Regimewechsel an den Rentenmärkten?
20.10.2016
Heinz-Werner Rapp ©Feri
Trotz erwartungsgemäß ausgebliebener Zinsanpassung verspricht weitere Entwicklung an den Rentenmärkten Spannung. Der globale Zinstrend könnte sich drehen.
Die EZB hat heute erwartungsgemäß eine Anpassung beim Leitzins verzichtet. Dennoch dürfte die Entwicklung an den Rentenmärkte spannend bleiben, denn es gibt Befürchtungen, dass der globale Zinstrend drehen könnte. Zuletzt haben sich die Anzeichen für einen möglichen Regimewechsel an den Märkten verstärkt. Der um mehr als 50 Prozent gegenüber dem Tief des Vorjahres angestiegene Ölpreis könnte zu einem deutlichen Anstieg der Inflationsraten führen. Aktuelle Daten zeigen deutlich, dass vor allem die USA und Europa davon betroffen sein dürften. Es ist hier zwar bislang von einem temporären Effekt auszugehen, der sich in den kommenden Wochen allerdings noch einmal deutlich verstärken dürfte.
Ein anderes Anzeichen für einen Regimewechsel ist, dass die großen Notenbanken diskret kommuniziert haben, dass ihre Möglichkeiten zur Belebung des Wachstums allmählich erschöpft sind und die reguläre Politik mehr Verantwortung übernehmen müsse. Der Einsatz fiskalpolitischer Instrumenten, also Staatsausgaben und höhere Staatsverschuldung, dürften damit wieder verstärkt ins Blickfeld rücken. Die extremste Form davon wäre der Abwurf von "Helikoptergeld", wie dies in Japan bereits ansatzweise praktiziert wird.
Die veränderten gelpolitischen Ziele und Instrumente stellen für die Rentenmärkte ein ganz neues Risiko dar. So haben die Notenbanken in Japan - seit kurzem auch in den USA - angekündigt, künftig bewusst ein „Inflation Overshooting“ zuzulassen. Dies bedeutet, dass im Zuge der aktuellen „Deflationsbekämpfung um jeden Preis“ die Inflation auch deutlich höher als 2 Prozent steigen darf. Diese neue Strategie scheint an den Rentenmärkten bisher noch nicht richtig angekommen zu sein. „Am Markt hat sich das Denkmuster einer deflationären Welt verfestigt, in der die großen Notenbanken zu anhaltenden Niedrigzinsen gezwungen sind. Die Möglichkeit eines Regimewechsels, hin zu mehr Inflation, wird kaum in Betracht gezogen. Dieser blinde Fleck der Rentenmärkte ist gefährlich“, so Dr. Heinz-Werner Rapp, Vorstand und Chefstratege der Bad Homburger FERI Gruppe.
Investoren seien gut beraten, einen Anstieg der Inflation und damit eine deutlichere Zinswende fest im Blick zu behalten. Jüngste Signale der US-Notenbank deuteten bereits relativ klar auf einen Zinsschritt im Dezember hin. „Sollten sich die Parameter weiter in Richtung höherer Inflationsraten verschieben, wovon wir bei FERI derzeit ausgehen, werden Investoren, die nur auf ein deflationäres Umfeld gesetzt haben, auf dem falschen Fuß erwischt. Schon ein gradueller Anstieg der Inflationserwartung könnte dann für heftige Korrekturen sorgen, da der Markt mehrheitlich falsch positioniert ist“, so Rapp weiter.
Hauptverlierer eines solchen Regimewechsels wären speziell die globalen Rentenmärkte. Gold, Öl und andere inflationssensitive Anlageklassen - darunter auch bestimmte Aktiensektoren - könnten hingegen in einem solchen Fall profitierten. Dieser Ablauf ist zwar noch nicht eindeutig, erste Anzeichen dafür sind jedoch bereits klar erkennbar. Strategische Investoren sollten sich rechtzeitig mit diesem Szenario auseinandersetzen. Bei FERI habe man deshalb die Anlagequote in Staatsanleihen zuletzt deutlich reduziert. (ah)