Volatiler Start in 2016: Fünf Gründe, optimistisch zu sein
11.05.2016
Lukas Daalder
Wer hat die hohen Marktschwankungen in diesem Jahr verursacht? Die Notenbanken? Riskante Handelsstrategien? So einfach ist es laut Lukas Daalder, Chief Investment Officer der Fondsgesellschaft Robeco, nicht: „Wir haben eine natürliche Volatilitätszunahme gesehen, die mit der Spätphase der Erholung globaler Aktien in Verbindung steht“.
Mehr Bedeutung besitzen für Daalder die teils in kurzer Zeit zwischen zwei Extremen schwankenden Märkte. Unter dem Strich nennt der Experte fünf gute Gründe, warum Anleger optimistisch bleiben sollten. Für die Marktschwankungen in den ersten vier Monaten des Jahres werden viele Faktoren verantwortlich gemacht. Zu den Sündenböcken in Bezug auf die Volatilität gehören Notenbanken und riskante Handelsstrategien. Die Verlaufsmuster an den Märkten sind allerdings für Lukas Daalder, Chief Investment Officer bei der Fondsgesellschaft Robeco Investment Solutions, bislang nicht ungewöhnlich. Die meisten der Hypothesen zur Erklärung der massiven Schwankungen könne man sogar in Frage stellen: „Die Märkte sind seit Beginn des Jahres recht volatil, und man ist versucht, nach Sündenböcken zu suchen”, so Daalder. „Der Glaubwürdigkeitsverlust der Notenbanken, die niedrigen Zinssätze und zu höherer Volatilität beitragende Handelsstrategien haben wahrscheinlich alle einen Einfluss ausgeübt – und könnten in Zukunft eine sehr wichtige Rolle spielen. Man darf diese Faktoren aber nicht einfach für die gesamte Volatilität in den letzten Monaten verantwortlich machen.” Daalder zufolge zeigt der Blick auf die Entwicklung der Standardabweichung in den täglichen Veränderungen des MSCI World Index keine klare Trendänderung, sondern einen normalen Anstieg der Volatilität – nach dem bemerkenswert niedrigen Schwankungsniveau von 2014. „Selbst wenn wir den in den letzten sechs Monaten erreichten Spitzenwert der Volatilität nehmen, liegt dieser nicht in den seit 1988 gemessenen obersten zehn Prozent“, erklärt Daalder. Anders ausgedrückt: Es besteht vielleicht der Eindruck hoher Volatilität, aber die Geschichte zeigt, dass diese nicht aus dem Rahmen fällt. Daalder, dessen Multi-Asset-Portfolio in Aktien neutral positioniert ist, spricht von einer „natürlichen Volatilitätszunahme“, die mit der Spätphase der Erholung globaler Aktien in Verbindung stehe. „Insgesamt steigen die Aktienkurse in dieser Phase immer noch, aber unter größeren Schwankungen. Die beste Option in dieser Situation ist so genanntes ‚Range Trading’ – also während Verkaufswellen kaufen und bei Rallys verkaufen”, so Daalder. Märkte schwanken in beunruhigender Weise zwischen zwei Extremen Ist das normal? Ja, meint Daalder, räumt aber ein, dass die Märkte in beunruhigender Weise zwischen zwei Extremen schwanken und in ein und demselben Quartal eine Kehrtwende von „alles verkaufen” zu „alles kaufen” vollziehen können. „Wir wissen, dass Volatilität an den Finanzmärkten eine normale Erscheinung ist. Wir haben die Krise von 2007 bis 2009 und den Kurssturz in den Jahren 2000 bis 2002 überstanden und sind uns deshalb sehr wohl bewusst, dass es an der Börse rau zugehen kann”, meint Daalder. „Was uns beschäftigt, ist, dass wir anscheinend immer wieder in nur wenigen Wochen von Marktverhältnissen, die sich wie ‚das Ende der Welt’ anfühlen, zu solchen wechseln, in denen es heißt ‚Gehen Sie weiter. Hier gibt es nichts zu sehen’.“ Das werfe aus Anlegersicht Fragen auf: Ist das einfach nur ‚business as usual’ in der Spätphase eines Bullenmarkts? Oder gibt es Argumente, die vermuten lassen, dass hier strukturelle Elemente am Werk sind? ‚Business as usual’: Fünf Gründe, optimistisch zu sein Daalder steht auf dem Standpunkt: Es ist ‚business as usual’. Der Investment-Stratege von Robeco nennt fünf grundlegende Argumente für Phasen mit höherer Volatilität – keines davon ist struktureller Art: 1. Mehr Unsicherheit in den makroökonomischen Daten: Tatsächlich waren die Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt der letzten vier Quartale nachweislich deutlich weniger volatil als in der Vergangenheit. Im Citi Surprise-Index, der die Differenz zwischen den veröffentlichten Daten und den Konsenserwartungen misst, hat es keine großen Schwankungen gegeben. 2. Niedrige Zinssätze: In der Theorie geschehen seltsame Dinge, wenn die Zinssätze auf null oder gar in den negativen Bereich fallen. Die Daten zeigen aber keine Korrelation zwischen niedrigen Zinssätzen und geringeren oder stärker schwankenden Renditen an den Aktienmärkten. Und wenn man die Aussichten für die Unternehmensgewinne berücksichtigt, sind die Auswirkungen der Zinssätze schwer nachzuweisen. 3. Schwindende Macht der Notenbanken: Wenn die Märkte anfangen, die Wirksamkeit der Geldpolitik in Frage zu stellen, ist die Annahme berechtigt, dass dies zu strukturell höherer Volatilität führen wird. Dass die aktuell verfolgte Geldpolitik an Wirksamkeit verliert, sollte jedoch nicht als Signal für das Ende der großen Macht missverstanden werden, welche die Notenbanken immer noch ausüben können. 4. Riskantere Handelsstrategien: Die wachsende Verbreitung von Strategien wie Value-at-Risk- oder Momentum-Handel kann tatsächlich zu einer Erhöhung der am Markt bereits bestehenden Risiken führen. Dieses Phänomen ist aber eher bei Staatsanleihen als bei den von Haus aus volatileren Aktien zu beobachten. Zudem machen diese Strategien weniger als ein Prozent des Kapitalanlagemarkts aus. 5. Zunehmend „risikoaverse” Regulierung: Fallende Aktienmärkte können Pensionskassen veranlassen, zur Erfüllung von Regulierungsanforderungen ihre Risiken zurückzufahren, indem sie beispielsweise in einem ohnehin schon unter Druck stehenden Markt Aktien verkaufen. Auch wenn dies auf längere Sicht eine Rolle spielen mag, ist es nicht sonderlich wahrscheinlich, dass dadurch die in den ersten vier Monaten dieses Jahres beobachteten Schwankungen verursacht wurden. Abschließend stellt Daalder fest, dass es zwar unmöglich ist, die oft irrationale Stimmung aus dem Markt zu nehmen. Die alte Börsenweisheit „Sell in May and go away” gilt in diesem Monat jedoch nicht in stärkerem Ausmaß, als dies vielleicht im Januar der Fall war. „Als die weltweiten Aktienmärkte nach der ersten Woche dieses Jahres mit Verlusten von über sechs Prozent schlossen, wurden rasch Kommentare laut, 2016 werde ein verlorenes Jahr. Die zentrale Botschaft war ‚alles verkaufen’”, sagt Daalder. „Erst als Gerüchte über eine Reduzierung der Fördermengen durch die OPEC es schließlich schafften, die sich abwärts drehende Ölpreisspirale anzuhalten, verbesserte sich die Stimmung. Ab diesem Zeitpunkt hieß die Devise ‚alles kaufen‘. Und bereits in den folgenden Wochen wurden die vorherigen Verluste größtenteils – wenn nicht gar vollständig – wieder ausgeglichen. Wer die ersten vier Monate verpasst hat, könnte sogar zu dem Schluss gelangen, dass 2016 bisher ein recht ereignisarmes Jahr war”, resümiert der Robeco-Experte. www.robeco.de