe fast alle getätigt sind, verlieren die niederen Zinsen logischer weise ihre Wirkung auf den Konsum und damit auf das Wirtschaftswachstum. Und der Konsument wird für weitere Kredite unwürdig.
Die USA stellt nun ein besonderes Problem dar. Das BIP ist in hohem Maße vom Konsum abhängig (ca. 70 Prozent). Dass eine Vorkonsumierung stattgefunden hat, zeigen die Kredit-Höchststände bei den Autofinanzierungen, den Studentenkrediten und bei den Kreditkartenschulden. Nur die Immobilienkredite liegen etwa fünf Prozent unter dem Krisenniveau. Anfang April berichtet FED-Boss Powell, dass sich die Privatschulden zum BIP von 100 auf 80 Prozent verringert haben. Was er aber verschwiegen hat, ist eine andere Statistik, die besagt, dass sich die Lohnsumme im Verhältnis zum BIP von 51 auf 43 Prozent ebenfalls verringert hat. Also ist das BIP stark gestiegen, aber nicht bei den Löhnen angekommen. Das nächste Problem: Leasing zählt in der Statistik nicht zu den Schulden! Die Leasingrate beeinträchtigt aber die Fähigkeit zur Bedienung der Kredite kolossal. Sie wird schließlich auch von dem Gehaltskonto abgebucht.
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