Renditen nach langer Abwärtsphase wieder in der Spur

15.06.2015

Emmanuel Petit

Ausgelöst durch den Renditesprung der deutschen Bundesanleihen von 0,05 Prozent auf 1,05 Prozent verzeichneten die europäischen Zinsmärkte in den vergangenen Wochen eine deutlich negative Performance. Der drastische Anstieg der Renditen europäischer Staatsanleihen hat Anleger nicht nur in seinem Ausmaß, sondern auch in seinem Timing und seiner Art auf dem falschen Fuß erwischt.

Deswegen lohnt ein Vergleich der jüngsten Entwicklungen mit früheren Quantitative Easing-Phasen in den USA und in Großbritannien. So bilden sich üblicherweise während der Durchführung von Anleiherückkaufprogrammen zwei unterschiedliche Entwicklungsphasen auf den Zinsmärkten aus: Zunächst erfolgt eine konstante Abwärtsbewegung der Nominalzinsen, die mit der expansiven Geldpolitik der Zentralbanken einhergeht. Dem folgt eine zweite Phase anziehender Nominalzinsen parallel zum Anstieg der Inflationserwartungen.

Im Falle der aktuellen Korrektur am Rentenmarkt überrascht jedoch die Tatsache, dass der Renditesprung der Bundesanleihen zu einem Anstieg der Realzinsen geführt hat – das jedoch ohne eine nennenswerte Veränderung der Inflationserwartungen. So verzeichneten die negativen deutschen Realzinsen eine deutliche Zunahme von -1,40 Prozent auf -0,75 Prozent, während sich die Inflationserwartungen nur geringfügig um 15 Basispunkte von 1,70 Prozent auf 1,85 Prozent (für die 5y5y Forward Inflation Rate) verändert haben.

Fokus auf mittleres Laufzeitensegment mit Rating zwischen BBB und BB

Seit diversen Monaten begrenzen wir die Folgen eines Renditeanstiegs bei Staatsanleihen der Kernländer. Um das Portfolio gegen langfristige Zinsänderungen zu immunisieren, ist eine flexible Verwaltung und Positionierung mit Schwerpunkt auf das mittlere Laufzeitensegment, genauer bei drei- bis fünfjährigen Papieren, erforderlich. Dieses Segment konnte sich angesichts des steilen Anstiegs der Renditekurve am besten behaupten und bot die höchsten Renditeaufschläge. Dazu wurde das Zinsrisiko über Futures weiter reduziert. Einer der Gründe für die positive Entwicklung der kurzfristigen Renditen ist zweifellos die Leitzinspolitik der EZB, die auf eine Stabilisierung der Renditen kurzfristiger Anleihen auf niedrigem Niveau abzielt.

Außerdem haben wir frühzeitig begonnen, Performancepotenziale durch Steuerung des sogenannten Kreditrisikos bei Unternehmensanleihen zu nutzen. Sind aktuell die üblichen Benchmarks einem erheblichen Zinsänderungsrisiko ausgesetzt, fokussieren wir uns hingegen auf ein intelligentes Ausnutzen unterschiedlicher Ratings. Deswegen bevorzugen wir im aktuellen Umfeld Unternehmensanleihen mit einer Bewertung zwischen BBB und BB. Dieses so genannte Crossover-Segment, das zwischen der Investment Grade- und High Yield-Kategorie liegt, umfasst Emittenten mit solider Liquidität und einem hohem Free Cashflow. Dieser ist das Ergebnis erfolgreicher Umstrukturierungsmaßnahmen in den Unternehmen nach der Finanzkrise, wie etwa der Restrukturierung von Geschäftsaktivitäten oder Rentabilitätssteigerungen. Diese Emittenten dürften von den verbesserten Wachstumsperspektiven profitieren.

Renditeanstieg wird in Etappen und mit höherer Volatilität erfolgen

Die Rentenmärkte könnten in den kommenden Quartalen noch volatil bleiben. Die Intraday-Volatilität wird immer ausgeprägter, so dass Schwankungen von 10 bis 20 Basispunkten während eines Handelstages keine Seltenheit mehr sind. Die Nominalzinsen dürften jedoch nicht linear und in gleichem Tempo weiter steigen, sondern in Etappen und mit starken Schwankungen. Der Aufwärtstrend der Renditen bei europäischen Staatsanleihen entspricht einer Normalisierung nach einer langen Abwärtsphase, in der die normalen Bewertungen von Anleihen gewissermaßen „aus den Fugen" gerieten. Die Folge waren negativen Renditen und die Entstehung einer Blase.

Wahrscheinlich wird die Bundesanleihe in den kommenden Monaten eine neue Marke durchbrechen. Im Gegensatz zur derzeitigen Renditeentwicklung, die man als Korrektur völlig unangemessener Realzinsen betrachten kann, könnten sich die Konjunkturdaten und Inflationserwartungen in der Eurozone, die sich unserer Ansicht nach bis zum Jahresende weiter verbessern werden, als echte Katalysatoren erweisen.

Autor: Emmanuel Petit, Leiter des Rentenmanagements bei Rothschild & Cie Gestion