Zinsschere geht weiter auf
10.02.2015
Susanne Woda
Euro Peripherie-Anleihen bieten teilweise weniger Zinsen als US-Treasuries. Im zehnjährigen Bereich werfen nunmehr lediglich die Renditen griechischer und portugiesischer Staatsanleihen mehr ab, als US-amerikanische. Woher kommt diese Entwicklung und was bedeutet das für den Anleger?
Vor zwei Jahren noch sah die Zinslandschaft ganz anders aus. Während sich die US-Zinsen angesichts des knallharten „Quantitative Easings" der Fed im Keller befanden - die Rendite zehnjähriger US-Treasuries lag seinerzeit bei 1,8 Prozent - war die Eurokrise hierzulande noch nicht verdaut. Länder wie Spanien und auch Irland mussten noch Zinsen um die fünf Prozent zahlen. Doch Draghis „whatever it takes" im Juli 2012 sollte länger wirken und schickte die Zinsen für europäische Staatsanleihen immer weiter in den Keller. Erst die Grexit-Spekulationen sorgten seit einigen Monaten für eine zunehmende Risikowahrnehmung und Differenzierung bei den Anleihekursen und ließen die Zinsen für griechische Staatsanleihen wieder explodieren. Die voranschreitende Wirtschaftserholung in den USA dagegen sorgte in den letzten Jahren für Zinserhöhungsdruck, der sich Mitte 2013 in Form massiver Kursverluste bei US-Anleihen mit Pauken und Trompeten Bahn brach.
Die Zinsschere zwischen Europa und USA ging im Zuge dieser heterogenen Entwicklungen auf und löste eine massive Aufwertung des US-Dollar zum Euro aus. Die Entscheidung der EZB, nun ein milliardenschweres Anleihekaufprogramm aufzulegen ist nun die unvermeidbare Konsequenz jahrelanger taktischer Positionierung der EZB. Nun stehen endlich die Details fest, die EZB kauft bis September 2016 in einem 1,2 Milliarden schweren Programm Anleihen des Eurosystems, darunter auch Staatsanleihen. Die Zinsen bleiben im Dauertief, doch was bedeutet das für Euro-Anleger?
Das Risiko steigender Zinsen in Europa bleibt vorerst begrenzt, weil das von der EZB ankündigte Anleihekaufprogramm für weitere irrationale Nachfrage nach den Niedrigzinsern sorgt und den Anleihekursen Halt geben dürfte. Doch die Luft nach oben ist begrenzt, die Anleiherallye ist bereits zum Großteil gelaufen. Seit dem Höhepunkt der Staatsschuldenkrise Ende des Jahres 2011 sind die Renditen europäischer Staatsanleihen bereits weit unter das damalige „Eitel-Sonnenschein-Niveau" gesunken und die Kurse entsprechend gestiegen.
Und an den Zinsen können Anleihebesitzer können mit europäischen Staatsanleihen nur noch wenig verdienen. Die 10-Jahres-Renditen der solideren Länder liegen zwischen 0,4 Prozent und 0,7 Prozent pro Jahr, die der einstigen Krisenherde zwischen 1,2 Prozent und 2,5 Prozent. Bei diesem Niveau lässt sich an einer Hand abzählen, dass Kursgewinne durch weitere Zinssenkungen zukünftig nicht zu erwarten sind. Hinzu kommt, dass die Relationen zwischen Verschuldung und Wirtschaftswachstum in den meisten Ländern nicht verbessert haben und Ausfallrisiken nicht ausreichend vergütet werden. Immerhin, das Kursrisiko aufgrund steigender Zinsen ist in den nächsten ein bis zwei Jahren als gering anzusehen.
Andererseits wird die Zinspolitik der EZB, verstanden als Preis einer Währung, die Euro- Schwäche weiter manifestieren. Geht die Zinsschere zu anderen Ländern, wie zum Beispiel den USA weiter auf, könnte der Euro sogar noch weiter abwerten. Die Gefahren einer zu starken Währung und die negativen Effekte für die Wirtschaftsentwicklung der angeschlagenen Euroländer hat nicht nur Draghi in den letzten Monaten immer wieder betont. Für Europäer bringt sie also durchaus Vorteile mit sich. Wer US-Dollar hält, hat seit Mitte 2013 nun etwa 25 Prozent Währungsgewinne gemacht. Ebenso freuen sich Unternehmen, die sich in Fremdwährungen bezahlen lassen. Für alle anderen wirkt der schwache Euro wirkt wie ein Konjunkturprogramm. Insbesondere die solide deutsche Exportwirtschaft dürfte davon profitieren. Aber auch die übrige europäische Wirtschaft profitiert von diesem Konjunkturprogramm.
Nichtsdestotrotz steigt mit den europäischen Niedrigzinsen die Gefahr einer Blasenbildung – nicht nur bei den Aktien. Die Kursverluste an den US-Anleihemärkten im Mai 2013 haben gezeigt, wie ein Umfeld steigender Zinsen tun kann. Die Zinswende sollten Inhaber europäischer Staatsanleihen deswegen kritisch im Auge behalten.
(Autorin: Susanne Woda, Portfoliomanagerin der GVS Financial Solutions GmbH)