Schwache Bond-Märkte trotz steigender Eventrisiken

08.06.2015

Karsten Junius

Die Rentenmärkte wurden vergangene Woche wieder auf falschem Fuss erwischt. So hatte doch mancher damit gerechnet, dass die EZB signalisieren würde, das Volumen ihrer Anleihekäufe stärker den Marktbedingungen anzupassen.

Stattdessen erklärte Präsident Draghi, dass die EZB durch die Marktvolatilität durchblicken würde: Ein herber Schlag für diejenigen, die erhöhte EZB Käufe und Signale für einen freundlichen Rentenmarkt erwartet hatten. Entsprechend stieg die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen auf den höchsten Stand seit Oktober 2014 – also lang vor dem Beschluss einer quantitativen Lockerung. Erstaunlich ist der Renditeanstieg auch deshalb, weil die Entwicklungen in Griechenland eigentlich Grund für eine Flucht in sichere Anlagen sein müsste. Vielleicht ist es die Erfahrung der letzten Jahre, dass am Ende doch eine marktverträgliche Lösung für Griechenland gefunden wird, die eine stärker ansteigende Risikoaversion bisher verhindert hat. Die aktuelle Fundamentalopposition von Teilen der griechischen Regierungspartei gegenüber den Regeln und Konventionen der internationalen Kreditorengemeinschaft lässt aber einige Zweifel zu. Zudem wird immer klarer, dass die Griechenlandkrise auch die nächsten Jahre fortschreiten wird, da es offensichtlich keinen Konsens in der griechischen Regierung oder Bevölkerung für einen Reformkurs gibt, der das Wachstumspotenzial und die Besteuerungsfähigkeit der Bevölkerung erhöhen würde. Zusätzlich wird auch klar, dass das Europäische Regelwerk jederzeit ausgehebelt werden kann, wenn populistische Regierungen sich nicht an bestehende Verträge und Regeln halten wollen.

Getragen wird der Renditeanstieg auch von steigenden Inflationsraten- und erwartungen und das ist ein gutes Zeichen. Die Deflationsängste an den Finanzmärkten bilden sich sukzessive zurück. Dies liegt auch an der Wende der Rohstoffpreise, die die Tiefstände des 1. Quartals klar hinter sich gelassen haben. Dazu kommt, dass die Wirtschaft in China sich zwar weiter abschwächt, entgegen vieler Prognosen aber nicht implodiert. Und es passt, dass das Wachstum in den USA zwar auch nicht so stark ist wie letztes Jahr, aber doch deutlich stärker als in den ersten Monaten des Jahres. Und so mehren sich die Anzeichen, dass das erste Quartal von einigen Sondereffekten gezeichnet gewesen sein könnte, die sich so nicht wiederholen sollten. Heisst das aber, dass die Anleiherenditen noch weiter ansteigen dürften? Mittelfristig dürfte das bei fortschreitender Wirtschaftserholung wohl der Fall sein. Kurzfristig sollten Anleger den jüngsten Inflationsanstieg In Euroland besser nicht so schnell weiter fortschreiben. Ölpreise, Wechselkurse und Basiseffekte haben eine Wirkung gehabt, die nur einmal wirkt. Für die nächsten beiden Monate sind eher leicht fallende oder konstante Inflationsraten zu erwarten. Die Neuemissionstätigkeit wird im Sommer etwas zurückgehen, sodass die EZB-Käufe einem geringeren Angebot gegenüberstehen. Die Chancen stehen daher gut, dass auf den jüngsten Renditeanstieg auch wieder von Wochen mit fallenden Renditen folgen werden.

Autor: Karsten Junius, Chefvolkswirt, Bank J. Safra Sarasin