Was hat es gebracht?

28.06.2021

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Mit dem Baukindergeld sollte vor allem jungen Familien ein Anreiz gegeben werden, Wohneigentum zu erwerben. Ob die Maßnahme wirklich nötig war, darüber gibt es in der Branche unterschiedliche Meinungen. In der Beratung spielen auch andere Themen eine Rolle.  

Europaweit leben nur in der Schweiz weniger Menschen in den eigenen vier Wänden als in Deutschland. Um die Wohneigentumsquote hierzulande zu erhöhen, wurde im Jahr 2018 das Baukindergeld eingeführt, mit dem Familien, die Wohneigentum kaufen oder bauen, pro Kind und Jahr zehn Jahre lang einen Zuschuss von 1.200 Euro sowie zusätzlich einen Steuerfreibetrag von 15.000 Euro je Kind erhielten. Um von der Förderung profitieren zu können, mussten Immobilienkäufer bis Ende März 2021 den Kaufvertrag unterschrieben oder die Baugenehmigung erhalten haben. Bis Ende Februar gab es laut KfW ca. 330.000 Anträge, bei denen Baukindergeld mit einer Gesamthöhe von 7 Mrd. Euro beantragt wurde.

Gemischter Blick zurück

Die Einführung des Baukindergelds war in der Branche nicht unumstritten: Während Befürworter die Möglichkeit betonten, dass sich nun mehr Haushalte Wohneigentum leisten konnten, fürchteten Kritiker, dass es zu einer steigenden Nachfrage und damit höheren Preisen auf dem Immobilienmarkt kommen werde. Auch im Rückblick wird das Baukindergeld sehr unterschiedlich gesehen. So ist André Lichner der Meinung, dass die Maßnahme ihren Zweck erfüllt hat: „Das Baukindergeld hat viele Familien erreicht, davon sind wir überzeugt. Im Vergleich zu 2017 haben wir in den vergangenen drei Jahren eine signifikante Zunahme bei Immobilienfinanzierungen von jungen Familien gesehen. Im Alter bis 35 Jahre haben 10 % mehr Personen über unsere Prohyp-Berater finanziert, in der Altersgruppe bis 40 Jahre waren es um 11 % mehr. Vor allem Familien mit geringen und mittleren Einkommen mit mehreren Kindern können davon profitieren“, so der Geschäftsführer der Prohyp GmbH, der die Förderung des Erwerbs von Wohneigentum auch vor dem Hintergrund begrüßt, dass die staatliche Altersvorsorge meist nicht mehr ausreicht, um den persönlichen Lebensstandard zu sichern. Seiner Meinung hat das Baukindergeld für viele Familien wohl den positiven Ausschlag gegeben, den Schritt ins Wohneigentum zu gehen. Das bezweifelt jedoch Thomas Hein: „Sicher haben sich die begünstigten Immobilienkäufer über die Unterstützung gefreut – aber hätten sie ihre Immobilie nicht auch ohne diese gekauft? Das wissen wir nicht“, gibt der Leiter Vertrieb Immobilienfinanzierung bei der ING Deutschland zu bedenken. Seiner Meinung hat das Baukindergeld ohnehin nicht sein Ziel erreicht: „In einem Markt wie dem Immobilienmarkt, bei dem die Nachfrage das Angebot schon seit einiger Zeit übertrifft, führt eine staatliche Förderung zu einer weiter gesteigerten Nachfrage. Höhere Preise haben eine höhere Nachfrage zur Folge – das ist die Kehrseite der Medaille. Somit bleibt der mit der Förderung geplante Effekt aus.“ Für eine abschließende Bewertung, was das Baukindergeld gebracht hat, ist es nach Ansicht Heins ohnehin zu früh, denn es gelte abzuwarten, wie sich der Immobilienmarkt nun in der Zeit nach dem Baukindergeld entwickle. „Es wird keinen Einbruch bei der Nachfrage geben. Auch wenn die Preise vielleicht nicht so rasant weiter steigen, sie sollten zumindest stabil bleiben“, so die Prognose des Baufinanzierungsexperten.

Kein dominierender Teil der Beratung

Da die Finanzierung einer Immobilie für Normalverdiener meist die teuerste Finanzentscheidung ist, spielt professionelle Beratung hier eine entscheidende Rolle. Jörg Haffner zufolge stand bei Beratungsgesprächen auch das Thema Baukindergeld auf der Agenda: „Zunächst einmal hatten wir den angebundenen Vertriebspartnern auf digitalem Weg Infomaterial zum Thema Baukindergeld zur Verfügung gestellt, das nachweislich angenommen wurde“, berichtet der Geschäftsführer der Qualitypool GmbH. Dieses ist jedoch oftmals nur ein Aspekt, der bei der Baufinanzierungsberatung eine Rolle spielt: „Aus dem Europace-Report 2021 unseres Plattformpartners geht außerdem hervor, dass öffentliche Mittel – das Baukindergeld eingeschlossen – überwiegend Teil der Beratung sind“, so Haffner weiter, der zudem davon berichtet, dass das Thema Nachhaltigkeit eine viel größere Rolle spielt als das Baukindergeld: „Die Qualitypool-Serviceexperten stellen aber auch fest, dass die neue Bundesförderung für effiziente Gebäude eine deutlich höhere Resonanz auf Vermittlerseite verursacht. Es werden regelmäßig Rückfragen zu diesen Förderungen gestellt, was sich verändert, wann es auf der Plattform dargestellt wird etc. Im Vergleich zum Baukindergeld ist das Interesse am Thema Energieeffizienz unseren Erfahrungen nach deutlich höher.“ Vielleicht würden Förderungsmaßnahmen hier ja effektiver wirken. (ahu)